Trotz Insolvenzverfahren des Bauherren Bürgerservice Trier: Züsch will Solarpark nach wie vor kaufen

Züsch/Trier · Die Gemeinde Züsch muss wegen der freiwilligen Insolvenz der gemeinnützigen Bürgerservice (BÜS) Gmbh Trier ihre Solarparkpläne nicht einstampfen: Sollte der Rat zustimmen, kann sie die Flächen-Photovoltaikanlage am Ortsrand übernehmen. Deren Bauherr ist der Bürgerservice. Er will das Eine-Million-Euro-Projekt bis Ende des Jahres fertigstellen.

 Da konnte noch niemand etwas vom bevorstehenden Insolvenzantrag ihres Auftraggebers ahnen: Joszef Filip (links) und Nicolae Cerei installieren im August für den Bürgerservice Trier die Module einer großen Photovoltaikanlage am Ortsrand von Züsch. TV-Foto/Archiv: Axel Munsteiner

Da konnte noch niemand etwas vom bevorstehenden Insolvenzantrag ihres Auftraggebers ahnen: Joszef Filip (links) und Nicolae Cerei installieren im August für den Bürgerservice Trier die Module einer großen Photovoltaikanlage am Ortsrand von Züsch. TV-Foto/Archiv: Axel Munsteiner

Foto: (h_hochw )

Züsch/Trier. Die vom Trierer Bürgerservice beantragte "Insolvenzeröffnung in Eigenverwaltung" schlägt Wellen bis in den Hochwald. Der Grund: Erst im August errichtete die gemeinnützige Gesellschaft (siehe Extra) am Ortsrand von Züsch eine rund eine Million Euro teure Flächen-Photovoltaik-Anlage (PV) am Ortsrand. Die Gemeinde peitschte die Umsetzung des Projekts auf einer 1,5 Hektar großen Wiese binnen kurzer Zeit durch, um sich so noch eben schnell Einspeisevergütungen zu sichern (der TV berichtete). Skeptiker staunten, als das tatsächlich gelang. Denn nach dem einstimmigen Ja des Ortsgemeinderates am 9. Juli mussten die PV-Module schon Ende August betriebsbereit montiert sein. Die Gemeinde, die sich eine Kaufoption vorbehielt, wollte bis Jahresende entscheiden, ob sie den "Solarpark Züsch" vom Bauherrn Bürgerservice übernimmt.Bau kostete eine Million Euro


Doch eben das schien fraglich, nachdem der TV am 8. Oktober vom Insolvenzantrag über das BÜS-Vermögen berichtete. Hoffnungen weckte nur, dass der Bürgerservice beantragte, eine Insolvenz "in Eigenverwaltung" zu eröffnen. Denn das birgt einen entscheidenden Unterschied zu einem herkömmlichen Insolvenzfahren. Das Unternehmen schreibt nämlich nicht etwa rote, sondern schwarze Zahlen, und das Auftragsbuch ist gut gefüllt. Das einzige Problem sind hohe Schulden.
Für den Firmensitz in der Monaiser Straße sind jährlich etwa 600 000 Euro abzutragen, was das ansonsten solvente Unternehmen immens belastet. Das Amtsgericht Trier bestellte daher keinen Insolvenzverwalter, sondern eine "insolvenzrechtliche Generalbevollmächtigte", Christine Frosch, und einen "vorläufigen Sachwalter", Rechtsanwalt Professor Thomas B. Schmidt.
Aufgabe der Trierer Rechtsanwälte ist es, die Gesellschaft zu entschulden. Und zwar gemeinsam mit der Geschäftsführung, deren Befugnisse unangetastet bleiben, was ein weiteres positives Zeichen ist. Frosch ist zuversichtlich, dass die Restrukturierung des Betriebes gelingt und möglicherweise schon Ende März 2016 abgeschlossen sein wird. Bestärkt darin sieht sie sich aus zwei Gründen. Zum einen hält auch das Gericht das von ihm angeordnete Eigenverwaltungsverfahren für geeignet, die Probleme zu lösen. Zum anderen, ist die Stadt Trier als entscheidender Träger nicht nur bereit, Geld auszugeben für den Bürgerservice. Sie hält das auch für unverzichtbar. Denn ohne die Gesellschaft dürften die Kosten und damit auch die Probleme für die Stadt eher anwachsen. Geschäftspartner wie die Ortsgemeinde Züsch müssen daher nicht in Panik verfallen.
Das macht auch Guido Joswig, Pressesprecher der Kanzlei von Rechtsanwalt Schmidt, deutlich. "Die Insolvenz hat auf das Projekt keinerlei Auswirkung", versichert er. Die bereits betriebsbereite Anlage werde wie vorgesehen im Laufe des Jahres "auftragsgemäß fertiggestellt". Im November werde noch die für Anfang des Monats bestellte Übergangsstation, die Verbindung zum öffentlichen Netz, installiert und angeschlossen. Unmittelbar danach könne die Anlage ans Netz gehen. "Der weitere Bauablauf entspricht der Planung", versichert auch Bürgerservice-Prokurist Gregor Schäfer. Betriebsbereit sei die Anlage bereits seit dem im August ausgeführten sogenannten Glühbirnentest. Das war die entscheidende Voraussetzung für die Einspeisevergütung.
Der Züscher Ortsbürgermeister Hermann Bernardy (SPD) ist daher optimistisch, dass die Hochwaldgemeinde eine zu 100 Prozent fertige Anlage übernehmen kann. Die Arbeiten gingen ja wie geplant weiter, kommentiert er auf Nachfrage.
Er selbst stehe zudem in engem Kontakt mit der Geschäftsleitung des BÜS. Daher werde die Gemeinde Züsch wie vorgesehen im Laufe des Monats Oktober "die Kaufoption ziehen", sagt Bernardy.Extra

Das Trierer Unternehmen BÜS-Bürgerservice ist eine "gemeinnützige Gesellschaft zur Integration Arbeitsloser". Mit ihnen und weiteren Beschäftigten wie etwa Menschen mit einer Behinderung, die ebenfalls geringere Chancen am Arbeitsmarkt haben, übernimmt die Firma Dienstleistungen. So etwa Gartenbau- und Handwerksarbeiten oder Gebäudereinigung. Außerdem hat sich der BÜS, der zudem Sprach- und Berufsvorbereitungskurse anbietet, spezialisiert auf den Bau von PV-Anlagen. Träger des BÜS sind die Stadt Trier mit 49 Prozent Anteil und der Verein Trierer Initiative für Arbeitslose (Tina) mit 51 Prozent. In Schieflage geriet das Unternehmen mit derzeit etwa 270 Beschäftigten unter anderem dadurch, dass die Bundesregierung 2010 ihre Zuschüsse kürzte. Die Firma schloss daraufhin Niederlassungen in Saarburg, Wittlich und Bitburg und musste circa 200 Beschäftigte entlassen. urs

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