Die Zielgerade wird immer länger

Hermeskeil · Die neuen Flächen für Windräder wollte die Verbandsgemeinde Hermeskeil eigentlich noch in den Sommerferien beschließen. Nun gab es zwar eine Ratssitzung. Doch die hatte andere Hintergründe, die den Zeitplan zunichtemachen.

 An der Hochwald-Raststätte drehen sich schon seit Jahren Windräder. Weil einige von ihnen aber näher an Wohngebieten stehen, als es neue Landesvorgaben erlauben, sind in Zukunft Teile der Windkraftflächen an der Autobahn 1 bei Hinzert-Pölert tabu. TV-Foto: Christa Weber

An der Hochwald-Raststätte drehen sich schon seit Jahren Windräder. Weil einige von ihnen aber näher an Wohngebieten stehen, als es neue Landesvorgaben erlauben, sind in Zukunft Teile der Windkraftflächen an der Autobahn 1 bei Hinzert-Pölert tabu. TV-Foto: Christa Weber

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Hermeskeil Mit ihrem Plan für neue Windkraftflächen biegt die Verbandsgemeinde (VG) Hermeskeil auf die Zielgerade ein. Das hatte Bürgermeister Michael Hülpes (CDU) Anfang 2016 in einem TV-Interview erklärt. Manchem VG-Ratsmitglied dürfte diese Zielgerade inzwischen entsetzlich lang vorkommen. Denn noch immer ist der Flächennutzungsplan (FNP), der die neuen Gebiete für Windräder festlegen soll, nicht verabschiedet.Stattdessen hat der Rat wieder eine Änderung beschlossen. Dabei sollte der Planentwurf ursprünglich schon Mitte Juli der Öffentlichkeit gezeigt werden, um ihn dann möglichst bald nach den Sommerferien der Kreisverwaltung Trier-Saarburg zur Genehmigung vorzulegen. Dieser Zeitplan ist nun nicht mehr einzuhalten. Was jetzt am Plan geändert wurde, können Interessierte vom 7. bis 21. August im Rathaus einsehen. Und erst nach der Sommerpause im September kann der Rat die weiteren Schritte abarbeiten. Die neuen Änderungen Schon länger war bekannt, dass die Landesregierung im neuen Landesentwicklungsprogramm (Lep) IV auf einem Mindestabstand von 1000 Metern zwischen Windrädern und Wohngebieten bestehen wird. Seit dem 21. Juli ist diese Vorgabe in Kraft. Die Hermeskeiler hatten die Abstände für ihre neuen Flächen einkalkuliert, aber nicht für die alten. Das hat nun Folgen für die bestehenden Windparks bei Naurath/Wald und Hinzert-Pölert. Laut Hülpes stehen dort Anlagen näher an den Wohnhäusern. Sie hätten zwar "Bestandsschutz". Sollten sie aber in zehn oder 15 Jahren durch neue, leistungsstärkere Anlagen ersetzt werden, gelte der 1000-Meter-Abstand. Laut dem VG-Rechtsbeistand Professor Reinhard Hendler darf bei sogenannten "repowerten" Anlagen ein Abschlag von zehn Prozent erfolgen. Sie können also 900 Meter von Wohnhäusern entfernt aufgestellt werden. Doch auch ein 900-Meter-Radius bedeutet laut Hülpes, dass bei Naurath in Zukunft weniger Räder möglich sind und der betroffene Standort bei Hinzert-Pölert "bei einem Repowering möglicherweise ganz wegfällt".Hendler versicherte dem Rat, dass der Plan mit diesen Änderungen "auf dem neuesten Stand der rechtlichen Entwicklungen" sei. Die Krux dabei: Man habe die Korrekturen nicht schon früher vornehmen können, weil damals noch der regionale Raumordnungsplan von 2004 galt. Und der schreibt Vorranggebiete für Windräder bei Naurath und Hinzert-Pölert vor. "Davon durften wir nicht abweichen", erläuterte Hendler. Das neue Lep IV sei aber die "höherrangige Norm" und sei nun, wo es in Kraft sei, auch anzuwenden. Weiterer Beschluss Der Jurist schlug den Ratsmitgliedern noch einen zusätzlichen Beschluss vor, um "weitere Sicherungsvorkehrungen einzubauen". Im Zusammenhang mit der Flächennutzungsplanung für Windkraft seien "viele rechtliche Fragen noch nicht abschließend geklärt". Es bestünden deshalb Risiken, dass der neue Plan vor Gericht angefochten werde. Ein Beispiel sei das Instrument der weißen Flächen. Dies ist eine Besonderheit der Verbandsgemeinde Hermeskeil. Sie will damit Flächen, bei denen noch Vorbehalte bestehen, zum Beispiel Artenschutz-Bedenken, nicht komplett für Windkraft sperren. Sie bleiben zunächst bei der Planung außen vor, bis dort ein Investor Genehmigungsanträge für Windräder stellt. Dann muss er für jede Anlage nachweisen, dass die Bedenken ausgeräumt sind. Erst danach sollen diese Flächen dann im FNP als Vorrang- oder als Ausschlussgebiet für Windkraft aufgenommen werden.Die Kreisverwaltung Trier-Saarburg, die den FNP genehmigen muss, habe dieses Vorgehen zwar abgesegnet, sagte Hendler. Vor einer Klage schütze dies aber nicht. Es könne nun "jemand auf die Idee kommen, zu sagen: Wenn die weißen Flächen nicht beplant sind, dann gilt dort der alte Plan, der Windräder an der Stelle ausschließt." Weil die rechtliche Lage "so komplex und unsicher geworden" sei, könne man "keine Garantie geben, dass der neue Plan hält". Um dem vorzubeugen, müsse die VG schon jetzt ausdrücklich in den Entwurf schreiben, dass mit dem neuen FNP "sämtliche Darstellungen des alten Plans aufgehoben" werden. Der Rat beschloss dies einstimmig bei einer Enthaltung.KommentarMeinung

Die Grenze des Zumutbaren ist erreichtDie Komplexität dieser Windkraftplanung ist kaum noch zu überbieten. Wer soll da noch durchblicken, bei all diesen Vorgaben, rechtlichen Unwägbarkeiten und Konflikten mit Raumordnungs- und Landesentwicklungsplänen? Es zeigt sich jetzt immer deutlicher, was die Landesregierung den Verbandsgemeinden mit der Übertragung dieser Aufgabe aufgehalst hat. Allmählich ist das Maß des Zumutbaren überschritten. Die Mitglieder des VG-Rats und der Hermeskeiler Verwaltung haben bereits Dutzende Änderungen am Plan vorgenommen, unzählige Sitzungen und Arbeitsstunden darauf verwandt - und trotzdem kommt immer wieder ein neues Hindernis um die Ecke. Kein Wunder, dass der Frust groß ist und kaum noch jemand daran glaubt, die Planung tatsächlich bis Jahresende abschließen zu können. Das wird auch nur machbar sein, wenn bei der jetzt insgesamt vierten Offenlegung nicht doch noch neue Hürden auftauchen. c.weber@volksfreund.de

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