Ein Kunstwerk aus Körnern

REINSFELD. Er ist farbenprächtig, handgemacht, entsteht Jahr für Jahrs neu und hat Elfriede Hanke und ihre Mitstreiterinnen von der Reinsfelder Frauengemeinschaft weit über die Grenzen des Hochwalds hinaus bekannt gemacht. Zum 17. Mal haben die Frauen in Hunderten von Arbeitsstunden einen Erntedankteppich angefertigt. Er ist vom 2. bis 23. Oktober in der Remigiuskirche ausgestellt.

Seit Anfang der Woche ist die Reinsfelder Pfarrkirche wieder fest in Frauenhand. Bis Sonntag müssen etwa ein Dutzend Damen einem außergewöhnlichen Kunstwerk den letzten Schliff verpassen, das Jahr für Jahr Tausende Besucher in den Hochwaldort lockt. "Manche größeren Gruppen kommen sogar mit Bussen hierher", berichtet Elfriede Hanke, die seit sieben Jahren Vorsitzende der Reinsfelder Frauengemeinschaft ist. Was die Schaulustigen im katholischen Gotteshaus bewundern wollen, ist der Erntedankteppich, der Reinsfeld und die Remigius-Kirche in der ganzen Region bekannt gemacht hat. "Dabei war das Ganze ursprünglich nur als Aktion für die Pfarrei gedacht", erinnert sich die 68-Jährige. Doch der Reinsfelder Erntedankteppich entwickelte sich zum "Publikumsrenner". Mittlerweile haben die Frauen ihr 17. Bild angefertigt, wobei sie - in enger Absprache mit dem Pastor - stets biblische Motive auswählen. In diesem Jahr lautet der Titel des Erntedankteppichs "Herr, rette mich!". Die Anregung gab den Reinsfelder Frauen ein Werk des zeitgenössischen Sakralkünstlers Egon Weinert über eine Szene aus dem Matthäus-Evangelium, in der Jesus dem im Meer versinkenden Petrus die Hand reicht. Das Besondere an dem farbenprächtigen Bild, das wie ein Puzzle aus mehreren Teilen besteht und auf einer großen, kreisrunden Platte vor dem Altar liegt: Es ist "Natur pur", denn es setzt sich aus Tausenden von Körnern, Samen und Blüten zusammen. Frauen sammeln Zutaten das ganze Jahr über

So erzeugen beispielsweise Lavendel, Rittersporn und getrocknete Lupinen das intensive Blau des Meeres. "Im Prinzip sind wir das ganze Jahr über damit beschäftigt, Kräuter und "Blumen" für das Bild zu sammeln, berichtet Hanke. Allerdings: Nicht alles, was die Reinsfelder Frauen für ihr Bild benötigen, finden sie auf den Feldern, Wiesen oder im heimischen Garten. Ein Beispiel ist das rote Gewand der Jesus-Figur, das aus unzähligen roten Pfefferkörnern besteht. "Die mussten wir einkaufen. Es hat uns ja noch keiner dahin geschickt, wo der Pfeffer wächst", sagt Christel Weber lachend. Ende August beginnt dann die "heiße Phase" für die Herstellung des neuen Erntedankteppichs. Nachdem Michaela Klemens die Umrisse der Bild-Vorlage mit dem Bleistift auf die Platte gezeichnet hat, treffen sich die Frauen im Pfarrhaus und beginnen, die Körner und Samen vorsichtig auf die Oberfläche aufzutragen. Noch zeitaufwändiger und diffiziler ist es, die Körner für Hände, Füße oder für die Gesichter der Figuren aufzukleben. "Deshalb nehmen die Frauen diese Teile bereits im Vorfeld mit nach Hause", erklärt Hanke. 400 bis 500 Arbeitsstunden werden so wohl insgesamt zusammen kommen, schätzt die Vorsitzende der Frauengemeinschaft. Doch der Fleiß lohnt sich: Ab Sonntag wird das Kunstwerk in seiner ganzen Pracht zu bewundern sein. Und es wird wie alle Jahre einem guten Zweck dienen. Die Spenden und der Erlös aus dem Verkauf von Bildern, die den aktuellen und die vorherigen Erntedankteppiche zeigen, werden dazu verwendet, Medikamente für ein Buschkrankenhaus in Ghana zu beschaffen. Der Erntedankteppich wird vom 2. bis 23. Oktober zusammen mit den Exemplaren von 2003 und 2004 in der Remigiuskirche ausgestellt. Das Gotteshaus ist täglich von 10 bis 12 Uhr sowie von 14 bis 18 Uhr geöffnet.

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