Streitfall Schulsanierung

Diese Aussagen des Bürgermeisters schmeckten dem Realschulrektor überhaupt nicht: Nach der Sitzung des Verbandsgemeinderats, der sich mit der Sanierung und der Raumnot in der Schule beschäftigte, übt Hans-Joachim Gärtner offene Kritik an Michael Hülpes.

Hermeskeil. Die Schullandschaft in der Hochwaldstadt steht vor großen Umwälzungen. Seit das Land vor kurzem das Aus für die Hauptschule und die Einführung der "Realschule plus" angekündigt hat, steht diese Tatsache fest (siehe Hintergrund). "Wir haben durch diese Reform direkte Auswirkungen zu erwarten", betonte Bürgermeister Michael Hülpes im VG-Rat. Noch ist es Zukunftsmusik, wie im Hermeskeiler Schulzentrum Rektor-Bach-Hauptschule (aktuell 259 Schüler) und die direkt benachbarte Erich-Kästner-Realschule (915) konkret zusammengeführt werden.Zu wenig Platz für 915 Schüler

Fakt ist: In der Hauptschule ist das Raumangebot ausreichend. In der Realschule herrscht akute Platznot. "Wir haben die Grenzen der Belastbarkeit erreicht", sagt Realschulrektor Hans-Joachim Gärtner und nennt ein Beispiel. 155 Kinder gehen derzeit in die fünfte Klasse. An sich würde das eine Einteilung in sechs verschiedene Klassen erfordern. "Wir haben aber keinen sechsten Klassenraum. Deshalb gibt es nur fünf fünfte Klassen". Weil nicht genug Platz ist, müssen einige Klassen zudem für den Unterricht ins Untergeschoss ausweichen. Das Fazit von Gärtner: "Wir nutzen Räume, die nicht den Sicherheitsbestimmungen entsprechen."Umso mehr ärgert sich der Pädagoge über die Aussagen von Hülpes im VG-Rat. Der CDU-Politiker betonte zwar, dass die Betonsanierung und die Erneuerung der Fenster im Innenhof (Atrium) zügig umgesetzt werden und die Arbeiten im Frühjahr 2008 beginnen. Die Planungen für die vorgesehene Überdachung des Atriums habe man nach Bekannt werden der Schulstrukturreform aber gestoppt. "Wenn wir nur noch eine Schule haben, ergeben sich neue Möglichkeiten. Bei Kosten von 500 000 Euro sollten wir überdenken, ob die Überdachung dann noch unbedingt erforderlich ist", sagte Hülpes. Widerspruch kam selbst aus der eigenen Partei: "Wir haben diese Sache in Auftrag gegeben und sollten jetzt nicht hingehen und Mittel einfrieren, die wir schon bereit gestellt haben", betonte CDU-Fraktionssprecher Engelbert Philipp. Auch Gärtner zeigt kein Verständnis für diese Entscheidung. Er verweist darauf, dass bei der geplanten "Realschule Plus" die Klassen-Messzahl bei 25 Schülern liegt. "Wir müssten also neunzügig unterrichten". Hinzu komme, dass auch die Realschule - wie es an der Hauptschule schon der Fall ist - auf Ganztagsbetrieb umstellen will. "Wo sollen später 200 bis 300 Schüler verköstigt werden? Mit der Überdachung des Atriums könnten wir Platz schaffen", argumentiert Gärtner. Ihm gehen zudem die derzeit vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen nicht weit genug. Der Schulelternbeirat, in dem einige Architekten vertreten sind, habe eine Bestandsaufnahme vorgenommen. Das Ergebnis: eine Mängelliste mit mehr als 30 Punkten. "Wir schätzen, dass der Renovierungsbedarf bei fünf bis sechs Millionen Euro liegt", sagt Gärtner. Deshalb kann der Rektor nicht verstehen, dass im VG-Rat die Frage von SPD-Sprecher Uwe Roßmann, ob die Entwicklung nicht auf den Bau eines komplett neuen Schulzentrums hinauslaufe, von einigen Ratsmitgliedern mit Gelächter bedacht wurde. "Es lohnt sich, ernsthaft darüber nachzudenken. Der Sanierungsstau, die langfristigen Sanierungskosten und der zukünftige pädagogische Bedarf werden so manchen Lacher verstummen lassen", sagt Gärtner. Meinung Zusagen sollten eingehalten werden Um das Klima zwischen der Schule und Bürgermeister Hülpes, der den Schulträger personifiziert, könnte es wahrlich besser bestellt sein. In der Debatte, wie viel Sanierung an der Realschule nötig ist, hat sich der Ton jedenfalls merklich verschärft. Klar ist: In dem Gebäude aus den 1970er Jahren hat sich ein großer Renovierungsstau gebildet. Sie platzt zudem fast aus allen Nähten. Hülpes darf man sicher zugestehen, dass er mit Blick in die VG-Kasse und vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und der kommenden Zusammenlegung von Haupt- und Realschule alle Investitionen auf ihre langfristige Notwendigkeit überprüfen muss. Aber: Hier und heute erwarten mehr als 900 Schüler und damit über 1800 Eltern von ihm, dass er Zusagen einhält und die Bedingungen an der Schule verbessert werden. Der VG-Rat hat vor einigen Monaten den klaren Auftrag erteilt, dass die Überdachung des Atriums angegangen wird. Wenn Hülpes diesen Beschluss nun ignoriert und alle Planungen auf Eis legen will, wird er nicht nur einen Schulleiter verärgern. Er tritt damit auch vielen potenziellen Wählern kräftig auf die Füße. a.munsteiner@volksfreund.deRealschule plus Die " Realschule plus" soll in Rheinland-Pfalz Haupt- und Realschule zusammenführen. Der Umbau dafür beginnt im Schuljahr 2009/10. Das System sieht nach der gemeinsamen Orientierungsstufe zwei Modelle vor: die Regionale Schule mit gemeinsamem (integrativem) Unterricht und die kooperative Realschule, die auf getrennten Wegen zum Haupt- und Realschulabschluss führt. Als Option können auf beide Modelle die Klassen 11 und 12 aufgesattelt werden, die mit der Fachhochschulreife (FHR) enden. Weil Experten dann eine Gefahr für die Berufsbildenden Schulen (BBS) sehen, ist Hülpes der Meinung, dass in Hermeskeil kein FHR-Bildungsgang an der "Realschule plus" eingerichtet werden sollte. "Wir sollten alle Schulformen am Standort vorhalten und brauchen die BBS." Gärtner kritisiert dieses Vorpreschen: "Der Bürgermeister hat die Schulgemeinschaft vorher nicht gefragt. Wir wollen uns als Realschule aber alle Optionen offen halten."

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