Lampadener Klage: Es bleibt spannend

Trier/Lampaden · War der Ausschluss zweier Ratsmitglieder von einer Abstimmung des Lampadener Gemeinderats rechtswidrig? Darüber wurde vor dem Verwaltungsgericht in Trier verhandelt. Eine klare Tendenz der Richter war nicht zu erkennen.

Die Sitzreihen im Saal des Trierer Verwaltungsgerichts sind gut gefüllt. Unter den Zuhörern sind auch Mitglieder des Lampadener Gemeinderats. Denn in der Verhandlung geht es um die Klage zweier Lampadener Ratsmitglieder gegen ihre Ortsgemeinde.
Petra Huwer und Gerhard Willems (beide CDU) wehren sich gegen ihren Ausschluss von einer Abstimmung des Gemeinderats am 26. Januar. Sie halten es für rechtswidrig, dass sie damals nicht mitentscheiden durften. Der Gemeinderat hatte dies in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen, wegen möglicher Befangenheit der beiden Ratsmitglieder.

Worum ging es? Bei der Abstimmung ging es darum, ob die Ortsgemeinde einen Anwalt beauftragen sollte. Dieser sollte einen Widerspruch der Gemeinde gegen eine Anordnung der Kreisverwaltung Trier-Saarburg begründen. Hintergrund ist ein seit Monaten schwelender Streit mit dem Kreis über die Lampadener Haushaltsabschlüsse der Jahre 2011 und 2012 (der TV berichtete mehrfach).
Diese Dokumente zu den Finanzgeschäften der Gemeinde sollte der Rat per Beschluss absegnen. Dafür gab es bislang jedoch keine Mehrheit - ebenso wenig wie für die damit einhergehende Entlastung des damaligen Gemeindevorstands. Zum Vorstand zählten damals auch die beiden Kläger, die als Beigeordnete in die finanziellen Abläufe eingebunden waren. Wegen möglicher Befangenheit stimmten sie über die Jahresabschlüsse und ihre eigene Entlastung nicht mit ab. Für die Entscheidung Ende Januar zur Beauftragung des Anwalts sahen sie aber keinen Grund, von dem Votum ausgeschlossen zu werden.

Überlegungen des Gerichts "Das ist heute ein überschaubarer Sachverhalt. Es geht um eine klassische Frage des Kommunalverfassungsgesetzes", leitete Gerichtspräsident Georg Schmidt, in diesem Fall der vorsitzende Richter, die Verhandlung ein. Grundlage sei der Paragraf 22 der rheinland-pfälzischen Gemeindeordnung. Dieser besagt, dass Mitglieder im Gemeinderat nicht über etwas abstimmen dürfen, das ihnen selbst oder Angehörigen einen unmittelbaren Vor- oder Nachteil bringen könnte. Beim Beschluss über die Entlastung des Gemeindevorstands sei dies "unstrittig", sagte Schmidt. Es gehe nun darum, ob auch bei der Beauftragung des Anwalts eine "Unmittelbarkeit" zu sehen sei.

Schmidt verwies auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts in Koblenz vom 28. Juni 2016, das sich mit einer ähnlichen Fragestellung befasse. Darin heiße es, dass man fragen müsse, ob dem drohenden Vor- oder Nachteil "ein solches Gewicht zukommt, dass eine persönliche Konfliktsituation entsteht, in der nicht mehr gewährleistet ist, dass das Ratsmitglied seine Tätigkeit ausschließlich nach dem Gesetz und seiner freien, durch Rücksicht auf das öffentliche Wohl bestimmten Überzeugung ausübt". Dazu müsse die "Beziehung zwischen dem Ratsmitglied und dem Beratungsgegenstand" bewertet werden - und zwar für jeden Einzelfall.

Argumente der Anwälte Für die Kläger hatte Rechtsanwalt Thomas Ehrmann beantragt, ihren Ausschluss von der Sitzung als rechtswidrig anzusehen und die Abstimmung mit Teilnahme der beiden zu wiederholen. Der Paragraf 22 sei dazu gedacht, dass der Ausschluss von Abstimmungen "nicht ausufert". Es sei im Lampadener Rat nicht um die eigentliche Entlastung des Gemeindevorstands, sondern "nur um die Beauftragung eines Anwalts" gegangen. Dies sei "wertneutral", bringe weder einen direkten Vor- noch Nachteil. Bis die Frage der Jahresabschlüsse und der Entlastung "endgültig rechtskräftig entschieden" sei, folge womöglich noch "eine Vielzahl weiterer Schritte. Mit Unmittelbarkeit hat das nichts zu tun."

Rechtsanwalt Bernd Spindler beantragte für die Ortsgemeinde, die Klage abzuweisen. Eben weil das Verfahren zu den Jahresabschlüssen noch "offen" sei (siehe Info), müsse man davon ausgehen, dass die "Sonderinteressen" der beiden Kläger weiter bestehen. Allein um den "Geruch des bösen Anscheins" zu vermeiden, dass sie bei ihrer Entscheidung nicht "vom Gemeinwohl geleitet" sein könnten, seien sie von der Abstimmung auszuschließen.

Vorläufiges Fazit Die "Schrittetheorie" der Kläger-Seite wollte Schmidt nicht gelten lassen. Man könne nicht rein "mathematisch" vorgehen nach dem Schema: "Je mehr Schritte noch erforderlich sind, desto mehr verliert sich die Unmittelbarkeit." Beim Aufstellen eines Bebauungsplans seien auch viele weitere Schritte nötig. Dennoch seien Ratsmitglieder, die auf möglichem künftigen Bauland Grundstücke besitzen, "von Beginn an raus".
Allerdings gab der Richter auch zu bedenken, dass es sich um gewählte Ratsmitglieder handele. Ihnen dürfe die Mitwirkung an Entscheidungen nur verwehrt werden, wenn dies "unabdingbar" sei. Der Paragraf 22 diene vor allem dem Schutz des Ratsmitglieds. "Damit man ihm später nicht nachsagt, er oder sie habe sich einen Vorteil verschaffen wollen." Hier liege ein "Grenzfall" vor, der nicht so eindeutig zu bewerten sei wie bei dem Beispiel Bebauungsplan. Üblicherweise versuche das Gericht, eine "gütliche Lösung" zu finden, erklärte der Gerichtspräsident: "Diese Möglichkeit sehe ich hier aber nicht."

Ein Urteil ist noch nicht gefallen. Die Entscheidung wird den Klägern und den Beklagten innerhalb der nächsten Wochen schriftlich zugestellt.Extra: STREIT MIT DEM KREIS NOCH NICHT ENTSCHIEDEN


Die Kreisverwaltung Trier-Saarburg hat den Gemeinderat Lampaden angewiesen, die Jahresabschlüsse für die Haushaltsjahre 2011 und 2012 per Ratsbeschluss abzusegnen. Denn die bisherige Verweigerung der Beschlüsse ist aus Sicht der Behörde rechtswidrig. Die Ortsgemeinde Lampaden hat dagegen Widerspruch eingelegt - und nach Auskunft von Rechtsanwalt Bernd Spindler inzwischen auch die schriftliche Begründung dieses Widerspruchs der Kreisverwaltung und der oberen Kommunalaufsicht bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier vorgelegt. Die ADD muss nun entscheiden, ob sie die Auffassung der Kreisverwaltung teilt. Falls sie das tut, bleibt der Ortsgemeinde Lampaden noch die Möglichkeit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort