"Ein großes Glück, das wir mit ihnen erleben"

BEUREN. Überall im Bistum kommen in diesen Tagen Gläubige mit jungen Menschen aus aller Herren Länder zusammen, um mit ihnen gemeinsam zu beten, zu singen und zu feiern. In den Hochwaldorten Beuren und Geisfeld sind beispielsweise zwölf Ruander zu Gast.

"Gäste sind ein Segen!" - so steht es auf einem großen Plakat, das die Beurener Kirchengemeinde für ihr großes "Fest der Begegnung" im Pfarrgarten aufgestellt hat. Dass dieser fromme Aufruf zur Gastfreundlichkeit jedoch keineswegs nur eine leere Phrase ist, das wird an diesem Abend in Beuren sofort deutlich. Wenn die Gastfamilien über ihre "Schützlinge" aus dem ostafrikanischen Staat Ruanda sprechen, dann leuchten ihre Augen, klingt Begeisterung in ihren Stimmen durch: "Das sind ganz, ganz liebe, rücksichtsvolle und sehr herzliche Menschen. Es ist ein großes Glück, das wir mit ihnen erleben", sagt Ursula Klein aus Geisfeld. Irene Köhl pflichtet ihr, ohne zu zögern, bei: "Diese Gäste sind für uns nicht nur wirklich ein Segen. Sie sind für uns in allen Belangen eine Bereicherung."Jeder lernt von jedem

Seit Montag verbringen zwölf junge Katholiken aus Ruanda im Vorfeld des Weltjugendtags ihre "Tage der Begegnung" im Hochwald. Bei ihren Gastfamilien lernen sie das Leben, den Alltag und das Arbeiten in Deutschland kennen. So besichtigten die Ruander gestern beispielsweise die Produktionshallen des Tiefkühlpizza-Herstellers Wagner in Otzenhausen. Eine Einbahnstraße ist dieses Lernen und Kennen lernen jedoch nicht: "Auch wir können von diesen Menschen mit einer ganz anderen Mentalität, mit dieser großen Spontaneität und Freude am Leben sehr viel lernen", betont Pastor Ingo Flach. Bemerkenswert findet er auch die große Frömmigkeit der Gäste aus Ruanda, die jeden Tag die Messe feiern. Die wichtigste Erfahrung für den Geistlichen ist jedoch, "dass uns diese ‚Tage der Begegnung‘ zeigen, dass wir trotz unterschiedlicher Kulturen alle zusammen eine Gemeinschaft in Christus sind". Sicher, am Anfang war es "schon ein bisschen komisch" und gar nicht so einfach, einander zu verstehen, erzählt die 15-jährige Jennifer Wahlen über ihre erste Begegnung mit dem jungen Ruander Bosco, der bis Montag bei ihrer Familie wohnt. Schließlich wird im ostafrikanischen Land Französisch gesprochen. Doch viele der Weltjugendtags-Besucher können zumindest ein wenig Englisch. Und wenn das nicht hilft, gibt es ja noch Hände und Füße, um sich miteinander zu verständigen. Schon am zweiten Abend haben alle zusammen spontan bei Familie Köhl eine Garten-Party veranstaltet. Die Ruander haben ihre Gastgeber mit Spezialitäten aus ihrer Heimat bekocht. Es wurde sich das eine oder andere "Banana-Beer" genehmigt, und spätestens, als die drei jungen Frauen in der kleinen Delegation ihre Landestracht auspackten und tanzten, war das Eis vollends gebrochen. Am Anfang erlebten die jungen Katholiken aus Afrika wohl doch einen kleinen Kulturschock, wie es die Schilderung von Felicien Hakizamana vermuten lässt. Es sei alles so unglaublich riesig gewesen, erzählt der 31-Jährige über seine ersten Eindrücke nach der Ankunft auf dem Frankfurter Flughafen. Und, was ihn noch mehr erstaunte: "Ich habe auf dem ganzen Weg hierher ganz viele Autos gesehen. Aber fast niemand ist zu Fuß gegangen." Auch für die immense Fülle an Dingen, die er beim Einkaufen in den Regalen des Supermarkts gesehen hat, bleibt ihm nur ein Wort übrig: "Unbelievable" (Unglaublich)! Was den jungen Priester jedoch besonders beeindruckt, ist die Herzlichkeit seiner Gastgeber und der Menschen, die er in Deutschland bisher kennen gelernt hat. Auch wenn er und seine Begleiter eine andere Hautfarbe haben - Berührungsängste oder Ressentiments hat er zu keinem Zeitpunkt verspürt. "Hier ist es doch sehr kalt"

Die gleichen Empfindungen hat auch Thierry Tujisenge. Nicht gerechnet hat er aber mit den zuweilen doch recht tiefen Temperaturen im Hochwald. Und während der 24-Jährige aus der Hauptstadt Kigali noch darüber klagt, "dass es hier doch sehr kalt ist", muss eine ältere Dame seinem Freund Ascensio Mudeli bereits zu Hilfe eilen. Der ist nämlich unvorsichtigerweise ohne Strümpfe zum Beurener Begegnungsfest gekommen und wird nun erstmal mit einem Paar wärmender Wollsocken versorgt.

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