Gelebte Versöhnung über Kriegsgräbern

Sie trotzten sengender Hitze: 23 Jugendliche aus Deutschland und Polen. Sie wollen Kriegsgräber und Gedenkstätten auf Vordermann bringen. Dabei stoßen die jungen Leute auf interessante Geschichten. Die gemeinsame Arbeit verbindet und neue Freundschaften enstehen.

Weiskirchen. (red) Der Ehrenfriedhof in Weiskirchen ist Einsatzort für 23 Jugendliche aus Polen und Deutschland, die ehrenamtlich Gräber pflegen. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge hat dazu ein sogenanntes Workcamp organisiert.

Eine von ihnen ist Maria Kosny. Geschichte ist ihr Ding, genauso wie neue Leute kennenzulernen. Über ihren beruflichen Werdegang ist sich die frischgebackene Abiturientin zwar noch nicht im Klaren. Doch eines weiß sie schon jetzt. Im kommenden Jahr will die 18-jährige Polin zurückkehren - um Kriegsgräber zu pflegen.

"Es macht einfach Spaß, gemeinsam in einer Gruppe zu arbeiten und etwas Sinnvolles zu tun", sagt Maria, die "Wiederholungstäterin" ist. So säubert sie in ihrem zweiten Jahr in Folge mit 22 weiteren Freiwilligen aus Deutschland und Polen Grabsteine, richtet schiefe wieder auf oder erneuert Inschriften. Eine Arbeitsstation in diesem Jahr: der Saarbrücker Hauptfriedhof. Für ihn hatte sich der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, als Haupteinsatzort entschieden.

Der Ehrenfriedhof in Weiskirchen ist die letzte Station von Maria und ihren Mitstreitern zwischen 16 und 24 Jahren, bevor es wieder Richtung Heimat geht. Auf historischem Boden, auf dem schon vor 1500 Jahren die Franken ihre Toten beerdigten, legte die 79. Infanteriedivision der Wehrmacht, die die Grenze und das Westwall-Vorgeländes sichern sollte, im Jahr 1939 den Friedhof an. Geschichtsbüchern ist zu entnehmen, dass der idyllisch gelegene Hochwaldort 1939/40 wie auch im Winter 1944/45 Hauptverbandsplatz der Wehrmacht war. Anfang der 50er Jahre fanden Gefallene, die zunächst im Bliesgau beerdigt waren, auf dem Terrain an der Landstraße, die zur Landesgrenze führt, ihre letzte Ruhestätte.

"An solchen Gräbern finden sich Geschichten in Geschichte", meint Christina aus Wanne-Eickel. "Die Biografie der Soldaten kennen wir nicht. Aber auf vielen Bronzetafeln stehen die Namen, Geburts- und Todestage. "Die Soldaten waren noch sehr jung, als sie ihr Leben verloren haben", sagt die 21-jährige künftige Beiköchin und blickt über die Tafeln und Sandsteinkreuze.

"Es ist eine gute Sache, eine Mahnung zum Frieden", meint Robert Kampa aus Fechingen. "Die Arbeit macht Historie lebendig", nennt Frederike aus Ensheim den Grund für ihr Engagement während der Ferien. Die 18-Jährige, die im kommenden Jahr ihr Abitur bestehen will, hat in Christina eine neue Freundin gefunden.

"Leute, die im Jugendcamp zusammenarbeiten, verlieren sich nie ganz aus den Augen", weiß Camp-Leiterin Bettina Holz aus Heusweiler. Als Tochter eines Mitgliedes der Kriegsgräberfürsorge hat sie früh Einblicke in die Camps. "Später habe ich dann auch mitgearbeitet", erzählt sie. Dort habe sie auch ihren Ehemann Edwin kennengelernt. Jetzt engagieren sich beide für die Versöhnung über die alten Gräber hinweg.

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