Nach 70 Jahren klärt sich ein Soldatenschicksal: Vermisstenforscher bergen bei Lampaden Überreste eines SS-Gebirgsjägers

Lampaden · Bei dem gefallenen Soldaten, dessen Überreste am Wochenende bei Lampaden gefunden wurden, könnte es sich um einen Mann aus der Nähe von Ulm handeln, der im März 1945 im Alter von 22 Jahren von einer Granate tödlich getroffen wurde. Die Arbeitsgruppe Vermisstenforschung hat am Donnerstag weitere Indizien gefunden, die diese Vermutung stützen.

 Uwe Benkel hat zusammen mit Christopher Kiel, Hans Heller und Moritz Daloia (von links) von der Arbeitsgruppe Vermisstenforschung erneut die Stelle untersucht, an der die Überreste eines Soldaten gefunden wurde. Auch ein zerborstener Helm und das Stück einer Granate hatten unter der Erde gelegen. TV-Foto: Axel Munsteiner

Uwe Benkel hat zusammen mit Christopher Kiel, Hans Heller und Moritz Daloia (von links) von der Arbeitsgruppe Vermisstenforschung erneut die Stelle untersucht, an der die Überreste eines Soldaten gefunden wurde. Auch ein zerborstener Helm und das Stück einer Granate hatten unter der Erde gelegen. TV-Foto: Axel Munsteiner

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Auf den ersten Blick scheint es, als würde ein kleines Stück Holz auf Uwe Benkels Hand liegen. Dem ist aber nicht so. Nach Aussage des Leiters der ehrenamtlichen Arbeitsgruppe Vermisstenforschung ist es wahrscheinlich ein weiterer Knochensplitter von einem deutschen Soldaten, der Anfang März 1945 bei den Kämpfen gegen US-Truppen am Dreikopf fiel. Benkel und seine Mitarbeiter sind am Donnerstag für Nachsuchungen zu der Stelle in der Nähe von Lampaden zurückgekehrt, wo sie am Wochenende in einer Notbergung die sterblichen Überreste des Angehörigen der sechsten SS-Gebirgsjägerdivision Nord gesichert hatten (der TV berichtete).Knochen und Erkennungsmarke


Hobbyschatzsucher, die in Umfeld des Dreikopfs nach militärischen Relikten aus den Kriegszeiten suchten, hatten bereits einige Zeit zuvor diesen Fundort entdeckt und sich daran zu schaffen gemacht. "Wir wurden darauf durch einen anoymnen Hinweis in Internet aufmerksam", sagt Benkel. Bei der Notbergung war die Gruppe in circa einem halben Meter Tiefe auf mehrere Knochenteile, aber auch auf die Erkennungsmarke des Toten gestoßen. Diese 70 Jahre alten Überreste und persönlichen Gegenstände des gefallenen Soldaten wurden danach der Polizei in Saarburg übergeben.

Am Donnerstag ist Benkel wieder vor Ort, um "weiteren Raubgrabungen vorzubeugen und alles zu sichern". Zudem haben ihm die Hobbyschatzsucher Dinge ausgehändigt, die sie nach dem Fund einfach mitgenommen hatten. Zum Beispiel den in drei Teile zerborstenen Helm des Soldaten und das Stück einer amerikanischen Granate, die den Mann in seiner Stellung vermutlich getroffen und getötet hat. Auch ein Verwundetenabzeichen gehört dazu. "Das ist ein weiteres wichtige Beweisstück, das bei der Identifizierung des Vermissten hilft", betont Benkel. Zwar gibt es eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die gefundenen Überreste mit den Angaben auf der Erkennungsmarke übereinstimmen. Die Identität des Toten müsse aber erst zweifelsfrei geklärt werden. Deshalb nennt Benkel auch noch nicht den Namen des Soldaten. Es sei aber vermutlich ein junger Mann aus der Nähe von Ulm, der im Alter von 22 Jahren bei Lampaden sein Leben verlor.

Auch die Fundstücke vom Donnerstag hat die Gruppe noch abends bei der Saarburger Polizei abgegeben. Das bestätigt ein Sprecher am Freitag auf TV-Anfrage. Die persönlichen Gegenstände des getöteten Soldaten werden in der Dienststelle aufbewahrt. Die am Wochenende gefundenen sterblichen Überreste hat die Saarburger Polizei inzwischen dem Institut für Rechtsmedizin an der Uni Mainz übergeben, das das Alter der Knochen bestimmt und weitere forensische Untersuchungen vornimmt.

Die Saarburger Polizei und der Landesverband des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge haben das weitere Vorgehen abgesprochen. Bis von der amtlichen Dienststelle in Berlin der offizielle Nachweis über die Identität des Vermissten vorliegt, bleiben seine persönlichen Gegenstände und die sterblichen Überreste, die nach der Untersuchung in Mainz zurückgeschickt werden, in Saarburg. Wenn es Angehörige gibt, erhalten sie die persönlichen Gegenstände. Laut Landesgeschäftsführer Diego Voigt würde mit ihnen auch besprochen, wo der Tote beigesetzt werden soll (siehe Extra)

Die Saarburger Polizei nimmt den aktuellen Fund in Lampaden derweil zum Anlass, sich an Hobbyschatzsucher zu wenden. Wer ohne Genehmigung der Grundstückseigentümer grabe, begehe Hausfriedensbruch. Es sei auch strafbar, wenn sie Fundstücke wie Münzen einfach an sich nehmen und nicht bei den Behörden abgeben würden. Zudem weist der Saarburger Polizeisprecher darauf hin, dass sich Militaria-Schatzsucher in Gefahr begeben, wenn sie im Wald oder auf der freien Flur bei Grabungen auf Blindgänger stoßen sollten. Davon gibt es im Umfeld des Dreikopfs wahrscheinlich noch viele. So entdeckten Anfang 2014 Spaziergänger in der Nähe von Zerf sieben US-Fliegerbomben, die anschließend entschärft wurden.Extra

 Wichtiges Beweisstück: die Erkennungsmarke des Soldaten. Foto: Uwe Benkel

Wichtiges Beweisstück: die Erkennungsmarke des Soldaten. Foto: Uwe Benkel

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In Rheinland-Pfalz kommt es nach Auskunft von Diego Voigt, Landesgeschäftsführer des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge, pro Jahr nur noch etwa "drei bis vier Mal" vor, dass sterbliche Überreste von deutschen Soldaten aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden werden. Bundesweit gab es 2014 aber noch 521 Fälle. In Russland sogar 19 000. Laut Voigt werden nach wie vor eine Million deutsche Soldaten vermisst. Allein in Rheinland-Pfalz gibt es 664 Kriegsgräberstätten. Auf einer von ihnen - "am sinnvollsten in der Nähe seines Sterbeorts" - sollte auch der getötete Soldat beigesetzt werden, der nun nahe Lampaden gefunden wurde, sagt Voigt. Er gehe davon aus, dass diese Beisetzung in etwa einem halben Jahr erfolgen könne. ax

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