Hermeskeiler kämpfen um ihr Kloster

Hermeskeil · So viel Einigkeit ist selten: Alle 23 Politiker im Stadtrat haben sich mit einer Resolution einem Anliegen angeschlossen, das 4508 Bürger aus Hermeskeil und Umgebung mit ihrer Unterschrift deutlich gemacht haben: den Erhalt des Franziskanerklosters, das im Herbst 2016 geschlossen werden soll. Ob dieser Wunsch die Ordensleitung in München zum Umdenken bewegt, ist aber fraglich.

Hermeskeil. Die in München ansässige Ordensleitung der deutschen Franziskaner wird in den nächsten Tagen wieder Post aus Hermeskeil bekommen. Absender ist dieses Mal die Stadt: Denn der Rat hat in seiner jüngsten Sitzung einstimmig eine Resolution verabschiedet, die den Wunsch nach einem Erhalt des Hermeskeiler Franziskanerklosters zum Ausdruck bringt. Wie im TV berichtet, hatte die Ordensleitung im Mai angekündigt, dass sie das "Klösterchen" - so heißt es im Volksmund - im Herbst 2016 schließen wird (siehe Extra).
Ort für Kulturveranstaltungen



Diese Entscheidung habe der Stadtrat "mit Bestürzung vernommen", heißt es im Resolutionstext. "Sie trifft uns und die gesamte Bevölkerung Hermeskeils, weil das Kloster und die dort lebenden und arbeitenden Patres in vielerlei Hinsicht für die Stadt unersetzlich sind." Dabei wird zum Beispiel darauf verwiesen, dass die Franziskanerbrüder für die Seelsorge eine wichtige Bedeutung haben und für "unzählige Menschen Wegbegleiter von der Taufe über die Jugendarbeit und Hochzeit bis zur Beisetzung sind". Die Patres unterstützen zudem die Arbeit der katholischen Pfarreiengemeinschaft und halten in den Hochwaldorten Gottesdienste oder übernehmen die Krankenseelsorge. Das Kloster ist zudem die einzige Kirche in Hermeskeil, die täglich einen Gottesdienst anbietet. Es ist "eine weit über die Region hinaus bekannte Anlaufstelle für alle, die sich in einer physischen oder psychischen Notlage befinden". Im Resolutionstext wird darüber hinaus betont, welche große Rolle das Kloster als Ort für kulturelle Veranstaltungen spiele. Die Stadtpolitiker erinnern die Ordensleitung in München auch daran, dass im Herbst in Hermeskeil ein Asylbewerberheim eröffnet wird. Da damit auf die Stadt eine "große Aufgabe zukommt, wären wir für eine Unterstützung durch am Ort ansässige Franziskanerpatres sehr dankbar. Bis zu 750 Menschen, viele von ihnen durch Gewalt und Flucht schwerst traumatisiert, warten auf Hilfe", heißt es in der Resolution.
All diese Argumente wirft die Stadt in die Waagschale, um an die Ordensleitung den Appell zu richten, dass diese den Beschluss zur Klosterschließung überdenken solle. Mit der Resolution stärkt die Stadt auch der Bürgerinitiative der Klostergemeinde den Rücken. Sie hatte zunächst einen von 43 Frauen und Männern unterzeichneten Brief an die Ordensleitung geschrieben und dann eine Unterschriftenaktion für den Erhalt des Klosters gestartet (der TV berichtete).
4508 Menschen haben sich bisher diesem Anliegen angeschlossen. "Diese Liste haben wir bereits nach München geschickt. Wir machen aber noch weiter. Der nächste Schwung wird folgen", sagen Karolin Frey und Nicole Nickels im Gespräch mit unserer Zeitung.
Auf eine offizielle Rückmeldung der Ordensleitung wartet die Initiative bislang aber vergeblich. Einige Bürger, die sich privat per E-Mail an die Ordensleitung gewendet haben, hätten lediglich ein "Standardschreiben" als Antwort erhalten, das im Wesentlichen die Gründe wiederholt, mit der im Mai die Schließung des Klösterchens angekündigt wurde.
"Das alles gibt uns wenig Anlass zur Hoffnung", sagt Nickels. Frey fügt hinzu: "Ich habe das Gefühl, dass man auf stur stellt. Dabei gibt es Klöster, die geöffnet bleiben, obwohl sie in viel maroderem Zustand sind und dort nur noch zwei Brüder leben."
Eine aktuelle Anfrage des TV, ob die Initiativen der Stadt und der Bürger ein Umdenken bewirken könnten, ließ die Ordensleitung in München bisher unbeantwortet.Meinung

Beeindruckender Rückhalt
Es spielt im Grunde genommen keine Rolle, wie ausgeprägt der Glaube ist und welche Konfession man hat: In Hermeskeil und Umgebung gibt es vermutlich nur ganz wenige Bürger, die die angekündigte Schließung des Franziskanerklosters nicht bedauern und keinen großen Verlust darin sehen würden, wenn es wirklich dazu kommt. Es ist beeindruckend, wie viel Solidarität und Rückhalt die Menschen aus der Region den in Hermeskeil lebenden vier Brüdern bekunden. Von ihnen ist bekannt, und sie haben es selbst auch gesagt, dass sie gerne bleiben würden. Doch werden eine Stadtratsresolution und selbst die imponierende Zahl von 4500 Unterschriften die Ordensleitung noch umstimmen? So traurig es ist - bei realistischer Einschätzung der Lage kommt einem unweigerlich ein berühmtes Zitat aus Goethes Faust in den Sinn: "Die Botschaft hör' ich wohl. Allein mir fehlt der Glaube." a.munsteiner@volksfreund.deExtra

In Hermeskeil gibt es das einzig noch verbliebene Franziskanerkloster in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. In dem zwischen Bahnhof und Innenstadt gelegenen Haus leben derzeit die vier Brüder Lutwin, Christoph, Ullrich und Joachim, die zwischen 54 und 78 Jahre alt sind. Die ersten Franziskanerbrüder haben sich 1923 in Hermeskeil niedergelassen. Das Kloster selbst wurde 1931 gebaut. Bundesweit leben die derzeit noch rund 300 Franziskanerbrüder in 37 Orten. Weil die Zahl der Franziskanerbrüder in Deutschland insgesamt sinkt, während sich ihr Altersdurchschnitt erhöht, sei die Ordensleitung in München zu strukturellen Veränderungen gezwungen. So begründete Provinzialminister Cornelius Bohl, der den Franziskanern in Deutschland vorsteht, im Mai das bevorstehende Aus für das Hermeskeiler Kloster. "Wir müssen uns auch von Orten trennen, die uns sehr ans Herz gewachsen sind, weil wir all das, was wir momentan noch tun, so nicht in die Zukunft tragen können", sagte er damals. ax

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