"Formalie" wird flach

KELL AM SEE. Kritik ja, aber keine prinzipiellen Einwände gegen Veränderungen am Aussehen des Gebäudes. Weil das ursprüngliche Konzept den Investitionsrahmen von 5,1 Millionen Euro gesprengt hätte, stimmte der Keller Gemeinderat nun einhellig einer "abgespeckten" Version für das geplante DRK-Seniorenheim zu. Wesentliche Änderung ist der Bau eines Flachdachs.

Egal, ob rot oder schwarz - Begeisterungsstürme riefen die neuen Pläne des DRK-Landesverbands im Keller Ortsgemeinderat nicht hervor. Die SPD-Fraktion kritisierte sie als Opposition deutlicher, die "regierende" CDU gab sich wesentlich moderater. Letztlich waren sich aber beide Parteien einig: An einer architektonischen Frage sollte die Verwirklichung des wichtigsten Bauprojekts in der gesamten Verbandsgemeinde nicht scheitern."75 000 Euro pro Platz nicht überschreiten"

Deshalb stimmte der Rat einhellig dem geänderten Bebauungsplan für das DRK-Seniorenheim zu, das bis Frühjahr 2007 auf dem Keller "Herrenmarkt" entstehen soll und in dem nach seiner Fertigstellung 68 Menschen ihren Lebensabend verbringen können. Die wesentliche Veränderung betrifft dabei das Aussehen des Gebäudes. Statt eines Satteldachs, das besser zur ortstypischen Bebauung gepasst hätte, erhält das Seniorenheim ein Flachdach. Doch warum mussten die bisherigen Planungen über den Haufen geworfen werden? Die Ausschreibung habe ergeben, dass selbst mit dem günstigsten Angebot das ursprünglich vorgesehene Investitionsvolumen von 4,8 Millionen Euro nicht eingehalten werden konnte, sagte Norbert Albrecht, Landesgeschäftsführer des DRK, auf TV-Anfrage. Man habe deshalb zwar nochmals 300 000 Euro draufgesattelt. Bei 5,1 Millionen Euro war für das DRK als Investor und Betreiber der Einrichtung aber Schluss. "Den Betrag von 75 000 Euro pro Pflegeplatz wollten wir nicht überschreiten. Denn alles andere würde von den Sozialhilfeträgern nicht anerkannt", sagte Albrecht und gibt damit die wirtschaftlichen Erwägungen wieder, die aus Sicht des DRK eine Überarbeitung der Pläne notwendig machten. Auf der Suche nach Einsparpotenzialen habe für das DRK eines von Anfang an festgestanden: "Wir haben Wert darauf gelegt, dass nichts am Innenleben des Hauses verändert wird, weil das zu Lasten der späteren Bewohner gegangen wäre", sagte DRK-Landesgeschäftsführer Albrecht. Trotz Flachdach sei das geplante Seniorenheim aber kein "hässlicher Kasten, sondern ein modernes Gebäude", versicherte er. Das sieht Gemeindechef Markus Lehnen ähnlich: "Wir sollten uns über dieses Mammut-Projekt freuen, das unser Ortsbild prägen wird. Kell ist zwar ein Dorf, aber es darf hier durchaus auch ein bisschen städtischer Charakter reinkommen", sagte der CDU-Politiker. Kritik am DRK wies er bei der Debatte im Rat scharf zurück. "Es gibt absolut keinen Grund für die Annahme, dass uns das DRK vor vollendete Tatsachen stellen wollte. Man muss strikt zwischen dem DRK und dem Planungsbüro trennen", betonte Lehnen. Dieser Auffassung schloss sich auch CDU-Sprecher Dittmar Lauer ausdrücklich an. "Wenngleich die Dachform von uns nicht unbedingt geliebt wird, sollte sie uns den Spaß an dem Bauwerk nicht nehmen", sagte Lauer. Die Fraktion hätte es zwar begrüßt, wenn die Gemeinde von den Planern früher informiert worden wäre. "Bei nüchterner Abwägung ist das Projekt aber viel zu bedeutend, um sich an einer architektonischen Formalie festzubeißen." Letztlich war dies auch die Haltung der SPD: "Wir werden die Änderungen mittragen", betonte Herbert Behres, fügte jedoch hinzu: "Wir machen das aber mit einem Kloß im Hals. Innen ist das Gebäude zwar in Ordnung. Das äußere Bild entspricht aber nicht mehr unseren Vorstellungen. Wenn man es despektierlich sagen will, erinnert es uns eher an einen Plattenbau", kritisierte Behres."Bemerkenswertes Signal"

Für Bürgermeister Werner Angsten, der zugleich Vorsitzender des DRK-Ortsverbands ist, sind diese optischen Einwände jedoch nebensächlich. Entscheidend sei, dass "die Qualität absolut nicht eingeschränkt wird und die Bewohner den ursprünglich vorgesehenen Leistungsstandard erfahren", lautete sein Standpunkt. Und er gab noch eine Tatsache zu bedenken: Viele andere Orte und Städte würden sich um das DRK als Betreiber von Senioreneinrichtungen bemühen. Insofern sei es ein bemerkenswertes Signal, dass das DRK in Kell investiert und "auch weiterhin zu diesem Standort steht", sagte Angsten.

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