Ein Rolls Royce, ein Typ und ein E-Type

NONNWEILER-PRIMSTAL. Die treffendste Bezeichnung für den Mann wäre wohl "Global Player mit Heimatwurzeln". Thomas Schmidt arbeitete lange Jahre in der Tschechischen Republik, in Japan, China und England, bevor es den heute 43-Jährigen wieder in die Hochwälder Heimat verschlug.

Den Projektleiter bei der Firma Thyssen-Nothelfer in Wadern stellen wir heute, im zweiten Teil unserer Serie "Menschen und Motoren", vor. Wenn Sie, lieber Leser, an einem schönen Sommertag einmal durchs nördliche Saarland fahren sollten und Ihnen dann ein goldfarbener Rolls Royce "Silver Shadow" entgegen kommen sollte, der St. Wendeler Kennzeichen trägt, dann können Sie ruhigen Gewissens ihr Hab und Gut darauf verwetten, dass Thomas Schmidt in diesem Auto sitzt.Großer Bruder in der Garage

Sein erstes Auto, eine Miniatur-Ausgabe eines Jaguar E-Types, bekam Thomas Schmidt, als er gerade mal vier Jahre alt war. Der "Baby-Jag" steht zwar heute noch in einem Regal seiner Wohnung, aber er hat einen "großen Bruder" bekommen. Der steht in der Garage. Nicht etwa im Jaguar-typischen "Racing Green", sondern im gleichen roten Farbton wie der Jaguar aus Kindertagen. In den Jahrzehnten dazwischen hat sich die Welt von und für Thomas Schmidt erheblich verändert. Was bis zum heutigen Tag geblieben ist, ist die Liebe zum Automobil, der Hang zur Technik.Nach Schule, KFZ-Lehre und Studium verschlug es den Diplom-Ingenieur erst zu deutschen Unternehmen und dann über die Kontinente. Vor allen Dingen Asien ist seine zweite Heimat geworden. Von der asiatischen Lebensweise, geprägt von Höflichkeit, Rücksichtnahme, Toleranz, aber auch von der den Asiaten eigenen Zähigkeit und Disziplin im Berufsleben, versucht er viel zu übernehmen.Zähigkeit war auch die Grundlage für sein heutiges "Schätzchen" in der Garage, den 2,3 Tonnen schweren "Silver Shadow", einen V8 mit 6,75 Liter Hubraum und knapp 240 PS.Mitte der 90er-Jahre, als seine damalige Freundin in London studierte, hatte er seine erste "Begegnung der besonderen Art" mit den Fahrzeugen, die auf der Kühlerhaube die berühmte "Emily" als Statussymbol tragen. Etwa 40 "Emilys" sah er sich danach bei seinen Besuchen auf der Insel an. "Das war auch ein Stück Gesellschaftsstudium für mich. Die Leute, die einen Rolls fuhren, waren zum Teil unermesslich reich, zum Teil wohnten sie aber in Häusern, die aussahen, als entstammten sie dem sozialen Wohnungsbau", sagt er heute.1995 erstand er für damals 24 000 Mark, den Preis eines gebrauchten Golfs, wie er betont, von einem 91-jährigen Briten, der das Fahrzeug aus Altersgründen verkaufte, dessen Rolls Royce.Der 24 Jahre alte Wagen, nach der Übernahme durch ein großes deutsches Auto-Unternehmen eigentlich zum BMW mutiert, hat gerade mal 50 000 Meilen auf dem Motorblock, ist jedoch nicht während des ganzen Jahres über angemeldet. "Das würde mich pro Jahr 1700 Euro Steuern kosten, das kann ich mir nicht leisten."Wenn das "Schlachtschiff aus merry old England" aber angemeldet ist, wird es fast jeden Tag bewegt. Wobei Schmidts dabei gemachte Erfahrungen durchaus zwiespältiger Natur sind. "Die meisten können das nicht richtig einordnen", versucht er, etwas Verständnis für seine Mitmenschen zu zeigen, die ihn mit dieser Karosse aus dem Traumland von "Reich und schön" über Land fahren sehen.Aber Thomas Schmidt ist ein Tüftler, ein Bastler. Er werkelt an seinem "RR", hat in seinen Jaguar E-Type in fünf Jahren 3000 Arbeitsstunden investiert. "Aber das sehen die meisten nicht", bedauert er."Zwei Begriffe sind für mich sehr wichtig, nämlich Enthusiasmus und Toleranz. Dabei spielt es keine Rolle, ob jemand sich für Autos, Bierdeckel oder Briefmarken interessiert. Maßgeblich ist, dass man sein Leben nicht achtlos verstreichen lässt, sondern mit Enthusiasmus an Dinge herangeht, die einem wichtig erscheinen."Da wünscht er sich "ein gewisses Maß an Toleranz allen so genannten enthusiastischen Spinnern gegenüber". Ein wenig spiegelt sich in diesen Worten auch die asiatische Lebenseinstellung vom ewigen Strömen des menschlichen Lebens wider. Gelassenheit und Gleichmut ruhen darin. Genau so wie auch in den acht Zylindern seines mächtigen Rolls Royce.

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