Gusenburger wollen über Windräder abstimmen

Gusenburg · Eine Gruppe Gusenburger wird in den nächsten Tagen im Ort Unterschriften sammeln. Sie möchte damit erreichen, dass die Zahl künftiger Windräder rund ums Dorf per Bürgerentscheid geklärt wird. Der Zeitplan dafür ist eng.

 Hinter dem Gusenburger Sportplatz sind eine Reihe von Windrädern zu erkennen, die sich auf dem Gebiet der saarländischen Nachbargemeinde Nonnweiler drehen. Eine Gruppe von Bürgern möchte verhindern, dass noch deutlich mehr Anlagen rund um ihren Ort gebaut werden. TV-Foto: Christa Weber

Hinter dem Gusenburger Sportplatz sind eine Reihe von Windrädern zu erkennen, die sich auf dem Gebiet der saarländischen Nachbargemeinde Nonnweiler drehen. Eine Gruppe von Bürgern möchte verhindern, dass noch deutlich mehr Anlagen rund um ihren Ort gebaut werden. TV-Foto: Christa Weber

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Zu viele Windräder, zu hoch, zu nah an den Häusern - das sind zusammengefasst die Bedenken einer Gruppe von Einwohnern des Hochwaldorts, die sich zur Arbeitsgemeinschaft (AG) Lebenswertes Gusenburg zusammengefunden hat. Ihrer Meinung nach wird ihr Dorf in naher Zukunft von Windrädern "umzingelt" sein.
Denn nicht nur die eigene Ortsgemeinde will Teile ihrer Fläche für insgesamt sechs Anlagen an private Investoren verpachten. Auch die Nachbarorte Grimburg und Reinsfeld planen Anlagen. Entlang der saarländischen Grenze drehen sich bereits einige Räder, weitere sind genehmigt.

Um die Gusenburger über ihre Bedenken zu informieren und sich über das Thema auszutauschen, hatte die AG Mitte Mai zu einer Veranstaltung ins Bürgerhaus eingeladen. Etwa 70 Teilnehmer diskutierten dort vorwiegend kritische Aspekte der Windkraftplanung (TV vom 17. Mai). "Wir hatten danach den Eindruck, dass es vielen ähnlich geht wie uns", sagt Anette Müller-Bungert von der AG. Deshalb wolle die Gruppe nun die Chance ergreifen, die Bürger selbst über die Gusenburger Windräder abstimmen zu lassen. Den Weg dazu soll ein Bürgerbegehren ebnen.

Kritik der AG Eine Befragung durch die Ortsgemeinde Gusenburg liege bereits sieben Jahre zurück, sagt Müller-Bungert. Zahl und Höhe der geplanten Windräder hätten sich seitdem deutlich geändert. Einige jüngere Leute hätten damals noch nicht abstimmen dürfen. Man wolle "die Entscheidungen, die uns vorgelegt werden, nicht einfach akzeptieren". Mit dem Bürgerbegehren biete sich ein Mittel, "unser demokratisches Recht wahrzunehmen".
Die Formalitäten, die dafür zu beachten sind, hat die AG bei der Verwaltung in Hermeskeil abgeklärt. Darauf basierend wurden Unterschriftenlisten erstellt, mit denen die Gruppe laut Müller-Bungert "so bald wie möglich" von Haus zu Haus ziehen will. Die Unterschriften sind die Voraussetzung dafür, dass es später vielleicht zur Abstimmung per Bürgerentscheid kommt. Bei Erfolg hoffe die etwa 25 Mitglieder starke Gruppe, weitere Orte im Umkreis "zu ermutigen, auch diesen Weg zu gehen".

Abstimmungsfrage und Regeln "Sind Sie dafür, dass auf Gusenburger Gemarkung am Grenderich Windenergieanlagen errichtet werden?" So lautet die Frage auf den Listen für das Bürgerbegehren, das eine Vorstufe zum Bürgerentscheid ist. Soll es Erfolg haben, müssten neun Prozent der zuletzt wahlberechtigten Einwohner mit Nein antworten und unterschreiben. Laut Verwaltung sind 85 Unterschriften notwendig (bei 943 Wahlberechtigten).
Die Listen werden im Rathaus geprüft, um formale Fehler auszuschließen. Dann muss der Gusenburger Gemeinderat entscheiden, ob er das Begehren generell zulässt und in einem zweiten Schritt, ob er dem Anliegen der Bürger folgt. Tut er dies nicht, ist der Weg frei für den Entscheid. Als Termin hat die AG den 24. September beantragt, den Tag der Bundestagswahl.

