Erste Schritte ins Arbeitsleben

Hermeskeil · Wie funktioniert der deutsche Arbeitsmarkt? Und was muss ein Asylbewerber vorweisen, um hier arbeiten zu dürfen? Antworten auf diese Fragen geben seit Mitte April Berater der Trierer Arbeitsagentur in der Aufnahmeeinrichtung in Hermeskeil. Sie begleiten die Bewohner bei ersten vorsichtigen Schritten in die Arbeitswelt.

Erste Schritte ins Arbeitsleben
Foto: (h_hochw )

Hermeskeil. Omar Alsadi ist 23 Jahre alt. In Syrien hat er vor vier Jahren ein Ingenieurstudium begonnen. Wegen des Bürgerkriegs brach er ab. Seit wenigen Wochen lebt der junge Mann in der Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (Afa) in Hermeskeil. Er möchte nun in Deutschland sein Studium fortsetzen. Weil er aber kein Deutsch spricht, ist der Weg beschwerlich.
Rat und Unterstützung findet der Syrer bei Dounia El Harim-Gahtow. Mit ihren zwei Kollegen von der Arbeitsmigrationsberatung der Arbeitsagentur Trier berät sie seit dem 12. April in der Afa in Hermeskeil Bewohner, die wissen möchten, wie ihre Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt stehen. Bislang haben laut El Harim-Gahtow 123 Menschen das Angebot genutzt, für 46 von ihnen habe man Termine für weitere Gespräche bei der Arbeitsagentur vereinbart.
Neben der Einzelberatung in mehreren Sprachen von Englisch bis Arabisch bieten die Berater auch Vorträge an. Darin geben sie wichtige Fakten über die Arbeitswelt in Deutschland und das hiesige Ausbildungssystem weiter. Wer möchte, kann die Dinge dann im Gespräch vertiefen. Anfangs war das dreimal pro Woche möglich, künftig werden die Berater - auch wegen der sinkenden Zahl der Bewohner (siehe Hintergrund) - einmal pro Woche in Hermeskeil sein.
Daten gehen nicht verloren


Ihre Schützlinge sind noch nicht als Asylbewerber anerkannt, zudem verlassen sie nach etwa acht Wochen die Afa wieder und werden dann auf die Kommunen im Land verteilt. Ob sie in der Region bleiben, ist ungewiss. "Wir wollen sie trotzdem schon so früh wie möglich begleiten", sagt Christian Thömmes, Leiter der Migrationsberatung. Es gehe darum, den Menschen eine erste Orientierung zu geben, ihre Kompetenzen, Ausbildung und den beruflichen Hintergrund zu erfassen, um ihnen den Einstieg zu erleichtern. Diese Daten könnten dann an Arbeitsagenturen und Jobcenter am späteren Aufenthaltsort der Asylbewerber übermittelt werden.
"Viele fühlen sich verloren, wenn sie hier ankommen", weiß Dounia El Harim-Gahtow. "Trotzdem sind sie hochmotiviert, sich ein neues Leben aufzubauen." Manche hätten allerdings falsche Vorstellungen von den Bedingungen in Deutschland. Die meisten wollten "sofort arbeiten, aber oft braucht das einige Zeit". Sie frage sie dann nach ihren Zielen und erkläre ihnen, welche Voraussetzungen sie dafür erfüllen müssten.
Eine wichtige Frage sei oft die Anerkennung ausländischer Abschlüsse. So auch bei Omar Alsadi. Für ihn will die Beraterin die Anerkennung seines Abitur-Zeugnisses in die Wege leiten. "Die braucht er, wenn er hier weiterstudieren will." Werde sein Abschluss nicht als vergleichbar zur deutschen Hochschulreife anerkannt, müsse er eine Eignungsprüfung ablegen. Darauf könne er sich sechs Monate lang in einem Studienkolleg vorbereiten, erklärt El Harim-Gahtow dem 23-Jährigen. "Deshalb ist es wichtig, dass er sich schnell um den Integrationskurs bemüht, wo er Deutsch lernt." Das entsprechende Formular des zuständigen Bundesamts habe sie ihm mitgegeben - inklusive Erläuterung auf Arabisch. "Wenn er es ausgefüllt hat, kann er damit zu jedem Jobcenter gehen." Die Adressen hat ihm die Beraterin notiert. "Wir begleiten ihn so weit wie möglich, damit er uns nicht durch den Ortswechsel verloren geht."
Das Beratungsangebot gibt es auch in den Afas in Trier und Bitburg. Die Mitarbeiter werden laut Teamleiter Thömmes von Dolmetschern unterstützt. Für den Hermeskeiler Afa-Leiter Stefan Ding ist das ein "Engagement, das von uns sehr begrüßt wird". Damit schaffe man einen "nahtlosen Übergang" zur weiteren Betreuung. "Und man ist ganz nah dran am einzelnen Fall."
Omar Alsadi hofft, irgendwann auch seine Eltern und Geschwister nach Deutschland holen zu können. Er glaubt nicht daran, dass sich die Lage in Syrien bald bessert "Es wird eher schlimmer." Für die Unterstützung durch die Arbeitsagentur ist er deshalb sehr dankbar: "Ich wusste, dass es schwierig wird. Aber das hilft mir sehr."Extra

Die Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (Afa) Hermeskeil hat im August 2015 als Außenstelle der Afa Trier ihren Betrieb aufgenommen. Im November 2015 wurde sie als eigenständige Einrichtung eröffnet. Zwischenzeitlich lebten dort mehr als 1000 Menschen, vorwiegend Syrer und Afghanen. Zurzeit gibt es laut Afa-Leiter Stefan Ding etwa 230 Bewohner. Die Lage habe sich "sehr entspannt", deshalb könne man sich nun "viel intensiver mit speziellen Gruppen beschäftigen", sagt Ding. Das Thema "Sozialbetreuung" rücke in den Fokus, man verfeinere Konzepte für die Betreuung besonders schutzbedürftiger Bewohner wie etwa von Menschen mit Behinderung. Allgemein würden derzeit alle Abläufe in der Afa überprüft, "damit wir angemessen damit umgehen, wenn die Flüchtlingszahlen wieder steigen". cweb

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