Kein Bürgerentscheid über Asylbewerberheim

Hermeskeil · Die Stadt Hermeskeil wird nicht mit Hilfe eines Bürgerentscheids klären, ob sie einem Asylbewerberheim in der Ex-Kaserne zustimmt. Das war am Mittwochabend eine der wichtigsten Aussagen im Verlauf der Einwohnerversammlung mit 700 Besuchern (der TV berichtete bereits). Das Stimmungsbild zu diesen Plänen war im Publikum zwar unentschieden. Es wurde aber bemerkenswert sachlich über das sensible Thema diskutiert.

Hermeskeil. So voll war die Hochwaldhalle bei einem politischen Thema noch nie: Spätestens seit Mittwochabend ist klar, dass die mögliche Nutzung der früheren Kaserne als Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (Afa) die Menschen aus Hermeskeil und Umgebung in höchstem Maße bewegt. Etwa 700 Bürger haben sich in der dreistündigen Veranstaltung mit Integrationsministerin Irene Alt (Grüne) und anderen hochrangigen Behördenvertretern über die Pläne des Landes informiert. Um es vorweg zu sagen: Ein völlig klares Stimmungsbild, wie die Hermeskeiler zu diesem Vorhaben stehen, hat sich nicht herauskristallisiert. Hervorzuheben ist aber, dass das Publikum die Erläuterungen der Referenten sehr aufmerksam und ohne Zwischenrufe verfolgte. Bei den zwei Fragerunden meldeten sich die Bürger fast ausschließlich mit sachlichen und konstruktiven Beiträgen zu Wort. So betonte Karl Heege, "dass wir uns im Grundanliegen, den Menschen helfen zu wollen, einig sind." Er stelle sich aber die Frage, was passiert, wenn die Flüchtlingszahlen immer weiter steigen. Er wollte deshalb wissen, ob es bei der vom Land angegebenen Aufnahmekapazität der Hermeskeiler Afa mit 750 Plätzen bleibt oder dort in Zukunft möglicherweise noch weitaus mehr Asylbewerber untergebracht werden.Diese Bedenken entkräftete Alt: "Wir haben uns auf ein Maximum von 750 Flüchtlingen geeinigt, die wir hier aufnehmen würden." Diese Begrenzung der Aufnahmekapazität war ein Punkt im gemeinsamen Forderungskatalog von Stadt, Verbandsgemeinde und Landkreis Trier-Saarburg. Die Landesvertreter hatten noch andere Zugeständnisse an Hermeskeil in Aussicht gestellt (der TV berichtete). So kündigte der Trierer Polizeipräsident Lothar Schömann an, dass die Hermeskeiler Dienststelle mit zwölf Beamten verstärkt wird. Bisher war nur von sechs zusätzlichen Kräften die Rede. Für Stadtbürgermeister Mathias Queck (CDU) eine erfreuliche Aussage: "Das habe ich sofort protokolliert." Er selbst musste auf eine andere Frage aus dem Plenum antworten. Sie kam von Thorsten Herbig. Nach seiner Wahrnehmung "gibt es hinter vorgehaltener Hand schon viele Bedenken. Man will sich aber nicht äußern, weil man dann gleich Gefahr läuft, in die braune Ecke gestellt zu werden. Warum macht man also nicht einfach einen Bürgerentscheid?". Für diesen Vorschlag gab es Applaus.Queck entgegnete dem, "dass ich bei diesem Thema erst mal die Verantwortung des Stadtrats sehe. Wir drücken diese Sache nicht ab, sondern werden eine gute, ausgewogene Entscheidung treffen." Auch für diese Aussage gab es Applaus. Zum weiteren Zeitplan sagte Queck, dass die Verhandlungen mit dem Land fortgesetzt werden. Anfang Februar sind deswegen zusammen mit Landrat Günther Schartz und VG-Chef Michael Hülpes weitere Gespräche in Mainz vereinbart. Queck betonte noch einmal seinen Standpunkt, dass die Einrichtung einer Afa für Hermeskeil "sozialverträglich" geschehen müsse und es deshalb nötig sei, die Infrastruktur der Stadt zu stärken. An erster Stelle stehe dabei der Erhalt des Krankenhauses. Nach Abschluss der Verhandlungen werde der Rat wohl im März entscheiden, ob er einem Flüchtlingsheim an der Kaserne zustimmt. Erst nach einem positiven Votum werde das Land mit den Vorbereitungen zur Einrichtung der Afa beginnen, beantwortete ADD-Präsidentin Dagmar Barzen die Frage von Klaus-Peter Breuer. Trotz des guten Zustands der Gebäude seien in der Kaserne noch Arbeiten nötig. Im Herbst könnte das Flüchtlingsheim aber eröffnet werden. Im TV-Gespräch betonte Alt nach Abschluss des Infoabends, dass sie diesen als "sehr gelungen empfunden hat. Erfreulich war die hohe Beteiligung der Bürger. Es waren alles berechtigte Fragen". In Bezug auf die Forderungen der Stadt müsse man zwar "über manche Punkte noch reden". Sie sei aber optimistisch, dass sich beide Seiten bei den Verhandlungen einigen können. Meinung

Menschen willkommen heißenDen Hermeskeiler Bürgern gebührt im Umgang mit der hoch sensiblen Frage, ob die frühere Kaserne künftig als Asylbewerberheim dienen soll, bisher ein großes Lob. Wie schon bei der Stadtratssitzung im Dezember hat das diesmal noch viel größere Publikum sich aufmerksam angehört, was in einer Afa passiert und welche Auswirkungen eine solche Einrichtung auf das Leben in der Stadt haben könnte. Billige Polemik hat es am Mittwochabend nicht gegeben. Der in der Versammlung geäußerte Wunsch nach einem Bürgerentscheid mag zwar legitim sein. Bei der Frage, ob Hermeskeil Flüchtlinge aufnehmen soll, ist er trotzdem fehl am Platz. Denn ein solches Thema könnte vor einer "Volksabstimmung" Kräfte wecken, denen es weniger um sachliche Information, sondern mehr um Stimmungsmache auf Stammtischniveau geht. Hier sind also in der Tat in erster Linie das Urteil und die Verantwortung der gewählten Vertreter gefragt. Dabei sollte man den Stadtratsmitgliedern aber eins mit auf den Weg geben: Wenn es darum geht, Menschen in Not zu helfen, dürfen materielle Forderungen und das Verlangen nach vielfältigen Vergünstigungen für die Stadt nicht im Vordergrund stehen. Hermeskeil sollte es mit seinem oft zitierten Anspruch, eine Stadt mit einer "Willkommenskultur" zu sein, auch in der Realität ernst nehmen. Denn Menschen willkommen zu heißen, darf keine Frage von Herkunft, Hautfarbe oder Religion sein. a.munsteiner@volksfreund.de

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