Gute Ideen, zu wenige Innovationen

HERMESKEIL. (ax) Wie können Jugendliche ihre Visionen in erfolgreiche Innovationen umsetzen? Diese Frage beantwortete eine der bedeutendsten deutschen Unternehmer-Persönlichkeiten 120 Schülern im Gymnasium Hermeskeil. Professor August-Wilhelm Scheer, Gründer der IDS Scheer AG, diskutierte mit ihnen über unternehmerisches Denken und Handeln.

Das 1984 gegründetes Unternehmen, die IDS Scheer AG, beschäftigt heute rund 2000 Mitarbeiter und weist in seiner Bilanz von 2003 einen geschätzten Umsatz von 220 Millionen Euro auf. "Aber ich hätte nie gedacht, dass es so weit kommen würde und ich ein weltweit agierendes Unternehmen führen würde." Das sagt Professor August-Wilhelm Scheer, dessen Unternehmen mit Sitz in Saarbrücken heute nach der SAP der zweitgrößte Hersteller betriebswirtschaftlicher Software ist. Im Oktober 2003 wurde der 62-Jährige als "Entrepreneur des Jahres" in der Kategorie Informationstechnologie ausgezeichnet. Dieser anerkannte Preis würdigt die Innovationskraft und Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens. Damals hatte Scheer angekündigt, seine Erfahrungen weitergeben zu wollen und mit jungen Menschen über unternehmerisches Denken und Handeln zu sprechen.Vom Uni-Professor zum erfolgreichen Firmenchef

Ein Versprechen, das Scheer einhielt. Die zweite Veranstaltung seiner Vortragstour führte den Aufsichtsratsvorsitzenden der IDS Scheer AG jetzt in die Bücherei des Hermeskeiler Gymnasiums, wo er den Dialog mit 120 Schülern der Stufen zwölf und 13 des Gymnasiums sowie den Abschlussklassen der Berufsbildenden Schulen und der Realschule suchte.Als ein Mann, "der beispielhaft für die erfolgreiche Verzahnung von akademischer Welt und Wirtschaft steht", hatte Olaf Müller, Rektor des Gymnasiums, Scheer angekündigt. Denn, was den 62-Jährigen von den meisten anderen Top-Unternehmern unterscheidet: August Wilhelm Scheer hatte mehrere Jahre ausschließlich wissenschaftlich gearbeitet - und zwar als Informatik-Professor an der Universität Saarbrücken. "In dieser Zeit bin ich nur bis zur Entwicklung von Prototypen gekommen. Man hat zwar im Prinzip eine Lösung für ein bestimmtes Problem gefunden, konnte sie aber nicht für eine Vielzahl von Anwendern nutzbar machen", blickte Scheer zurück. Weil er aber nachweisen wollte, dass sich seine Forschungsergebnisse auch in innovative Produkte umsetzen lassen, wagte er 1984 den gewagten Schritt von der Theorie in die Praxis. Er gründete - gegen viele Widerstände - vom Lehrstuhl aus das High-Tech-Unternehmen IDS Scheer."Eine Idee aus dem Nichts zu verwirklichen und sich die Ressourcen dazu selbst schaffen. Das ist Entrepreneurship", sagte Scheer und nannte Männer wie Robert Bosch oder Gottlieb Daimler als historische Beispiele dafür, wie Erfindungsreichtum zum Aufbau von großen, langfristig erfolgreichen Firmen geführt haben.Doch diese Unternehmens-Riesen habe Deutschland überwiegend in traditionellen Bereichen vorzuweisen, in der High-Tech-Sparte hinke man stattdessen nur hinterher. "Wir haben zwar viele gute Ideen, aber das bedeutet noch lange nicht Innovation. Innovationen bedeuten nämlich die wirtschaftlich erfolgreiche Umsetzung neuer Ideen." Und dass es daran in Deutschland hapert, sei mit Blick auf gescheiterte Projekte wie den Transrapid oder einige andere Beispiele offenkundig.Nachdem Scheer den Schülern seine eigenen Erfahrungen als Firmenchef geschildert hatte und sie dazu ermuntert hatte, selbst die Initiative zu ergreifen und ihre Träume und Visionen als "Entrepreneurs" umzusetzen, nutzten die Jugendlichen die Gelegenheit, den Experten über Chancen und Risiken des Unternehmertums zu befragen. Dabei stand vor allem auch die Forschungs- und Bildungspolitik in Deutschland auf dem Prüfstand. Was er denn von den geplanten Elite-Unis halte, fragte ein Schüler Scheer. "Das ist prinzipiell zwar begrüßenswert. Viel wichtiger ist aber die Einführung von Studiengebühren", gab Scheer eine für viele überraschende Antwort. Denn nur mit Studiengebühren würde Wettbewerb zwischen den einzelnen Universitäten entstehen, da die Studenten dann als "Kunden" entscheiden, wohin sie mit ihrem Geld gehen. "Das zwingt die Unis, sich darauf zu besinnen, welches Profil sie sich zulegen wollen", sagte Scheer, der die Schüler nicht nur mit seinem souveränen Auftreten und seinem informativen, in freier Rede gehaltenen Vortrag beeindruckte.Zusammen mit der Big-Band des Gymnasiums bewies Jazz-Fan Scheer, dass er auch ein hervorragender Saxophonist ist.

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