Klein, aber noch nicht bedroht

HENTERN/LAMPADEN. "Die Schule muss wie die Kirche im Dorf bleiben!" Mit dieser klaren und in der Verbandsgemeinde Kell am See unstrittigen politischen Willensbekundung reagiert Bürgermeister Werner Angsten (CDU) als Vertreter des Schulträgers auf die Forderung des Landesrechnungshofs, kleinere Grundschulen mit weniger als 56 Schülern zu schließen.

Am Tag nach dem TV-Bericht über die vom Rechnungshof geforderte Schließung kleiner Schulen klingelte bei Ingo Brausch gleich mehrmals das Telefon. Am Apparat waren besorgte Eltern, die den Leiter der Grundschule Hentern/Lampaden fragten: "Passiert jetzt bei uns dasselbe wie im Saarland?" Jenseits der nahen Landesgrenze wurde in diesem Schuljahr nämlich trotz massiver Proteste mit der Schließung von kleineren Grundschulen begonnen. Aktuell aufgeschreckt wurden die Eltern nun von einem Vorschlag des Landesrechnungshofs. Angesichts des absehbaren Schülerschwunds und um Kosten einzusparen sollte auch in Rheinland-Pfalz über die Schließung von Schulen nachgedacht werden, die die Mindestgröße von 56 Schülern verfehlen, so die Argumentation der Speyerer Behörde. Eine von insgesamt 43 "Zwergschulen" im Land, die mit einer Ausnahmegenehmigung laufen, ist die Grundschule Hentern/Lampaden. 48 Schüler werden dort unterrichtet - in den ersten beiden Schuljahren am Standort Lampaden, in Klasse drei und vier in Hentern. Und das sollte gerade aus pädagogischer Sicht auch so bleiben, betont Brausch. Das Vorgehen im Saarland könne kein Vorbild sein. Im Gegenteil: "Dort hat man mit der Rasenmäher-Methode für einen geringen Spareffekt viel kaputt gemacht", sagt der Lehrer, der selbst im Nachbar-Bundesland wohnt. Brausch verweist vielmehr auf die Ergebnisse der Pisa-Studie, bei der Deutschland schlecht und insbesondere die skandinavischen Länder gut abgeschnitten hatten. "Dort wird an den Schulen in kleinen Einheiten unterrichtet. Wenn wir jetzt also bei uns mit der Sparbüchse kommen wollen, verbessern wir mit Sicherheit nicht die Bedingungen."Persönliche Beziehung zu den Schülern

Im Vergleich zur Bahnhofsatmosphäre in größeren Klassen falle es Lehrern in einer kleinen Schule wie in Lampaden/Hentern leichter, den pädagogischen Erfordernissen der Zeit gerecht zu werden, nämlich individuelle Lernkonzepte umzusetzen. Deshalb lautet Brauschs Schlagwort, dass an seiner Schule "Erziehung durch Beziehung" geleistet wird. Diese Auffassung wird von Bürgermeister Werner Angsten, der als Vertreter des Schulträgers für vier Grundschulen in der Verbandsgemeinde (VG) Kell verantwortlich ist, ausdrücklich geteilt. "Mehr denn je brauchen Kinder vermehrte Aufmerksamkeit und persönliche Zuwendung. Deshalb sind kleinere Klassen nötig", sagt der CDU-Politiker. Mehr als 500 000 Euro gibt die VG jährlich allein für ihre Grundschulen aus. Doch diese ökonomischen Fakten dürften nicht im Vordergrund stehen: "Unsere Schulen sind kein Luxus, sondern ein elementares Bedürfnis unserer Gemeinschaft. Die Existenz von Grundschulen bedeutet für unsere Kommunen einen weichen Standortfaktor. Denn damit wird eine wohnortnahe Erziehung garantiert", sagt der Bürgermeister. Diese mit der viel zitierten Devise von den "kurzen Wegen für kurze Beine" korrespondierende Meinung vertritt Angsten keineswegs allein. Alle Fraktionen im VG-Rat seien sich einig, so Angsten, dass Schulschließungen oder -zusammenlegungen in der Verbandsgemeinde politisch nicht gewollt seien.Erst- und Zweitklässler lernen zusammen

Allerdings zeigt die demographische Entwicklung heute schon Auswirkungen. Weil es immer weniger Kinder gibt, drücken mittlerweile in Lampaden die Erst- und Zweitklässler in einer von landesweit 94 Kombi-Klassen die Schulbank. Hauptfächer wie Mathematik oder Deutsch werden jedoch weiterhin nach Jahrgangsstufen getrennt unterrichtet, wie Brausch betont. Aufgrund der Geburtenentwicklung und der vorhersehbaren Einschulungszahlen könne das in Lampaden praktizierte System auch zumindest bis 2011 beibehalten werden, schaut Brausch voraus. Auch Angsten geht "in nächster Zeit nicht davon aus", dass die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier als Schulorganisationsbehörde an die VG herantritt, weil in einer Minischule wie Hentern/Lampaden pädagogisch nicht mehr vernünftig gearbeitet werden könne. Deshalb sei der bildungspolitische Kurs in der Verbandsgemeinde Kell klar: Die Forderung des Rechnungshofs wird abgelehnt. Angstens Aussage steht, "dass wir alles versuchen müssen, damit unsere Schulen, so lange es noch irgendwie vertretbar ist, auch erhalten bleiben".

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort