Taufe im Feldlager

HERMESKEIL. (jolo) Jahreshöhepunkt beim Katholischen Bildungswerk Johanneshaus ist die Festakademie. Bei der 36. Veranstaltung berichtete Militärpfarrer Hans-Georg Müller aus seinem Alltagsleben mit den Soldaten.

Zu Beginn regte der katholische Kirchenchor St. Martinus unter Rafael Klar mit den Liedern "Warum kein Frieden?" und "Unfriede herrscht auf der Erde" zum Nachdenken an. In die Thematik des Hauptredners führte Oberstleutnant Michael Nold von der Hermeskeiler Hochwaldkaserne ein. Er betonte, dass die Soldaten ein Anrecht darauf hätten, seelsorgerisch betreut zu werden. Die Militärseelsorger berieten beispielsweise Truppenführer in religiösen und ethischen Fragen und seien Anlaufstelle für alle Dienstgrade. Insbesondere sei die Präsenz der Geistlichen bei Auslandseinsätzen gefragt, wo zurzeit mehr als 6000 deutsche Soldaten ihren Dienst tun. Komme es zu Todesfällen, seien Profis vonnöten, die die Familien betreuten. So ein Profi ist Hans-Georg Müller, derzeit katholischer Standortpfarrer an der Niederauerbachkaserne in Zweibrücken. Im Hermeskeiler Johanneshaus berichtete er von seinem Alltagsleben mit den Soldaten. Der in Saarbrücken geborene Geistliche wirkte von 1993 bis 1996 in Hermeskeil. Obwohl für einen Militärpfarrer nach zwölf Jahren ,,Schicht im Schacht" ist, wurde seinem Ansinnen einer zweiten Amtszeit stattgegeben.Freundschaften während der Lagerzeit

Der Saarländer ist froh, im größten deutschen Jugendverband - 2000 Rekruten - mitzuwirken, um junge Menschen fit zu machen fürs Leben. Zu ihm kommen alle Dienstgrade, um in einer wohnlichen Umgebung über ihre Probleme und insbesondere über den Glauben zu sprechen. Gefragt ist seine Beratung nicht nur, aber vor allem bei Auslandseinsätzen. In Sarajewo oder im Kosovo hat Müller schon Dienst getan. Früher sechs und heute vier Monate rücken die Soldaten dann enger zusammen. ,,In dieser Lagerzeit sind schon viele Freundschaften entstanden, die bis heute halten", sagte Müller. Da passiere es schon einmal, dass ihm ein Oberfeldwebel auf die Schulter tippt und ihn fragt, ob er ihn taufen könne. Diesen Akt habe er letztens sogar dreimal ausgeübt bei drei 25-jährigen Soldaten aus dem Osten. Doch es passierten leider auch traurige Sachen. Seit die Bundeswehr ins Ausland befohlen wurde, sind 70 Soldaten tödlich verunglückt, 17 begingen Selbstmord. Mit 50 Dias zeigte der Militärpfarrer das soldatische Lager- und Außenleben im Ausland. Da sahen die Besucher unter anderem Kinder, die Prothesen anprobierten, Soldaten, die die Jugendlichen anhand eines Teddybären ohne Gliedmaßen auf die Minengefahr aufmerksam machten, ein 13-jähriges Mädchen, das kurz zuvor die Ermordung seiner Familie mit angesehen hat, oder die Eröffnung eines Kindergartens. Offene Ohren und Fingerspitzengefühl wird Müller wieder haben, wenn er im Herbst für vier Monate in Afghanistan ist. Ob in Bosnien, Kroatien, Sarajewo, Kosovo oder Afghanistan - eine große Rolle spiele die seelsorgerische Einsatzbegleitung vor Ort, sagte Müller. Wenn dann die Chefs der Soldaten mitspielten, könne Militärseelsorge Spaß machen, war das Fazit des Festredners. Die Leiterin des Bildungswerkes, Renate Wagner, bedankte sich für die Einblicke in die Militärseelsorge mit der Erkenntnis, dass Vertrauen nicht befohlen werden könne, sondern wachsen müsse.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort