Ein wertvolles Kästchen

Seit Rascheid einen Dorfbriefkasten montiert hat, hat die Kneipenpolitik merklich an Auftrieb verloren. Die Bürger bringen Kritik und Anregungen vielmehr in Schriftform an - und nur selten anonym.

 Schon wieder eine Mitteilung im Rascheider Dorfbriefkasten. Ortsbürgermeister Andreas Ludwig freut sich, dass die Bürger dieses Angebot nutzen, um ihre Meinung - anonym oder mit Namen - kundzutun. TV-Foto: Ursula Schmieder

Schon wieder eine Mitteilung im Rascheider Dorfbriefkasten. Ortsbürgermeister Andreas Ludwig freut sich, dass die Bürger dieses Angebot nutzen, um ihre Meinung - anonym oder mit Namen - kundzutun. TV-Foto: Ursula Schmieder

Rascheid. In Rascheid sind alle Bürger aufgefordert, sich einzumischen in die Dorfpolitik. Wer das weder als Ratsmitglied tun will, noch als Bierthekenpolitiker, der kann seine Meinung neuerdings bequem - und vor allem diskret - kundtun. Und zwar indem er sie in Schriftform in den Dorfbriefkasten einwirft. Das Kästchen, das an der Bushaltestelle direkt über dem gelben Postbriefkasten hängt, hat sich binnen weniger Monate als wertvolles Bindeglied zu den Bürgern erwiesen. Denn die Rascheider machen regen Gebrauch davon. Und das nicht nur, um ihre Kritik an den Mann oder die Frau zu bringen, sondern auch um zu loben.

Vielfältige Themen werden angeregt



So hat der Rat in Sachen Friedhofshecke (der TV berichtete) nicht nur Schelte einstecken müssen, sondern per Post auch positives Echo erhalten. Offensichtlich haben nicht alle Bürger mit der Begründung des neuen Urnengrabfeldes ein Problem. Abgesehen von solchen Themen finden sich in der Dorfpost aber auch Hinweise auf Handlungsbedarf. Sei es, dass jemand informiert, dass eine Brücke repariert werden müsste, oder dass beanstandet wird, entlang eines Wanderweges müsste mal gemäht werden. Hinweise wie diesen ordnet Ortsbürgermeister Andreas Ludwig zwar seinem Beruf als hauptamtlicher Wanderwegewart des Vereins Erholungsgebietes Hochwald zu. Dennoch weiß er es zu schätzen, dass auch diese Infos im Dorfbriefkasten landen.

In aller Regel schaut der Gemeindechef einmal die Woche in den im Mai montierten Briefkasten. Und meistens ist dann auch etwas eingeworfen worden. In den ersten zwei Monaten seien wohl an die 20 Beiträge im Kasten gewesen. Bei den Hinweisen der Bürger handelte es sich durchweg um "konstruktive Vorschläge". Es gingen Meinungen ein zu allem, was das Dorfgeschehen betreffe. Dabei werde sowohl gewürdigt, was gut gelaufen sei, als auch Kritik geübt an dem, was nach Sicht des Schreibers weniger gut lief.

Darüber hinaus gibt es auch Anregungen völlig anderer Art. So schlägt ein Bürger laut Ludwig die Gründung eines Mundartstammtisches vor. Ziel sei, "dass man sich trifft und nur platt spricht". Er ist zuversichtlich, dass diese Idee umgesetzt werden wird. Was das Angebot für die Bürger so attraktiv macht, ist die Möglichkeit, seine Meinung sowohl namentlich als auch anonym anbringen zu können. Laut Ludwig machen allerdings die Wenigsten davon Gebrauch, unerkannt zu bleiben. Ein Vorteil des Kästchens sei obendrein, dass nun in Rascheid keiner mehr "Kneipenpolitik" machen müsse. Entsprechende Diskussionen würden schon mal mit dem Hinweis quittiert: "Wir haben doch jetzt den Briefkasten - da kannst du deinem Ärger Luft machen." Die Geburtsstunde des Dorfbriefkastens hatte übrigens im Zuge der Beteiligung der Gemeinde am Wettbewerb "Unser Dorf hat Zukunft" geschlagen.

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