Neue Kabel in Hermeskeil, aber nicht fürs schnelle Internet

Hermeskeil · Das Unternehmen RWE verlegt demnächst am Lascheider Hof in Hermeskeil freiliegende Stromleitungen in die Erde. Der perfekte Zeitpunkt, um die Häuser auch gleich ans Glasfasernetz für schnelles Internet anzuschließen, findet ein Anwohner. Ganz so einfach ist das allerdings nicht - wie TV-Recherchen ergeben haben.

 Robert Röll kniet neben einer orangefarbenen Markierung vor seinem Haus im Lascheider Hof. Sie zeigt an, wo die über den Dächern verlaufende Stromleitung (kleines Bild) in die Erde verlegt werden soll. TV-Fotos (2): Christa Weber

Robert Röll kniet neben einer orangefarbenen Markierung vor seinem Haus im Lascheider Hof. Sie zeigt an, wo die über den Dächern verlaufende Stromleitung (kleines Bild) in die Erde verlegt werden soll. TV-Fotos (2): Christa Weber

Foto: (h_hochw )

Hermeskeil. TV-Leser Robert Röll lebt gern im Lascheider Hof. Die kleine Siedlung am Rande der B 52, ehemals Hofgut und Grimburger Amtssitz, ist zwar kein eigenständiger Stadtteil von Hermeskeil. Aber die Bewohner der etwa 20 Häuser in der Sackgasse Lascheiderhof und entlang der Bundesstraße gelten als verschworene Gemeinschaft. Neuankömmlinge gibt es laut Röll allerdings kaum noch, "wir waren vor acht Jahren die Letzten". Einen möglichen Grund dafür sieht der 55-Jährige in der "dürftigen Internet-anbindung". Diese, glaubt er, ließe sich nun jedoch "ohne großen Aufwand" verbessern.

Anliegen des Lesers: Denn die RWE-Tochter Westnetz will demnächst die oberirdisch auf den Dächern verlaufenden Stromleitungen im Lascheiderhof (kleines Foto) in die Erde verlegen. Die dafür nötigen Tiefbauarbeiten, meint Röll, könne man nutzen, um die Grundstücke an das Glasfaserkabel für schnelles Internet bei Reinsfeld anzubinden: "Bis dorthin wird RWE ohnehin den Graben ziehen."
Für seinen Internetanschluss zahle er den Tarif für bis zu 6000 Megabit pro Sekunde Übertragungsgeschwindigkeit, sagt Röll. "Tatsächlich ist aber deutlich weniger." Vor allem am Wochenende dauere es "ewig", eine Internetseite zu öffnen, ergänzt seine Frau Gabi. Man könne zwar per Funktechnik "nachrüsten, aber das ist sehr teuer". Für die heutigen Bewohner sei das zwar nicht so wichtig, "weil viele schon recht alt sind", sagt Robert Röll. "Aber junge Leute können sich nicht vorstellen, ohne Internet hier zu leben". Dabei stünden einige Häuser leer. Auch den Nachwuchs der Bewohner ziehe es anderswo hin. Zurzeit, schätzt das Paar, leben noch etwa 30 Menschen am Lascheider Hof. "Und wenn man ihn für die Jüngeren nicht attraktiv macht, dann stirbt er allmählich aus." Deshalb erscheint den Rölls der Zeitpunkt günstig für eine Anbindung ans schnelle Datennetz - "wenn der Boden sowieso schon aufgebuddelt wird". Sie haben bei RWE und im Hermeskeiler Rathaus nachgefragt. Dort hieß es, dass ein solches Projekt nicht geplant sei. "Die Gründe dafür hat man aber nicht so recht genannt", sagt Robert Röll. Deshalb hat er den TV gebeten, der Sache nachzugehen.
Das sagt RWE: Auf Anfrage erklärt die RWE-Tochter Westnetz, dass im Lascheider Hof die Strom-Hausanschlüsse bei 25 Anwohnern in die Erde verlegt werden. Parallel dazu ersetze man zwischen Reinsfeld und Hermeskeil noch bestehende Freileitungsabschnitte im Mittelspannungsnetz durch leistungsfähigere Kabel. Diese Arbeiten dienten in erster Linie der Modernisierung des Stromnetzes, erklärt Sprecher David Kryszons. Vorsorglich würden aber auch Leerrohre verlegt, in die man später Glasfaserkabel einziehen könne. Vonseiten der RWE sei eine Anbindung ans Glasfasernetz jedoch "derzeit nicht geplant", teilt der Sprecher mit. Das nächst gelegene Netz in Reinsfeld gehöre der Telekom. Bis zum nächsten Anknüpfungspunkt an das RWE-Netz bei Hinzert-Pölert seien noch "viele Kilometer" zu überbrücken. Zudem sei die Trassenführung "nicht deckungsgleich" mit der, die für einen Anschluss ans Glasfaserkabel nötig wäre. Eine Erschließung sei derzeit "wirtschaftlich nicht vertretbar", teilt Kryszons mit. Zwar baue RWE bis 2017 ihr Netz bis in den nördlichen Teil der Verbandsgemeinde Hermeskeil aus. Aber auch dorthin wäre eine Anknüpfung mit hohen Tiefbaukosten verbunden.

