Projekt mit Modellcharakter

GRIMBURG. Nur eine Vision oder bald Wirklichkeit? Grimburg soll sich zu einem "Bioenergiedorf" entwickeln. Welche Vorstellungen sich konkret hinter diesem Projekt verbergen, erfuhren die Einwohner bei einem Info-Abend im Bürgerhaus.

Das Problem betrifft alle Verbraucher in Deutschland, gilt aber auch in Grimburg: Die rasante Verteuerung der Energiepreise für endliche Ressourcen bedeutet für fast jeden Haushalt, dass die Rechnungen für Heizöl oder Erdgas immer höher werden und auch die Stromkosten stetig steigen. Franz-Josef Weber hat ausgerechnet, dass über den Daumen gepeilt allein an Heizkosten in den zirka 200 Grimburger Haushalten jährlich rund 300 000 Euro anfallen. "Dieses Geld verschwindet unwiderruflich aus dem Dorf und geht nach Saudi-Arabien", sagt der Ortsbürgermeister. Sollte es indes gelingen, Energie aus Rohstoffen zu gewinnen, die vorhanden sind, dann "könnten wir einen örtlichen Wirtschaftskreislauf schaffen, bei dem das Geld im Dorf bleibt. Wenn außerdem klar ist, dass man in Grimburg billiger heizen kann als anderswo, wäre das für uns ein Standortvorteil als Wohngemeinde". So lautet der Ansatz, mit dem Weber bei einer Bürgerversammlung für das Projekt "Bioenergiedorf" werben wollte.Angebot aus Mainz: Land finanziert Studie

Zwar steht man im Hochwaldort am Anfang dieses Prozesses und ob aus der Vision jemals Wirklichkeit wird, ist noch offen. Aber, so Karl Keilen vom Mainzer Umweltministerium: "Für uns könnte Grimburg ein Modell sein, wie eine typisch ländliche Gemeinde ihren Wärme- und Stromverbrauch zu 100 Prozent aus regenerativen Rohstoffen abdeckt. Wir halten das für machbar." Keilen brachte deshalb das Angebot mit, dass das Land unabhängig von einer späteren Umsetzung eine Machbarkeitsstudie für das Projekt finanziert. Sie würde Lösungen und technische Konzepte aufzeigen und einen Wirtschaftlichkeitsvergleich zu konventionellen Energieträgern beinhalten. Thomas Anton vom Umwelt-Campus Birkenfeld hält Grimburg nicht nur grundsätzlich geeignet für ein solches Vorhaben. Er stellte den rund 30 Zuhörern im Bürgerhaus bereits erste Überlegungen vor, wie in Grimburg ein Nahwärmenetz installiert werden könnte. Demnach würde ausgehend von einer Heizzentrale durch ein Rohrsystem Energie und Wärme an die einzelnen Haushalte verteilt. In diesem Zusammenhang spielt der geplante Ausbau der Kreisstraße 76 eine wichtige Rolle. Denn im Zuge dieser Arbeiten könnten die Rohre verlegt und damit Synergieeffekte erzielt werden, so Keilen. Dem Verbraucher würde dann die Entscheidung obliegen, ob er sich an das Netz anschließen lässt oder seine eigene Heizanlage beibehält.Holz und Biogas als Energielieferanten?

Was die Formen der Energiegewinnung angeht, gibt es im gegenwärtigen Stadium eine "enorme Breite von Möglichkeiten" (Keilen). Allerdings könnte es in Grimburg auf ein Mischsystem hinauslaufen. Denkbar wäre der Bau einer Biogas-Anlage. Nachwachsende, landwirtschaftliche Rohstoffe wie Gülle, Gras oder Mais würden in diesem Fall die Grundlast der Energieversorgung tragen. Eine Holzhackschnitzelzentrale könnte als Spitzenlastträger den zusätzlichen Bedarf abdecken. Als Lieferanten für eine Biogas-Anlage hätten fünf Landwirte aus Grimburg und Gusenburg Interesse bekundet, betonte Weber. Die Diskussion im Bürgerhaus zeigte aber, dass es noch viele offene Fragen auf dem Weg zu einem möglichen "Bioenergiedorf Grimburg" gibt. So müsste etwaein externer Investor gefunden werden, der die Biogas-Anlage betreibt. Denn: "Keiner der Landwirte ist bereit, selbst zu investieren", war im Bürgerhaus zu hören. Skeptisch äußerten sich auch einige Grimburger, weil ihnen der zur Verfügung stehende Zeitraum für eine Umsetzung des Projekts als zu kurz erscheint. "Ich sehe keinen Sinn darin, deswegen den Ausbau der Kreisstraße zu verzögern", sagte beispielsweise das CDU-Gemeinderatsmitglied Margit Erdmann. Keilen sah diesen Handlungsdruck aber als nicht gegeben an und kündigte an, dass in spätestens drei Monaten die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie vorliegen könnten. Deshalb plädierte Ortschef Weber am Ende des Abends auch dafür, dass der Gemeinderat in seiner nächsten Sitzung eine "politische Willenserklärung" abgeben und die Studie in Auftrag geben sollte.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort