"Ohne Computer läuft nichts im Kuhstall"

REINSFELD. Beate Reichert hat sich vor 22 Jahren für ein Leben als Bäuerin entschieden. Trotz "mancher Hürde, die Landwirte immer wieder nehmen müssen", liebt sie ihren Beruf, der sie täglich neu herausfordert.

Als Teenager hätte Beate Reichert nicht gedacht, dass sie Computer und Kühe jemals in einem Atemzug erwähnen würde. Mit 16 Jahren stand für die Reinsfelderin, die auf dem Eichhof groß wurde, fest, "ich möchte in der Landwirtschaft arbeiten." Damals gab es dort noch Kühe, Pferde, Schweine und Hühner. Und viel Arbeit, "aber es war weniger hektisch". Das Leben und Arbeiten inmitten und mit der Natur faszinierte sie damals und heute immer noch. Sie machte eine Ausbildung in der ländlichen Hauswirtschaft und legte die Meisterprüfung ab. Ihr Mann Hans-Peter, ein Bauschlosser, ließ sich in Abendkursen zum Landwirt ausbilden, um das Unternehmen mit seiner Frau führen zu können. Ganz fremd war ihm das "Bauersein" nicht. Seine Eltern hatten einen Nebenerwerbsbetrieb in Korlingen, den das Ehepaar ausbaute. "Da es ohne Spezialisierung heute nicht mehr geht", setzten die Reicherts in Korlingen auf Limousin-Mutterkuh-Haltung und zuhause, in Reinsfeld, auf Milchviehhaltung. Jeden Morgen um 6 Uhr beginnt der Arbeitstag der 38-Jährigen. Geweckt von der inneren Uhr, steht die Mutter von Angelina (11) und Fabian (8) pünktlich im Boxenlaufstall. Ihre Arbeitskleidung: Kittel und Gummistiefel. Erst melkt sie vor, um zu sehen, ob die Milch in Ordnung ist. Dann wird den 85 Kühen das Melkzeug angehangen. Nach zwei Stunden reinigt sie den Melkstand, füttert die Kälber und kontrolliert die Tiere. Neben der Grundration aus Gras-, Maissilage und Heu "gibt es für alle Tiere bis zu sieben Mal pro Tag einen Nachtisch". Alle Kühe tragen ein Halsband mit Sender. Beim Eintritt in die Computerfütterungsstation weiß der Rechner ganz genau, wieviel Futter beispielsweise "Nummer 82" bekommt. Vielfraße haben keine Chance. Nach der Tagesration ist Schluss, "dann wird nichts mehr ausgeschüttet". "Alle vier Wochen wird die Futterzuteilung nach Milchleistung und ihren Inhaltsstoffen neu gemessen", sagt die Frau der Tat. Die gesamte Familie packt an

Besonders freut sie sich während der Siebentagewoche auf den Donnerstag, Freitag und Samstag. Dann ist sie im Hofladen anzutreffen. Sie verkauft Limousin-Rindfleisch, Kalb- und Schweinefleisch, Honig, Eier, Äpfel und Kartoffeln. "Der Umgang mit den Kunden macht mir sehr viel Spaß", sagt Beate Reichert. Wenig Lust hingegen bereitet ihr die Büroarbeit. Im Büro stapeln sich Ordner. Mindestens einen Tag in der Woche opfert sie, um die Auflagen zu erfüllen. "Auch hier geht ohne Computer nichts mehr." Trotz vielfältiger Veränderungen, mangelnder Lobby ihres Berufsstandes und dem Preisverfall landwirtschaftlicher Produkte, liebt die junge Bäuerin ihre Arbeit und das Leben in der Großfamilie auf dem Eichhof. "Meine Eltern und der Schwiegervater packen mit an." Vor allem die Selbständigkeit und dass sie Familie und Beruf - "ich bin ja immer zuhause" - gut vereinbaren kann, schätzt das flexible Organisationstalent.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort