Einfach verschwunden: Erinnerung an NS-Verbrechen in Hinzert

Hinzert-Pölert · Am 75. Jahrestag des ersten Transports sogenannter Nacht- und Nebelhäftlinge ins SS-Sonderlager/KZ Hinzert widmete die heutige Gedenkstätte den damaligen Opfern eine Veranstaltung.

 Steffen Reinhard (Vierter von links) von der Gedenkstätte SS-Sonderlager/KZ Hinzert mit Teilnehmern einer Fortbildung am Bahnhof Reinsfeld. TV-Foto: Ursula Schmieder

Steffen Reinhard (Vierter von links) von der Gedenkstätte SS-Sonderlager/KZ Hinzert mit Teilnehmern einer Fortbildung am Bahnhof Reinsfeld. TV-Foto: Ursula Schmieder

Foto: Ursula Schmieder (urs) ("TV-Upload Schmieder"

Mit etwa 7000 der Millionen von Opfern stellen sie eine vergleichsweise kleine Gruppe dar. Doch die sogenannten Nacht- und Nebelhäftlinge, in Listen oft als namenlose NN geführt, wurden besonders brutal und schlecht behandelt.

Nur wenige überlebten den Weg durch oft mehrere Gefängnisse und Konzentrationslager (KZ) in ganz Europa.

Isoliert von Mitgefangenen mussten sie in Sonderkommandos noch härter arbeiten, bei noch schlechterer Ernährung. Sie durften weder Briefe schreiben noch empfangen. Warum, war ihnen meist gar nicht bekannt. Wer die Gefangenschaft überlebte, erfuhr mitunter erst Jahrzehnte später vom sogenannten Nacht- und Nebelerlass (siehe Infotext) des Oberkommandos der Wehrmacht.

Für viele dieser Menschen war das SS-Sonderlager/KZ Hinzert die erste Station im Ausland. So etwa für Mitglieder der bretonischen Familie Hascoet. Von den Eltern und zwei Söhnen überlebte nur der jüngere.

Steffen Reinhard, pädagogischer Mitarbeiter der Gedenkstätte, zeigte bei einer Gedenkveranstaltung anhand von Zeitzeugenberichten auf, mit welchen Eindrücken Häftlinge in Hinzert eintrafen und was sie dort erlebten.
Ankommende, die oft gar keine Widerstandskämpfer waren, sondern Opfer von Denunzianten, hofften anfangs noch auf eine schnelle Flucht. Meist zu Fuß vom Bahnhof Reinsfeld aus kommend, ließen sie sich täuschen von der vermeintlich idyllischen Lage des KZ.

Doch binnen weniger Wochen hatten viele lebensbedrohlich abgenommen, so dass an Flucht nicht mehr zu denken war. Vor allem Franzosen, aber auch Luxemburger, Belgier, Niederländer und Engländer - wie Peter Hassall von der Kanalinsel Jersey - waren als NN inhaftiert.

Hassalls Aufzeichnungen, die sich zu einem Drittel mit Hinzert befassen, sind wichtige Erkenntnisse zu verdanken. Die Landeszentrale für politische Bildung brachte diese 2012 in einer Übersetzung von Steffen Reinhards Übersetzung, erhältlich in der Gedenkstätte, heraus.Extra: DER NACHT- UND NEBELERLASS


Der Erlass von Wilhelm Keitel vom 12. Dezember 1941 sollte auf eine "wirksame und nachhaltige Abschreckung" des Widerstands in besetzten Gebieten zielen. Widerständler erwartete die Todesstrafe, ihre Angehörigen wurden über die Schicksale im Ungewissen gelassen. Vielfach war noch nicht einmal bekannt, dass die Opfer verhaftet und verschleppt worden waren. Mit dem Erlass wollte Hitler nach dem vor Moskau gestoppten Vernichtungskrieg der Wehrmacht dem Eindruck von Schwäche entgegenwirken. Der erste große NN-Transport traf am 29. Mai 1942 in Hinzert ein, der letzte in Richtung großer Lager im Osten verließ Hinzert am 15. Oktober 1943.

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