Zeitplan Mit der Entscheidung des Gemeinderats müssen auch die Abstimmungsfrage und der Wahltermin festgelegt werden, der dann im Amtsblatt bekanntzugeben ist. Abgestimmt werden darf frühestens 48 Tage nach Bekanntmachung. Ab diesem Moment müssen laut Verbandsbürgermeister Michael Hülpes die Vorgaben des Kommunalwahlrechts "abgearbeitet" werden. Die Verwaltung müsse ein eigenes Wählerverzeichnis erstellen. Nötig seien zudem auch ein vom Bundestagswahl-Vorgang getrennter Wahlraum und ein separater Abstimmungsausschuss. "Der organisatorische Aufwand ist durch den Termin also nicht geringer." Weil eine Reihe von Fristen einzuhalten sei, könne es zudem zeitlich eng werden. "Je früher die Listen eingehen, desto eher wäre der 24. September machbar."

Erste Reaktionen Der Gusenburger Ortsbürgermeister Josef Barthen sagt dem TV, dass die Nutzung "dieses demokratischen Instruments zu akzeptieren ist". Allerdings sei es auch die Aufgabe der Gemeindevertreter, auf mögliche Folgen "für den Bürger und Steuerzahler" hinzuweisen. Die Gemeinde sei "vertraglich gebunden". Müsse sie von den Verträgen zurücktreten, könnten die Investoren Entschädigungen fordern. Zudem sei die Gemeinde bereits von der Aufsichtsbehörde zu Steuererhöhungen verpflichtet worden. Bleibe die Haushaltslage so "angespannt", werde dies häufiger drohen. Bei der Befragung 2010 sei das Votum pro Windkraft mit "um die 85 Prozent eindeutig" ausgefallen. "Ich sehe nicht, warum sich das nun grundlegend ändern sollte." VG-Chef Hülpes ergänzt, dass die Anlagen im benachbarten Saarland "definitiv kommen. Warum sollten die Gusenburger dann auf ihre verzichten?" Vier Anlagen weniger ergäben aus seiner Sicht zudem "keinen qualitativen Unterschied".KommentarMeinung

Letztlich eine Glaubensfrage
Bürgerentscheide sind ein legitimes Mittel, wenn Bürger mit den Entscheidungen ihrer politischen Vertreter nicht einverstanden sind. In Gusenburg muss sich nun zeigen, ob die Kritik der Arbeitsgemeinschaft an der Zahl geplanter Windräder im Dorf geteilt wird. Die Argumente für und gegen Windkraft sind ausführlich öffentlich vorgetragen worden. Letztlich ist es eine Glaubensfrage, welcher Meinung sich jeder Einzelne anschließt. In diesem konkreten Fall kommt es darauf an, wie Nutzen und Folgen der Abstimmung über vier Gusenburger Räder bewertet werden. Bringen vier Anlagen weniger die erhoffte Entlastung für Landschaft und Lebensgefühl im Dorf - wenn zugleich Anlagen im Saarland gebaut werden? Wie wahrscheinlich ist es, dass andere nachziehen? Kann die Gemeinde auf die Einnahmen verzichten? Wären zwei verbleibende Anlagen nicht auch genug Beitrag zur Energiewende? Wenn die Bürger wollen, haben sie bald das Wort. c.weber@volksfreund.deExtra: VERZÖGERUNG BEIM FLÄCHENNUTZUNGSPLAN


Mit einem neuen Flächennutzungsplan (FNP) will die Verbandsgemeinde (VG) Hermeskeil regeln, wo auf ihrem Gebiet künftig Windräder erlaubt sind. Der Plan sollte Mitte Juli öffentlich ausgelegt und noch in den Ferien vom VG-Rat beschlossen werden. Laut Bürgermeister Michael Hülpes klappt das nun doch nicht. Das Land habe diese Woche neue Regeln für den Abstand zwischen Windrädern und Wohngebieten beschlossen. Nun gelte überall ein 1000-Meter-Mindestabstand. Dies betreffe einzelne Anlagen der bestehenden Windparks bei Naurath und Hinzert-Pölert. Die Räder hätten zwar jetzt "Bestandsschutz", sagt Hülpes. Im FNP müsse aber markiert sein, dass dort später keine Nachfolge-Anlagen gebaut werden dürften. Dazu werde der VG-Rat Ende Juli tagen. Erst danach könne der Plan offengelegt werden. Sollten sich die Gusenburger Bürger bei einem Bürgerentscheid gegen die Flächen auf der Grendericher Höhe aussprechen, müsste laut Hülpes der FNP erneut geändert werden.

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