Kommunikationszentrum Dorfkneipe

Gaststätten in den Ortschaften auf dem Land haben seit jeher auch ein Ziel: die Kommunikation und das gesellige Miteinander zu fördern. Doch immer mehr Gaststätten müssen schließen. Oft sind die Leidtragenden gerade die älteren Mitbürger.

 Um ihre Gäste bei Laune zu halten, knobelt Gastwirtin Liesel Endres aus Kell am See schon mal eine Runde mit ihnen aus– hier mit Peter Schwan, Wolfgang Arens, Edmund Breit, Horst Rauber und Bernd Schömer (von links). TV-Foto: Hans Muth

Um ihre Gäste bei Laune zu halten, knobelt Gastwirtin Liesel Endres aus Kell am See schon mal eine Runde mit ihnen aus– hier mit Peter Schwan, Wolfgang Arens, Edmund Breit, Horst Rauber und Bernd Schömer (von links). TV-Foto: Hans Muth

Kell am See. Wenn insbesondere in den vergangenen Jahrzehnten die schwere Arbeit im Wald und auf den Feldern getan war, war es üblich, in der so genannten Dorfkneipe bei einem Glas Bier die Arbeit vergessen zu machen und sich mit anderen Dorfbewohnern auszutauschen. Die Gaststätte war ein Ort, an dem man das erfuhr, was von Mund zu Mund weiter gegeben wurde.Flucht aus der Eintönigkeit

Sicherlich gab es auch Kneipenbesucher, die überwiegend wegen des Trinkens diese Stätte aufsuchten, doch der eigentliche Sinn steckte tiefer. Kommunikation, Information und Zusammenhalt, aber auch die Flucht aus der Eintönigkeit waren die wirklichen Gründe.Gerade den älteren, aus dem Berufsleben entlassenen Menschen, bescherte die Dorfgaststätte die Gelegenheit, sich unter ihresgleichen zu treffen, dem stumpfen Alltagstrott für ein paar Stunden zu entrinnen. Da wurde Skat gedroschen und von früher erzählt, und an den Nachbartischen spitzte man die Ohren ob der interessanten Geschichten.Damals führten die Gastwirte ihren Betrieb vollberuflich, doch im Laufe der Zeit blieb ihnen nichts anderes übrig, als sich eine weitere Beschäftigung zu suchen und die Gaststätte im Nebenerwerb zu betreiben. Der Grund waren die ansteigenden Preise und der mit der Zeit rückläufige Gaststättenbesuch.Und dieser Trend setzte sich fort. Es kamen immer mehr Kraftfahrzeuge und damit immer mehr Verkehrsunfälle, zahlreiche durch Alkohol provoziert, mit der Folge, dass man immer weniger "über die Dörfer" fuhr. Die immer strengeren Alkoholkontrollen der Polizei und die damit einhergehende Sorge um Führerschein und dem damit verbundenen Arbeitsplatz wirkten sich entsprechend auf den Besuch der Lokale aus.Leerstehende oder kaum benutzte Säle

Das Interesse, Gaststätten regelmäßig aufzusuchen, verringerte sich und beschränkte sich bei vielen auf Festlichkeiten wie Kirmes oder Dorffeste. Leerstehende oder kaum benutzte Säle erinnern heute noch an vergangene Zeiten.Ein weiterer Grund, der die Gaststätten füllte, war der, dass auch Gäste aus den Nachbarorten die heimischen Lokale aufsuchten. Man kannte sich schließlich. Auch dieser Trend ist erheblich zurückgegangen.Konnte man damals noch während der Feld- und Waldarbeit kurz in der Mittagspause eine Gaststätte aufsuchen, so stellt man heute fest, dass diese meist vor 17 Uhr erst gar nicht öffnen. Auch die beruflichen Interessen der Nachkommen der Gastwirte liegen meist auf anderen Gebieten.Was arbeitstechnisch erschwerend hinzukommt, ist die akribische Buchhaltung, die Arbeit also außerhalb der schon Energie fressenden Tätigkeit in der Gaststätte, die oftmals an wenigen Gästen geleistet werden muss.Liesel Endres unterhält mit Ehemann Manfred eine Gaststätte in Kell am See. Sie ist der Meinung, dass bei einem eventuellen Rauchverbot die kleinen Gaststätten noch weniger besucht werden.Vereinshäuser als Konkurrenten

Einen Trend, der nicht unerheblich für das Gaststättengewerbe sei, stellten mehrere Gastwirte fest, ohne sich jedoch offenbaren zu wollen: "Fast jeder Verein besitzt heute sein Vereinshaus, ausgestattet mit allen Gaststättenutensilien und mancherorts sogar mit Konzessionen. Außerdem finden in den Sommermonaten zahlreiche Feste statt. Die Kunden werden zu diesen Zeiten den Gaststätten entzogen."Wie groß der sprichwörtlich wirtschaftliche Schwund mit der Zeit in vielen Ortschaften wurde, zeigt die Schließung der Gaststätten in den vergangenen Jahren. So gab es beispielsweise vor 20 Jahren in der kleinen Ortschaft Lampaden (heute 530 Einwohner) fünf Gaststätten. Alle hatten ihr Auskommen. Heute existiert gerade mal eine im Ortsteil Obersehr. : Gaststätten in der VG Kell am See Baldringen keine; Greimerath 5; Hentern 1; Kell am See 13; Lampaden 1; Mandern 3; Paschel keine; Schillingen 3; Schömerich keine; Vierherrenborn keine; Waldweiler 5; Zerf 8; Gesamt 40.

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