"Ich weiß, wie Farben aussehen"

KELL AM SEE. (hm) Als er zwei Jahre alt war, verlor Manfred Hornetz den größten Teil seiner Sehkraft. Nach der völligen Erblindung stellte er sein Leben um.

Wer Manfred Hornetz kennt, der weiß, wie sich ein zufriedener und humorvoller Mensch präsentiert. Er meistert sein Leben und engagiert sich zudem ehrenamtlich. "Ich war in meiner Kindheit sehr beeinträchtigt, nachdem ich nach einer Infektion den größten Teil meiner Sehfähigkeit verloren hatte", erinnert sich der heute 63-jährige Manfred Hornetz. Doch bereits damals gewann er seinem Schicksal etwas Positives ab. "Ein Sehrest war noch vorhanden, und auf kurze Entfernung konnte ich von der Wandtafel lesen." So habe er bis zu seinem zehnten Lebensjahr die Volksschule in Kell am See besucht. "Mit der Behinderung, wie sie sich damals darstellte, wäre ich zurechtgekommen." Doch dann kam der einschneidende Tag in seinem Leben. Mehrere Operationen zur Verbesserung der Sehkraft habe er bereits über sich ergehen lassen. Eine weitere sollte folgen. Doch die Operation misslang, Hornetz erblindete völlig. "Es war ein Ärztefehler", sagt er heute, jedoch ohne Gram. Daraufhin habe er sein Leben umgestellt. Nach der misslungenen Operation besuchte Hornetz die Bingener Blindenschule und die Landesblindenanstalt Neuwied. Dort wurde er zum Stenotypisten und zum nebenamtlichen katholischen Organisten mit Abschluss des C-Examens ausgebildet. Eine weitere Ausbildung zum Betriebstelefonisten schloss er in Kempten im Allgäu ab. Bis 1998 stand Hornetz im Berufsleben. Bei der Bundeswehrverwaltung in Trier war er zunächst als Schreibkraft, später als Sachbearbeiter tätig. Im Verband der Blinden und Sehbehinderten im Regierungsbezirk Trier ist er Vorsitzender. "Das nimmt viel Zeit in Anspruch, denn ständig stehen Beratungen und jede Menge Schriftwechsel an." Doch Blindheit ist kein Hindernis für die Arbeit am Computer. Ein elektronisches Einleseverfahren, eine Sprachausgabe und ein Braille-Tableau, mit dem gelesene Fehler korrigiert werden, seien enorme Hilfen, sagt Hornetz. In seiner Freizeit ist Hornetz Abteilungsleiter in der Schachabteilung des Sportvereins, in der er seit über 25 Jahren aktiv ist. Lesen und Musizieren gehören zu seinen Hobbys

Auf seinem Klavier musiziert er inzwischen nur noch zu Hause. "In der Bingener Blindenschule habe ich in der Kirche das Harmonium gespielt. Doch um das fortzuführen, hätte er täglich üben müssen. "Man muss alles auswendig lernen, Takt für Takt. Es gibt Noten in Blindenschrift, aber man kann immer nur entweder lesen oder spielen." Lesen ist zu einem Hobby von Hornetz geworden. Vor allem Hörbücher bezieht er von Blindenbüchereien. Für einen Umstand ist Hornetz äußerst dankbar. "Ich weiß, wie Farben aussehen, weil ich ja nicht immer blind war", sagt er. "Da haben es die von Geburt aus Blinden nicht so gut." Ehefrau Maria ist auch blind. Gemeinsam haben sie eine sehende Tochter und sind Großeltern von vier Enkeln.

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