Hermeskeiler auf dem Kieker

HERMESKEIL. Die Pisastudie ließ keinen Zweifel daran: Deutsche Schüler sind doofer als andere. Die Kabarettgruppe Bonner Springmaus machte dem Bildungsnotstand mit ihrem Stück "Schräger wie Pisa" in der Hochwaldhalle den Garaus und gab Anlass zur Hoffnung. Denn sie präsentierte rasantes und blitzgescheites Improvisationstheater.

 Ob als Puppen, Lehrer, Pianisten: Die Springmäuse begeistern mit wortwitzigem Improvisationstheater in jeder Rolle.Foto: Katja Krämer

Ob als Puppen, Lehrer, Pianisten: Die Springmäuse begeistern mit wortwitzigem Improvisationstheater in jeder Rolle.Foto: Katja Krämer

"Wo zum Teufel liegt denn Pisa? Die Finnen sind schlau…", singen und tanzen die vier Springmäuse zu Michael Jacksons "Beat it". Mit Musik, schrägen Sketchen, Liedern und phänomenalen Improvisationen rücken die Bühnenkünstler die Schieflage des Bildungssystems wieder gerade. Auch Hermeskeil oder die ein oder andere mehr oder weniger notwendige Biographie kommen nicht ungeschoren davon. In deutschen Schulen läuft bekanntlich einiges schief. Einsicht, in das, was nicht rund läuft, vermittelt Marion Radtke, einzige weibliche Springmaus und ausgebildete Sängerin. Das monotone Gefasel über die französische Revolution bringt selbst den strebsamsten Zuhörer zum Gähnen.Geschichtsstunde einmal anders

Doch die Springmäuse zeigen nicht nur Missstände auf, sie bieten auch Lösungen: "Zielgruppenorientiert" heiße das Wundermittel zu mehr Bildung. Wie das funktioniert, demonstrieren sie hochgradig unterhaltsam: Eingefleischte Fußballfans kapieren Geschichte, wenn sie von Gerd Rubenbauer ( Norbert Frieling) kommentiert wird: "Robespierre ist ein super Spieler, die Mannschaft hat die Hose voll." Der Rheinländer kommt der Historie nur mit Hilfe eines Karnevalsjecken auf die Spur: "Die Revoluzzer ziehen weiter, der Adel hätt Schiss", singt das schlagfertige Quartett mit Pappnase und Karnevalsmütze. Spaßigen Frontalunterricht in Sachen Elterngespräche zwischen entmündigten Eltern und in die "Psychoszene" abgehobenen Erzieherinnen oder zwischen Erziehungsberechtigten und Lehrern, die wie ihre Bücher reden, bieten die Springmäuse. Das Geniale an der Darstellung: Frieling als Lehrer redet wirklich wie ein Buch. Er benutzt nur Worte aus der, von einer Dame aus dem Publikum ausgewählten, Seite eines bekannten Klassikers. Die zweistündige Vorstellung grenzt an geistige Zauberei. Die Springmaus macht ihrem Namen alle Ehre. Die Bonner Künstler springen von einer Rolle in die nächste, improvisieren am Klavier und schauspielern, was das Zeug und die Lachmuskeln halten. Und das Publikum kann nur erahnen, wie die "fantastischen Vier" das Gehirn verschränken müssen, um solch eine geistige Höchstleistung zu vollbringen.Improvisations-Theater auf Zuruf

Immer wieder bezieht die Springmaus-Truppe die Zuschauer mit ein. "Was ist Hermeskeils Attraktion", will der wortwitzige Olaf Bürger, ehemaliger Sportlehrer, wissen. "Die Fußgängerzone." Dazu nehmen die Springmäuse den vom Publikum vorgeschlagenen typischen Hermeskeiler, einen Spazierstock, und die kulinarische Spezialität der Hochwaldstadt, ein "Kebab", mit ins Programm auf. Denn aus den Vorschlägen des Publikums kreieren sie dann ein köstliches Bühnen-Menü. Während die Finger von Pianist Gilly Alfeo flink über das Klavier gleiten, machen Marion Radtke als türkische Kebab-Verkäuferin in Kittelschürze und Norbert Frieling als älterer Mann mit Hut und Spazierstock eine gute Figur. Die Künstler wählen die passenden Requisiten und das Publikum den Stil: Ob als Krimi oder Science Fiction, in der Salsa-Version oder als Oper, die Springmäuse setzen die Szene brillant mit ungeheurer Spielfreude pointenreich um. Sie präsentieren Nonstop-Improvisationstheater für Feinschmecker. Gelernt haben alle vier diese Kunst. Bill Mockridge, Regisseur und Chef der Springmäuse, die es mittlerweile seit zwanzig Jahren gibt, "hat die Spaßkomponente mit rein gebracht", sagt Marion Radtke. Und sie sagt: "Das Spielen macht einen Heidenspaß." Und das Zuschauen erst recht. Kräftiger Applaus und ein Dauerlächeln in den Gesichtern der Zuschauer zeugte davon.

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