Mensch und Material in Massen mobilisiert

"Trotz aller aufgetretenen Schwierigkeiten wurde eine beachtenswerte Leistung gebracht." Diese zeitgenössische Bilanz zog das Landesbauamt Trier nach Abschluss des Baus der Hunsrückhöhenstraße vor 70 Jahren. Der TV beleuchtet im Jubiläumsjahr die besonderen Probleme, die die Straßenbauer bei dem Mammut-Projekt bewältigen mussten, um im Sommer 1938 die straffe Zeitvorgabe von 100 Tagen für die Fertigstellung einzuhalten.

Hermeskeil/Thalfang. Nur mit einem gewaltigen Kraftakt konnten die Straßenbauer vor 70 Jahren den Auftrag der Nazi-Machthaber vom 19. Juni 1938 erfüllen, die militär-strategisch wichtige Hunsrückhöhenstraße zwischen Koblenz und Saarburg fristgemäß bis Ende September in einen befahrbaren Zustand zu versetzen (der TV berichtete bereits). Vor allem der immense Bedarf an Arbeitskräften, deren Unterbringung und die Beschaffung der notwendigen Baustoffe waren die größten Probleme, vor die die Planer der Hunsrückhöhenstraße gestellt wurden: "Bezüglich der Arbeitsleistungen kam es zu den größten Überraschungen", heißt in einem Dokument des Landesbauamts Trier aus dem Jahr 1939, das in seinem Zuständigkeitsbereich bis zu 4500 Arbeitskräfte mobilisieren musste. Denn nur ein kleiner Teil der Arbeiter kam aus dem Straßenbau. Der Rest rekrutierte sich aus allen möglichen Berufen, etwa aus Anstreichern, Frisören oder Bäckern. Weil der Einsatz auswärtiger Arbeitskräfte nur "schleppend vorwärts ging", musste die damalige Straßenverwaltung zur Selbsthilfe greifen. "Die Unternehmer wurden angewiesen, ohne Hilfe des Arbeitsamts, sämtliche Arbeiter einzusetzen, die zu bekommen waren." Enger Zeitplan ohne Rücksicht auf Kosten

Schwierig war es auch, eine so große Zahl an Menschen im dünn besiedelten Hunsrück unterzubringen. Die Arbeiter lebten in schnell errichteten Barackenlagern, in Privatquartieren oder großen Sälen. So berichtet der Hermeskeiler Heimatgeschichtler Kurt Bach davon, dass zu dieser Zeit in Malborn mit seinen 800 Einwohnern 400 Arbeiter einquartiert wurden. "In den Orten führte das in diesen Monaten schon zu einem kleinen Wirtschaftswunder", sagt er. Eine Notiz, die der Thalfanger Historiker Elmar Ittenbach gefunden hat, bestätigt diese Aussage, macht aber zugleich auf die Kehrseite der Medaille aufmerksam. Nach dem Bericht des damaligen Dorflehrers von Hilscheid "schwamm" der Ort zu dieser Zeit "im Geld. Äußerlich zeigte sich das im Besuch der Wirtschaft. Die Leute wurden leichtsinnig, liefen lieber auf die Straße zur Arbeit und ließen ihr Korn auf dem Halm stehen."Das größte Problem war jedoch, die erforderlichen Mengen an Baustoffen wie Schotter oder Teermischgut herbeizuschaffen. Für das Landesbauamt bedeutete dies die "Ausschöpfung aller möglichen Bezugsquellen ohne Rücksicht auf die Gestehungskosten" und erklärt, warum der Bau der Hunsrückhöhenstraße fast doppelt so teuer wie geplant wurde. Die rund 30 beauftragten Steinbrüche in der Region konnten die Nachfrage nicht befriedigen. Weil nicht genug Gesteinsmengen aufzutreiben waren, musste "zusätzlich Hochofenschlacke aus dem Saarland und dem Ruhrgebiet als Packlage verwendet werden". Erschwerend kam hinzu, dass der Transport mit der Reichsbahn, der vom Bahnhof Hermeskeil organisiert wurde, unter Verkehrssperren litt. Die Folge war, dass entgegen der ursprünglichen Planung zwischen Hermeskeil und Zerf eine Alternativ-Route durchs Saarland provisorisch ausgebaut werden musste. Von Anfang an war hingegen klar, dass in drei Monaten nur die Herstellung der Fahrbahn möglich war. Feinarbeiten wie der Einbau von Frostschutzschichten und das Anlegen der Bankette wurden bewusst zurückgestellt.

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