Großstädter im Hochwald

HERMESKEIL. Es war der Beruf, der Hagen und Annett Wiehle nach Hermeskeil verschlagen hat. Mit ihren drei Kindern fühlt sich die Familie in der landschaftlich schön gelegenen Kleinstadt pudelwohl. Nur die Tatsache, dass die Vorzüge, hier zu leben, mehr und mehr bröseln, ist ihnen ein Dorn im Auge.

Bunte Luftballons und Girlanden schmücken das Wohnzimmer des Eigenheims der Familie Wiehle im Neubaugebiet Medumland. Lena (4), ein quirliger Blondschopf, hat Geburtstag. Die Großeltern aus Dessau und Magdeburg sind angereist, um dem Enkelkind zu gratulieren. Freude an Freibad und Kindertagesstätte

Daniel (1) erkundet dagegen die Umgebung noch im Krabbeln, während Yasmina (5) der Geschichte, die ihre Oma vorliest, lauscht. Vor vier Jahren haben sich Vater Hagen Wiehle, Chemie- und Mathelehrer an der Erich-Kästner-Realschule, dazu entschieden, die großzügige Mietwohnung in der Stadtmitte gegen ein eignes Haus "einzutauschen". Ein paar Meter weiter ist die Kindertagesstätte "Villa Kunterbunt". Die flexiblen Öffnungszeiten tragen dazu bei, dass auch Annett Wiehle ab Sommer wieder Familie und Beruf vereinbaren kann. Sie ist Lehrerin an der Regionalschule in Thalfang. Die fünfköpfige Familie hat sich für die 6500-Einwohnerstadt Hermeskeil entschieden, "weil wir hier alles haben, was wir brauchen. Ärzte, ein Krankenhaus und Einkaufsmöglichkeiten". Hagen Wiehle: "Hier haben wir die Vorteile einer Kleinstadt verbunden mit den Vorteilen eines Dorfs." Denn Anonymität ist in Hermeskeil ein Fremdwort. "Einkaufen mit drei kleinen Kindern kann ganz schön stressig sein.In Hermeskeil können wir Kinderkleider zum Anprobieren mit nach Hause nehmen. Oder der Arzt kommt im Notfall zum Hausbesuch." Integriert hat sich die Familie ganz schnell. "Durch den Beruf meines Mannes und wenn man offen ist und auf die Leute zugeht, ist das hier kein Problem", sagt Annett Wiehle. Früher, in der Großstadt, haben sie abends die Tür aufgemacht und sind zu Fuß weg gegangen, ins Theater oder ins Kino. "Jetzt fahren wir eben nach Trier oder nutzen die Kulturveranstaltungen hier vor der Haustür, wie den tollen Kulturherbst", sagt Hagen Wiehle. Und: Die Bedürfnisse sind heute andere als damals. Dass die Kinder draußen in der Natur spielen können, und dass ein breit gefächertes Vereinsangebot jede Menge Förder- und Freizeitmöglichkeiten bietet, ist den Wiehles heute wichtig. Während das Ehepaar für ihren Nachwuchs das Angebot vom Mutter-Kind-Treff bis zur musikalischen Früherziehung in Anspruch nehmen, bleibt den Eltern momentan wenig Zeit für Hobbys. Den Förderverein "Rettet unser Freibad" unterstützen sie durch ihre Mitgliedschaft, denn "es wäre traurig, wenn dieses Stück Lebensqualität den Bach runter gehen würde." Nicht zuletzt hat sich die Familie unter anderem wegen der Existenz des Freibads, der Post und Einkaufsmöglichkeiten, die zu Fuß erreichbar sind, für ein Haus in Hermeskeil und nicht in den umliegenden Dörfern entschieden. "Doch die Vorzüge beginnen mehr und mehr zu bröseln", beobachtet Hagen Wiehle besorgt. "Da wir ein Auto haben ist die Auslagerung des Hela für uns nicht so problematisch. Doch vor allem für ältere Menschen ist das ein gewisser Rückschritt", sagt seine Frau. Doch Familie Wiehle ist optimistisch. Derzeit freuen sich die Fünf über den Spielplatz, der in Spuckweite des Eigenheims errichtet werden soll. "Und der Weitblick hier ist einfach fantastisch und entspannend", schwärmt Hagen Wiehle. "Und erst die Sonnenuntergänge!", fügt seine Frau hinzu.

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