Lose Schnüss stürmt Lachmuskeln

HERMESKEIL. "Typisch saarländisch". Unter diesem Motto hatte der Arbeitskreis Kultur im Rahmen des 14. Hermeskeiler Kulturherbstes zu einem Gala-Abend in die Hochwaldhalle eingeladen.

Trägt Heinz Becker alias Gerd Dudenhöffer jetzt einen Schnauzbart, mag sich mancher Zuschauer in der Hochwaldhalle gefragt haben. Die Antwort: Nein. Der Saarländer, der da vorne von Alltagskapriolen und seiner Hilde plauderte war Jörg Ruschel. Saarländer, wie Heinz Becker, aber sein Imitator. Nach wenigen Minuten war dann auch in den letzten Reihen jeglicher Zweifel ausgeräumt, denn das Original ist nicht zu kopieren. "Aber er schafft es fast", zollte ein Zuschauer dem "Nachmacher" Anerkennung, und das Double erntete viel Applaus für seine Angriffe auf die Lachmuskeln. Zuvor hatte die Hermeskeiler Stadtkapelle den "typisch saarländischen" Abend mit Blasmusik eingeleitet. Spitzzüngig und wandlungsfähig

Der Höhepunkt des Abends kam jedoch schon vor der Halbzeit: Christof Scheid bestach durch seine saarländische Spitzzüngigkeit und seine Wandlungsfähigkeit. So gewährte der Kabarettist, Liedermacher und Parodist etwa dem begeisterten Publikum einen Blick in den Kopf eines Vorstandsmitglieds ("Ich geh' jetzt aus dem Vorstand raus, damit die seh'n wie gudd ich bin. Aber das kann ich doch nicht mache, wer außer mir weiß Bescheid mit dem Schwenker?"), ließ sich aus über die Vorteile, jemanden bei einer Lebensmittelkette zu kennen, der schon im Vorfeld die Angebote bunkert, und brillierte als Stimmenimitator. Nicht ohne Zugabe entließ das Publikum den genialen Wortspieler. Die Ernüchterung folgte: Hermann Speicher, der Moderator des Abends, traf immer wieder mit Witzen, die niemand hören wollte und Kopfschütteln auslösten, unter die Gürtellinie der Zuschauer. Das Publikum wollte Elfriede Grimmelwiedisch (Ewald Blum) und bekam dann auch die liebenswerte Dame mit Schnauzbart. Mit loser Schnüss blies sie Attacken aufs Zwerchfell. Frivol, melancholisch und kritisch plapperte sie über ihre Alltagsbeobachtungen, die weit über das Saarland - nämlich bis hin zum Buckingham Palace - hinaus gehen. "Ich habe es nicht so mit Mannsbildern in Frauenkleidern", war einer der verbalen Pfeile, die sie auf den Papst zielte. Nach ein paar Nachtgedanken der Dame, die sie den "Hermeskeiler goldigen Schätzchen" mit auf den Weg gab, stand "De Hausmeischda" (Willi Jost) im Scheinwerferlicht. Der gutmütig wirkende Saarländer, der schon rein äußerlich kein Kostverächter ist ("Besser mit 60 geplatzt, als mit 80 verhungert."), entpuppte sich als einer, der es faustdick hinter den Ohren hat. Der Wolf in Hausmeisterkleidung offenbarte dem Publikum seine skurrilen Alltagsbeobachtungen: Generationenkonflikte, Schwiegermutter-Dramen und seiner "Probleme- werden-unter-den-Teppich-gekehrt-Strategie". Spätestens als "De Hausmeischda" das Lied "Du hast mich tausend mal gewogen" ins Mikro sang, hatte er die Gunst des Publikums gewonnen. Und was wäre ein Abend mit berühmt-berüchtigten Saarkomödianten ohne Lyoner? Neben den meist delikaten Worthappen, wurde ein Cordon Bleu nach einem Lyoner-Rezept serviert.

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