Offen für ein verschlossenes System

GUSENBURG. Die erste Verschluss-Brennerei im Schwarzwälder Hochwald eröffnet in Kürze in der Gemeinde Gusenburg. Der Familienbetrieb Markus Ludwig setzt damit nicht allein auf Fortbestand des Traditionsbetriebes, sondern auch auf eine Spezialisierung in Richtung Qualitäts-Brennerei.

Im Familienbetrieb Ludwig an der Gusenburger Hauptstraße hat das Brennen Tradition. In der dritten Generation verwandelt nach seinem Großvater und dem Vater nun Junior Markus Ludwig (34) Stein- und Kernobst in Destillate, wie es in der Fachsprache heißt. Der Verbraucher findet die hochprozentigen Wässerchen als Obstbrände, Spirituosen und Fruchtliköre im Getränkeregal wieder. "Ich bin meinem Vadder mit in de' Schnaps gefalle'", erläutert der 34-Jährige auf Gusenburger Platt seinen Bezug zu dem ungewöhnlichem Beruf. Von klein auf habe er die Tätigkeit seines Großvaters und Vaters mitbekommen und daran Gefallen gefunden. Seit 1989 ist Ludwig mit im Betrieb, vor drei Jahren hat er ihn von seinem Vater übernommen. Übernommen hat er die so genannte Abfindungsbrennerei - das System, das derzeit unter den Brennereien wohl noch am verbreitetsten ist. Abgesehen vom Brennrecht, das die Betriebe als grundsätzliche Voraussetzung besitzen müssen, das aber auch vererb- und veräußerbar ist, müssen die Brenner bei der Abfindungsbrennerei jedes Brennen fünf Werktage vor der Aktion bei der zuständigen Behörde in Stuttgart beantragt haben. Gebrannt werden darf ausschließlich zu staatlich vorgegebenen Zeiten. Zu versteuern sind die Destillate erst nach dem Verkauf. Auf eigenen Namen dürfen die Betriebe mit Abfindungsbrennereien pro Brennjahr, das nicht identisch ist mit dem Kalenderjahr, maximal drei Hektoliter produzieren. Anders bei den Verschlussbrennereien. Dort können sich die Brenner zusätzliche Brennrechte kaufen und sind hinsichtlich der Menge und des Brenn-Zeitpunktes nicht eingeschränkt. Das war auch das Argument für Markus Ludwig, sich im vergangenen Jahr nach einer entsprechenden Anlage umzusehen. In Hannover ist er fündig geworden, hat dort ein gebrauchtes System gekauft, abgebaut und in Gusenburg wieder aufgebaut. Wie auch beim Abfindungs-System, wird die Maische in einem 150-Liter-Kupfer-Kessel erhitzt, anschließend trennt sich in der so genannten Kolonne der Alkohol vom Wasser. Er wird in einem Röhrenkühler gekühlt, in Vor- und Nachlauf-Sammelgefäßen werden produktfremde Extrakte abgeschieden. Der so genannte Mittellauf ist der richtige Brand. Er wird Tropfen für Tropfen von einer Uhr - in der Fachsprache Einheitsproben-Nehmer (EPN) - registriert. Einmal im Monat stattet der Zoll dem Brenner einen Besuch ab und erfasst mittels des EPN die gewonnene Destillat-Menge. Die spezielle Uhr sowie alle Zuläufe, Rohre, der Kessel und die Kolonne sind verplombt, so dass der Brenner nicht manipulieren kann - daher auch die Bezeichnung Verschlussbrennerei. In etwa vier Wochen soll's losgehen mit der Verschlussbrennerei im Ludwigschen Betrieb. Zuvor muss der Zoll noch den EPN vermessen. "Neben dem großen Vorteil, dass ich praktisch unbegrenzt brennen kann und das, wann ich möchte, erhoffe ich mir vor allem, dass wir uns stärker als Qualitäts-Brennerei positionieren können", sagt Markus Ludwig. Auf Edelbrände - etwa aus Mirabellen, Kirschen und Birnen - möchte er den Schwerpunkt verlagern, daneben weiterhin Obstbrände und Spirituosen wie Wacholder, Aquavit oder Magenbitter produzieren.Liefern auch an Verbrauchermärkte

Seine Abnehmer liegen im regionalen Umfeld, zudem beliefert Ludwig viele Verbrauchermärkte bis ins Saarland, Grossisten sowie private Kunden. Ludwig: "Wir versenden bis an den Bodensee. Das sind meist Kunden, die in unserer Ecke mal Urlaub gemacht und uns auf diese Weise kennen gelernt haben." Auch "touristisch" soll mit der neuen Anlage etwas "herausspringen". "Ich würde gerne für interessierte Einzel- oder Gruppen-Besucher hin und wieder mal ein Schau-Brennen mit kleiner Verkostung anbieten. Die Tatsache, dass ich jederzeit brennen kann, macht dies ja möglich." Verschlossen zeigt sich in dem Familienbetrieb also lediglich die Anlage - Markus Ludwig hingegen ist offen für neue Wege.

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