Kell am See gibt Realschule an den Kreis ab

Die Verbandsgemeinde (VG) Kell am See gibt die Trägerschaft für die Realschule plus Kell/Zerf zum 1. August 2010 an den Landkreis Trier-Saarburg ab. Das hat der VG-Rat am Donnerstagabend mit 15 Ja-, drei Nein-Stimmen und einer Enthaltung beschlossen.

 Auf den Alltag in der Realschule Kell/Zerf dürfte der Besitzerwechsel keinen Einfluss haben: die Sechstklässler Thorsten Heidrich (links) und Lutz Lichtmeß. TV-Foto: Axel Munsteiner

Auf den Alltag in der Realschule Kell/Zerf dürfte der Besitzerwechsel keinen Einfluss haben: die Sechstklässler Thorsten Heidrich (links) und Lutz Lichtmeß. TV-Foto: Axel Munsteiner

Kell am See/Zerf. Der VG-Rat hat eine bildungspolitische Weichenstellung vorgenommen, die die meisten Mitglieder für notwendig erachteten, einigen von ihnen aber nicht leicht fiel und beim Elternsprecher Enttäuschung hervorrief.

Mit großer Mehrheit hat sich das Gremium dafür ausgesprochen, die Trägerschaft für die Realschule plus (siehe Extra) zum 1. August 2010 an den Kreis Trier-Saarburg abzugeben. Damit macht die VG vom Angebot Gebrauch, dass der Kreistag im März 2009 unterbreitet hat, indem er seine Bereitschaft zur Übernahme der weiterführenden Schulen signalisiert hatte.

Kreis kann Schülerströme besser lenken



Die CDU-Fraktion verdeutlichte, dass für sie der Besitzerwechsel deshalb Sinn macht, "weil wir glauben, dass die Zukunft der Schule beim Kreis besser aufgehoben ist", so Sprecher Klaus Marx. Er hatte bereits bei der Debatte im Oktober, als die Entscheidung noch vertagt wurde, darauf hingewiesen, dass die VG wegen der demografischen Entwicklung ab 2013 keine Chance mehr habe, die Realschule mit eigenen Schülern dreizügig - also mit drei Klassen pro Jahrgang - zu halten. Weil aber in Hermeskeil ab August 2010 eine Integrierte Gesamtschule mit maximal 120 Anmeldungen entsteht und dort wohl nicht alle Kinder einen Platz bekommen werden, werden sich die Schülerströme verändern. Marx: "Der Kreis hat uns zugesagt, dass er den Busverkehr zwischen Hermeskeil und Zerf intensivieren will. Außerdem gibt es vom Kreis die Aussage, dass er das dislozierte System für pädagogisch sinnvoll hält." Für Edmund Schmitt (FWG) war entscheidend, "dass der Kreis bessere Möglichkeiten hat, die Schülerströme zu lenken". Jens Anell (Junge Liste)sah das ebenfalls so. Bürgermeister Werner Angsten (CDU) meinte: "Man sollte die Frage der Trägerschaft nicht zu hoch ansiedeln. Am Ziel eines wohnortnahen Bildungsangebots wird sich nichts ändern. Da habe ich Vertrauen zum Kreis." Im Unterrichtsalltag werde sich nichts ändern. "Wir bekommen nichts weggenommen. Gebäude und Personal bleiben hier", betonte Dittmar Lauer (CDU).

Geteilt war das Meinungsbild in der SPD. Sprecher Manfred Rommelfanger: Wir wissen nicht, wie sich die ganzen Umstrukturierungen auf die Schullaufbahn-Entscheidungen der Eltern auswirken. Deshalb lässt sich auch nicht sagen, ob der Kreis beide Standorte aufrechterhalten kann. Das Problem würde sich aber auch stellen, wenn die VG Träger bleibt."

Mit einer neutralen Aussage reagierte Vize-Schulleiter Herbert Behres auf den Ratsbeschluss. "Wir haben uns immer gut bei der VG aufgehoben gefühlt. Wichtig ist für uns, dass auch in Zukunft der Fortbestand einer weiterführenden Schule in der VG Kell an zwei Standorten gesichert ist." Das aber bezweifelt Elternsprecher Günther Dexheimer: "Ich habe vor allem Angst, dass der Standort Kell zwischen den großen Schulzentren in Hermeskeil und Saarburg zerrieben wird. Deshalb bin ich von der Entscheidung enttäuscht." Über die Übernahme-Details werden nun Kreis und VG verhandeln. Klar ist, dass die bisherige organisatorische Verbindung von Real- und Grundschule in Zerf aufgehoben wird, weil die VG bei Letzterer Träger bleibt.

Meinung

Besitzerwechsel mit Fragezeichen

Es ist klar: Mit der Übertragung der Realschule an den Kreis gibt die VG Kell ein Stück kommunale Selbstbestimmung auf, und für Lehrer und Eltern werden die Wege zu den Ansprechpartnern länger. Aber: In einer Zeit, in der sich die Schullandschaft stark verändert, macht es einfach mehr Sinn, wenn die Verantwortung für die weiterführenden Schulen in einer Hand - sprich beim Kreis - liegt und sich nicht jede VG mit ihren Schulen als Einzelkämpfer gegen die Konkurrenz aus der Nachbarschaft behaupten muss. Ein Fragezeichen bleibt aber: Wäre die VG Besitzer geblieben, hätte man sicher sein können, dass sie auch bei schmelzenden Schülerzahlen bis zuletzt alles für den Erhalt beider Standorte in Kell und Zerf getan hätte. Ob das in gleichem Maße für den Kreis gilt - darauf können Eltern, Lehrer und Schüler nur hoffen. Gewissheit haben sie aber nicht. a.munsteiner@volksfreund.deExtra Realschule Kell/Zerf: 1999 wurde aus den zwei Hauptschulen in Kell und Zerf eine Regionale Schule. An ihr können die Schüler die Berufsreife (nach der neunten Klasse) und die Mittlere Reife erlangen. Seit August firmiert sie als Realschule plus. Sie wird aktuell von 326 Schülern besucht. In Kell werden die Klassen fünf und sechs, in Zerf die älteren Jahrgänge unterrichtet.

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