Rückenschule im Konferenzraum

HERMESKEIL/REINSFELD. "Mach mit, bleib fit" lautete das Motto des Gesundheitstages bei Siegenia-Aubi in Reinsfeld. Doch der kostenlose Check ist nur ein Teil des Gesundheitsmanagements. Bei der Firma für Beschlag- und Lüftungstechnik können die Mitarbeiter Kurse wie Rückenschule, Entspannungstechnik, Augenschule und Step-Aerobic belegen.

Marion Heinz legt der Frau, die ihr gegenüber sitzt, das Blutdruckmessgerät um den Oberarm. Es pumpt für einige Sekunden, dann zeigt es das Ergebnis an. "Sind Sie ein bisschen aufgeregt?", fragt die Frau von der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK). "Nein", antwortet Agnes Friedrich. Marion Heinz rät ihr, einen Arzt aufzusuchen - nur zur Sicherheit.Agnes Friedrich ist eine von 100 Mitarbeitern der Firma Siegenia-Aubi, die sich zum Gesundheitstag angemeldet haben. Wie ihre Kollegen, ist sie heute in ihrer Freizeit in die Kantine des Beschlag- und Lüftungstechnikunternehmens in Reinsfeld gekommen. "Das sollte sich keiner entgehen lassen", sagt die Metallarbeiterin, die neben ihrem Blutdruck nun auch ihre Blutzucker und -fettwerte kennt.Vorsorge für Körper und Seele

Der Gesundheitstag, organisiert von der AOK und unterstützt vom Hermeskeiler Sanitätshaus Brust, das Venenmessungen anbietet, ist nur ein Baustein im Gesundheitskonzept der Firma Siegenia-Aubi. "Wir wollen auf die politische Situation und die Gesundheitsreform reagieren und die Mitarbeiter zu aktiver Gesundheitsvorsorge anregen. Ziel ist ein ganzheitliches Gesundheitsmanagement", erklärt Betriebsratsvorsitzender Michael Sellmann.Seit mehr als einem Jahr engagiert er sich für seine Idee, die auf einer Geburtstagsfeier entstand, als er mit dem Physiotherapeuten und medizinischen Arbeitsplatzberater Andreas Cornely zusammentraf. Gemeinsam erarbeiteten sie ein Konzept und befragten Mitarbeiter. Das Ergebnis der Befragung ist ein innovatives, firmeninternes Kursusangebot für die Mitarbeiter. Wer Probleme mit dem Rücken hat, kann in der "Rückenschule" seine Muskeln stärken. Wer unter Stress leidet oder zuhause schlecht abschalten kann, lernt im Kursus "Entspannungstechniken", die Nerven zu schonen.Zusätzlich gibt es auch einen Kursus "Augenschule": Waltraut Kratz, eine Mitarbeiterin, hat sich dafür weiterbilden lassen. Die Rolle der Augen wird ihrer Meinung nach unterschätzt. Entspannung für die Augen bedeute nämlich auch Entspannung für Nacken, Schultern und Rücken.60 Schichtmodelle und 600 Mitarbeiter mussten bedacht werden. Aber auch das konnten die Organisatoren regeln: So beginnt ein Kurs zum Beispiel um 13.30 Uhr, ein anderer soll demnächst für die Spätschicht um 21 Uhr beginnen.Ganz umsonst ist der Service nicht. Die Kosten werden gedrittelt. Ein Drittel trägt die Krankenkasse, ein Drittel der Arbeitgeber, ein Drittel der Arbeitnehmer. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer nachweislich acht Mal teilgenommen hat. "Manche Krankenkassen bezahlen sogar 80 bis 100 Prozent", erzählt Sellmann. Die restlichen Kosten teilen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer.Erste Schritte in diese Richtung ging die Firma bereits 1997 mit so genannten Gesundheitszirkeln. Damals verbesserte man nach Rücksprache mit den Mitarbeitern die Bedingungen an den Arbeitsplätzen. So war Gesundheitsprävention schon länger ein Thema, das aber erst im vergangenen Jahr als nachhaltigeres Angebot angelegt wurde.Auch 2004 werden bei Siegenia-Aubi wieder die Konferenzräume ausgeräumt, um Platz fürs Training zu schaffen: Die neueste Kursusidee trägt guter Kondition Rechnung: "Step Aerobic". Und der psycho-soziale Bereich soll auch langfristig angegangen werden: "Hilfestellung bei Alkoholismus oder Depressionen wollen wir bieten. Kontaktadressen weitergeben, alles ganz diskret natürlich", sagt Sellmann, denn er ist überzeugt, dass der Spruch: "Eine gesunde Seele wohnt in einem gesunden Körper" auch umgekehrt gilt.

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