In Abtei ist das Dorfleben intakt

Hermeskeil-Abtei · Einige der 13 Gemeinden der Verbandsgemeinde (VG) Hermeskeil haben noch kleinere Ortsteile. Diese stellt der TV in den kommenden Wochen der Reihe nach vor: Den Anfang macht Abtei, das zur Stadt Hermeskeil gehört. Dennoch haben sich die knapp 500 "Buchwälder" - so nennen sich die Einwohner selbst - eine eigene Identität bewahrt.

 Das Schild kurz hinter dem Ortseingang von Abtei lässt keinen Zweifel. „Bei us es et scheen“ (Bei uns ist es schön) signalisiert, dass sich die Bürger wohlfühlen in ihrem Ort, den sie selbst wie auch etliche Menschen in der Umgebung „Buchwald“ nennen. TV-Foto: Ursula Schmieder

Das Schild kurz hinter dem Ortseingang von Abtei lässt keinen Zweifel. „Bei us es et scheen“ (Bei uns ist es schön) signalisiert, dass sich die Bürger wohlfühlen in ihrem Ort, den sie selbst wie auch etliche Menschen in der Umgebung „Buchwald“ nennen. TV-Foto: Ursula Schmieder

Hermeskeil-Abtei. Dass der Hermeskeiler Stadtteil Abtei einen großen Bekanntheitsgrad hat, das liegt vor allem an zwei Einrichtungen. Mit der Flugausstellung liegt die größte Touristen-Attraktion der gesamten Hochwaldregion direkt vor den Toren des Orts. Auf dem 76 000 Quadratmeter großen Gelände haben mehr als 100 Maschinen ihre letzte Parkposition gefunden. Pro Saison schauen sich circa 150 000 Besucher die beeindruckende Privatsammlung der Familie Junior an. Seit 2002 befindet sich außerdem das wichtigste Einkaufszentrum Hermeskeils in Abtei. Im Gewerbegebiet Römerstraße locken unter anderem der Kaufland-Markt und der Hela-Baumarkt täglich Tausende Kunden an.
Jährliche Dorfrallye



Allerdings hat Abtei mehr als nur diese beiden Magnete zu bieten. Exakt 491 Menschen leben in dem Ort, an dessen Eingang das Schild "Bei us es et scheen" (Bei uns ist es schön) steht. Für das Zusammenleben in Abtei spielen Aktionen wie die jährliche Dorfrallye eine wichtige Rolle. Der an das frühere Fernsehspektakel "Spiel ohne Grenzen" angelehnte Freizeitspaß bringt alle Generationen zusammen. Die Teilnehmer müssen an Stationen im Wald, am Sportplatz oder beim Angelsportverein Aufgaben meistern.
Abgesehen von dieser Veranstaltung halten die Abteier auch an anderen Bräuchen fest. Dazu zählen unter anderem der Martinsumzug, der Adventsmarkt, die Nikolausfeier oder das Krippenspiel in der Kirche am Heiligen Abend.
Im Ort sind derzeit mehrere Vereine aktiv. Der Kirchenchor und die Abteier Bläser stehen ebenso auf der Liste wie die Fußballfreizeitmannschaft "Buchwaldbuwen", die Reservistenkameradschaft, der Angler- und zwei Wandervereine.
"Sehr aktiv sind in diesen Vereinen auch die Frauen", sagt Monika Michels. Die Damen vom Kirchenchor gestalten beispielsweise den Erntedankaltar und den Blumenteppich an der Kirmes als Beispiele. "Bei uns Sängerinnen geht es auch immer lustig zu", betont Brigitte Schichtel. Davon hat an Fastnacht ganz Abtei profitiert. Denn zusammen mit den Frauen der Gymnastikgruppe hat der Kirchenchor nach zehnjähriger Pause wieder die Karnevalstradition mit einer Kappensitzung aufleben lassen. "Das wurde gut angenommen. Der Saal war voll besetzt", sagen Birgit Frings und Marita Keller: Im Pfarrhaus schaut Gisela Salm nach dem Rechten. Doch eines ist den Menschen in Abtei noch viel wichtiger: Die funktionierende Dorfgemeinschaft. Es sei schön, Nachbarn zu haben, mit denen man sich treffen könne, sagt Michels. Auch der Nachwuchs weiß das zu schätzen. "Die Leute halten hier zusammen", betonen Jasmin (15) und ihr Bruder Fabian (10) Salm.
Franziska Haack (80) kann sich nicht vorstellen, längere Zeit woanders zu sein. Reinhold Scherf lebte zwar auch einige Jahre in der Eifel und fühlte sich dort wohl. Doch als er beruflich die Chance erhielt, nach Abtei zurückzukehren, nutze er sie auch. Junge Leute sehen das wohl ähnlich: Viele haben im Neubaugebiet ihr Häuschen.
Abtei ist zwar der offizielle Name des Dorfes. Viele Einheimische bezeichnen sich selbst allerdings als "Buchwälder". Diese alternative Stadtteilbezeichnung erinnert an den Ursprung der Siedlung (siehe Extra). Die Geschichte von Abtei zeugt wie die des Hermeskeiler Stadtteils Höfchen vom Eisenerzabbau im Hochwald. Die ersten Einwohner waren verarmte Hüttenarbeiter, die 1834 in einem "Buchenwald der Abtei Tholey" zwangsangesiedelt wurden. Es handelte sich bei ihnen um die Nachkommen von wallonischen, also aus dem südlichen Teil Belgiens stammenden Facharbeitern, die vom Niedergang des Hüttenwerks in Züsch betroffen waren. Als "Schutzverwandte" der Landesherren waren die wallonischen Arbeiter zwar befreit von Steuern, Fron- und Kriegsdiensten sowie Leibeigenschaft. Schwer wog allerdings, dass ihnen zunächst Grund- oder Hausbesitz verwehrt war. In einer Region, die fast ausschließlich von der Landwirtschaft lebte, hatten die wallonischen Arbeiter keine Chance, ihre Familien zu ernähren. Die preußische Regierung ordnete daher an, "die Leute aus dem Wald zu holen". Sie wurden in den heutigen Stadtteilen Abtei und Höfchen angesiedelt. Die Familien erhielten kostenlos Holz und Lehm, um auf herrschaftlichem Boden Hütten zu errichten. Gegen geringen Zins wurde ihnen zudem je ein Stück Wiesen- und Gartenland zur Verfügung gestellt. Doch aus Hüttenarbeitern ließen sich nicht einfach Bauern machen. Die Situation der Menschen besserte sich erst durch den Bau der Eisenbahn, die es den Hochwäldern ermöglichte, im saarländischen Bergbau zu arbeiten. Eigenständige Gemeinde blieb Abtei bis 1931 (Quelle "175 Jahre Abtei und Höfchen" von Roland Eiden). urs

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