Nicht Bosheit, sondern Angst macht böse

Hermeskeil · Unter dem Titel "Entängstigt euch! Die Flüchtlinge und das christliche Abendland" warf Theologe Paul M. Zulehner einen erhellenden Blick auf die Ursachen von Furcht und Hass der heutigen Zeit.

 Paul M. Zulehner bei seinem Vortrag im Mehrgenerationenhaus Johanneshaus in Hermeskeil. TV-Foto: Ursula Schmieder

Paul M. Zulehner bei seinem Vortrag im Mehrgenerationenhaus Johanneshaus in Hermeskeil. TV-Foto: Ursula Schmieder

Foto: Ursula Schmieder (urs) ("TV-Upload Schmieder"

Hermeskeil. Sorgen und Ängste angesichts von Gewalteskalation und Flüchtlingsströmen - und Menschen, die das gezielt schüren. Mechanismen wie diese sind nicht erst seit der Zeit des Nationalsozialismus bekannt und greifen immer wieder. Hass-Prediger machen sich das zunutze. Sie beförderten Ängste, "um sie zu bewirtschaften", sagte der Theologe Paul M. Zulehner in seinem Vortrag "Entängstigt euch! Die Flüchtlinge und das christliche Abendland" im Mehrgenerationenhauses (MGH) Hermeskeil. Und das sei gefährlich. Denn nicht Bosheit mache böse, sondern Angst. Gegensteuern könnten eine transparente "Politik des Vertrauens", breite Bildung und möglichst viele Möglichkeiten, einander zu begegnen. Nicht das Bekannte, sondern das Unbekannte ängstige. Hetze gegen Flüchtlinge grassiere vor allem dort, wo nur wenige lebten. Beschämend auch für Europa seien die erfolglosen Bemühungen um einen Waffenstillstand in Syrien. Daher brauche es einen Masterplan statt zunehmender Waffenexporte vieler Länder - "eine ganz große Wunde der Menschheit".
Bei den etwa 70 Zuhörern, vorwiegend Menschen, die sich privat oder beruflich in der Flüchtlingshilfe engagieren, traf das auf Zustimmung. Ebenso wie Zulehners Apell, nicht die schlechten Nachrichten, sondern positive Geschichten zu verbreiten.
Allerdings sei es schwierig, Leute aus ihrer Hass-Ecke heraus zu bekommen, und Ängstliche scheuten Begegnungen, gaben zwei Männer zu bedenken.
Die aktuelle Stimmung verunsichere inzwischen sogar engagierte Helfer, bedauert Andreas Flämig, vom Caritas-Sozialdienst Trier. Für Stefan Grundhöfer aus Hentern steht fest: "Man sollte auf die Menschen zugehen", wozu Feste gute Gelegenheiten bieten würden. Lucienne Marthaler, aus Kamerun stammende Deutsche, wünscht sich mehr Mitgefühl - auf beiden Seiten: "Die Verletzungen, die wir alle haben, können nur mit Liebe geheilt werden", sagte die Trierer Architektin.
Sie lebt seit 29 Jahren in Deutschland, anfangs in der damaligen DDR, wo sie in Dresden den Fall der Mauer erlebte. Die evangelische Pfarrerin Heike Diederich war beeindruckt vom Engagement des ihr bisher nur aus Büchern bekannten Referenten für Menschlichkeit. Er habe zwar auch nicht "die Patentlösung", habe ihnen aber sehr viel Mut gemacht, kommentierte MGH-Leiter Christoph Eiffler. urs

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