Das sagt die Verbandsgemeinde: Laut VG-Verwaltung wurde die Internetanbindung bereits in einigen Orten ausgebaut - mit Hilfe von Förderprogrammen des Landes. Durch die Kooperation mit RWE würden 2016 im Bereich Rascheid/Geisfeld sechs weitere Dörfer ans Glasfasernetz angeschlossen. Ein Ausbau der Versorgung am Lascheider Hof sei nach aktuellen Richtlinien "nicht förderfähig", weil der Breitbandatlas ( www.zukunft-breitband.de ) für 95 Prozent der Haushalte sechs Mbit/Sekunde und mehr bescheinige. Das gelte im ländlichen Raum als "Grundversorgung". Falls man trotz der "relativ wenigen Haushalte" auf dem Lascheider Hof "überhaupt" einen Anbieter für den Ausbau finde, müsse die Stadt Hermeskeil die "Wirtschaftlichkeitslücke in voller Höhe" finanzieren - ein "unvertretbar hoher Aufwand".
Einen Hoffnungsschimmer sieht Bürgermeister Michael Hülpes allerdings: Der Landkreis Trier-Saarburg arbeite an einem Konzept für einen kreisweiten Ausbau der Internetversorgung (siehe Extra). "Für einen solchen großflächigen Ausbau wäre eine höhere Förderquote möglich", teilt Hülpes mit. Und es ließen sich auch "kleinere Siedlungsbereiche" wie der Lascheider Hof" in ein Gesamtprojekt einbeziehen.

Reaktion des Lesers: Robert Röll will auf den Kreis keine allzu großen Hoffnungen setzen: "Jetzt ist die einmalige Chance, die so schnell nicht wiederkommt. Ich erwarte nicht, dass sich später noch etwas tun wird." Dass am Lascheider Hof langfristig der "Verlust eines historisch bedeutsamen Orts" drohe, sei für ihn "Grund genug, hier etwas Geld in die Hand zu nehmen".Meinung

Ohne Geld geht es nicht
Für die Entwicklung am Lascheider Hof ist die Qualität der Internetverbindung sicher nicht der allein ausschlaggebende Punkt. Die Bewohner werden älter, ihre Kinder ziehen aus, für leerstehende Häuser finden sich nicht sofort neue Besitzer. Diese Anzeichen des demografischen Wandels zeigen sich auch in anderen Orten auf dem Land. Und dafür gibt es sicher weit mehr Gründe als langsames Internet. Dennoch darf man nicht unterschätzen, wie wichtig schnelles Internet heutzutage bei der Wohnungssuche ist. Im Beruf wie auch im Privaten sind es die Menschen gewohnt, mit ihrem Smartphone überall und jederzeit ins Netz zu gehen. Sie schauen dort Filme und Serien, spielen aufwendige Spiele oder telefonieren übers Internet. Wenn der Anschluss das nicht hergibt, ist man abgehängt. Klar ist aber auch: Nicht nur am Lascheider Hof hinkt die Internetversorgung den stetig steigenden technischen Möglichkeiten hinterher. Obwohl sich in Sachen Breitbandausbau zuletzt viel getan hat in der Region, sind noch viele kleinere Orte und Siedlungen unterversorgt. Der Knackpunkt sind meist die hohen Kosten für das Verlegen der Kabel. Den Anbietern, die oft nur wenige Anschlüsse vermarkten können, kann man ihre Zurückhaltung bei diesen teuren Investitionen nicht verübeln. Hier ist die öffentliche Hand gefragt. Die Landesregierung will bis 2018 flächendeckend 50 Mbit pro Sekunde bereitstellen. Nur wenn sie dafür tatsächlich viel Geld in die Hand nimmt, besteht auch für Anwohner in Bereichen wie dem Lascheider Hof Hoffnung. c.weber@volksfreund.deExtra

Neue Kabel in Hermeskeil, aber nicht fürs schnelle Internet
Foto: (h_hochw )

Der Landkreis Trier-Saarburg hat nach Auskunft von Pressesprecher Thomas Müller eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Darin soll untersucht werden, inwiefern ein mit den Verbandsgemeinden abgestimmter kreisweiter Ausbau der Internetversorgung "kleiner und kleinster Orte im Kreis machbar und finanzierbar ist". Angestrebt werde ein "einheitliches Vorgehen", um Hindernisse zu überwinden. Schwierig sei nicht allein die Finanzierung. Laut Müller ist es auch oftmals ein Problem, "dass die vorhandenen Netze unterschiedlichen Anbietern gehören". Durch ein abgestimmtes Konzept hoffe der Kreis, "Kosten zu senken" und zugleich "alternative Finanzierungsmöglichkeiten" zu finden. Erste Ergebnisse der Studie könnten im Spätsommer vorliegen. cweb

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