"Keller Projekt" soll die Wende bringen

Die Jagdgenossenschaft Kell am See hat den Biologen Olaf Simon engagiert, um dem schädigenden Treiben von Rot- und Schwarzwild im Wald Herr zu werden. Der Wissenschaftler machte im Rahmen eines Lebensraum-Modell-Projekts (LPM) Vorschläge zur Problemlösung.

 Vom Hirsch zerstört: Die Wildschäden im Forst sind unübersehbar. TV-Foto: Herbert Thormeyer

Vom Hirsch zerstört: Die Wildschäden im Forst sind unübersehbar. TV-Foto: Herbert Thormeyer

Kell am See. Im April werden neue Jagdpachtverträge unterschrieben. Sie werden anders aussehen als die bisherigen. "Die bestehenden Verträge werden auf keinen Fall verlängert", betont der Jagdvorsteher, Ortsbürgermeister Markus Lehnen. Je mehr Holz vom Wild geschädigt werde, umso mehr gefährde das die Zertifizierung des Holzes und damit den Marktwert. Mit neuen Verträgen mit integrierter Wildschadensregulierung wolle man die Weichen in die Zukunft stellen.

Um die Wildschäden am Holz zu verringern, hat die Jagdgenossenschaft jemanden engagiert, der sich mit dem Problem auskennt: Biologe Olaf Simon vom Institut für Tierökologie und Naturbildung in Groß-Gerau zeigte in einem Vortrag auf, wie er sich die Beratung und ein Monitoring bis zum Jahre 2013 vorstellt.

Keine Ausrottung des Wildes



Der Experte bietet Beratung, ein Wildschadensmonitoring, eine Jagdstreckenanalyse, die Wildbestandserfassung, rät zur revierübergreifenden Kooperation, der Anpassung des Wildbestandes mit körperlichem Nachweis ohne "Postkartenabschüsse" und einer Äsungsverbesserung.

Gemeinsame Jagden mehrerer Reviere müssten forciert werden. Den Landwirten riet der Biologe, nicht den Maisanbau bis an die Waldgrenze auszudehnen, sondern Platz für eine Äsungsverbesserung zu lassen.

"Wir wollen keine Ausrottung des Wildes", beruhigte Forstamtsleiter Helmut Lieser. Das natürliche Spiel der Kräfte verlange jedoch eine angepasste Wilddichte. Doch stellenweise sei der Wald schon regelrecht "durchgeschält".

Das Verjüngungspotenzial könne nicht ausgeschöpft werden. Das alte Holz sei bald weg und dann seien Kahlflächen zu befürchten.

"Das PEFC-Zertifikat steht auf dem Spiel", warnte Lieser. Aber nur mit Zertifikat sei man auf dem Markt erfolgreich. ("PEFC" steht für Pan-European-Forest-Certificate - paneuropäisches Wald-Zertfikat).

Jagdpächter Raimund Krawinkel erklärte, warum es so schwierig ist, als Jäger beim Ansitz erfolgreich zu sein: "Schlimmer als der Klimawandel und der vermehrte Maisanbau für Biogasanlagen sind Wanderer, Mountainbiker und frei laufende Hunde im Wald." So weiche das Wild aus.

Der Beisitzer im Vorstand der Jagdgenossenschaft, Dittmar Lauer, warb mit Leidenschaft für das "Keller Modell" genannte Projekt, auch im Hinblick auf eventuelle Zuschüsse aus Mainz.

Kosten noch nicht geklärt



Die Versammlung war einstimmig einverstanden. Wie viel die wissenschaftliche Begleitung kosten wird, steht noch nicht fest. Revierförster Axel Weber rechnete jedoch vor: "Die Gemeinde erleidet rund 100 000 Euro Holzentwertung pro Jahr. So teuer wird die Beratung bestimmt nicht".

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