Viel Wind um nichts

Der Reinsfelder Ortsbürgermeister Rainer Spies hat sich keines Vergehens schuldig gemacht, als er im Herbst 2002 eine 11 000 Euro-Spende der inzwischen insolventen Windkraft-Firma "Provento" entgegengenommen und dieses Geld für die Jugendarbeit im Dorf eingesetzt hat. Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat jetzt ihr Ermittlungsverfahren gegen den SPD-Politiker wegen des Verdachts auf Vorteilsnahme im Amt eingestellt.

Reinsfeld. Es ist rund eineinhalb Jahre her, dass Rainer Spies ungewollt in die Schlagzeilen geriet. Der SPD-Politiker stand seit Herbst 2006 im Visier der Staatsanwaltschaft Koblenz, die gegen den Ortsbürgermeister von Reinsfeld und 14 Kollegen innerhalb und jenseits der Landesgrenze Ermittlungsverfahren wegen möglicher Vorteilsnahme im Amt eingeleitet hatte. Sie alle hatten Spenden der inzwischen insolventen Windkraft-Firma "Provento" aus Koblenz angenommen. Nach Reinsfeld überwies "Provento" im Herbst 2002 eine Summe von 11 000 Euro. Dieses Geld wurde nach einem Beschluss des Gemeinderats zur Förderung der Jugendarbeit an verschiedene Vereine im Ort verteilt. Die Zahlung wurde über die Hermeskeiler Verbandsgemeindekasse abgewickelt.

Tatbestand: Bestechlichkeit

Zwar war von Anfang an klar, dass sich weder Spies noch die anderen Bürgermeister persönlich bereichert hatten. Allerdings prüfte die Strafverfolgungsbehörde den Verdacht, ob es zwischen der Spende und dem Einverständnis zum Bau von Windkraftanlagen einen direkten Zusammenhang gab und damit der Tatbestand der "Bestechlichkeit" beziehungsweise der "Käuflichkeit" von Amtshandlungen erfüllt war.

Verfahren eingestellt - Spies unschuldig

Spies hatte demgegenüber mehrfach betont, dass er sich nichts vorzuwerfen habe. Die Spende sei erst geflossen, als "Provento" den Zuschlag für die Errichtung längst erhalten hatte und die Windräder schon standen.

Nach langer Wartezeit hat es der Reinsfelder Ortsbürgermeister nun Schwarz auf Weiß: Mit einem lapidaren Satz hat die Koblenzer Staatsanwaltschaft Spies in einem Schreiben mitgeteilt, dass sie nicht mehr weiter gegen den 55-Jährigen ermittelt. "Das Verfahren wurde ohne Auflagen eingestellt, weil kein strafbares Verhalten nachweisbar war. Die fragliche Spende für Zwecke der Jugendarbeit ist nach dem Ergebnis der Ermittlungen nicht für die Dienstausübung des beschuldigten Bürgermeisters gezahlt worden", sagt Horst Hund auf TV-Anfrage. Ob das aber auch für die Kollegen von Spies gilt, ließ der leitende Oberstaatsanwalt aus Koblenz offen. "Zu dem Gesamtkomplex ,Bürgermeisterverfahren Provento' werde ich mich erst nach dessen Abschluss äußern", so Hund.

"Natürlich bin ich erleichtert, dass die Sache damit vom Tisch ist", betont Spies im Gespräch mit dem TV. Allerdings bezeichnet er die Vorgehensweise der Justiz als "äußerst bedenklich".

Ruf wurde durch falsche Aussagen geschädigt

So hat der SPD-Politiker mit Blick in seine Ermittlungsakte überhaupt kein Verständnis dafür, dass ihm ein Vertrauensverhältnis zum Provento-Geschäftsführer unterstellt worden sei und Beamte des Landeskriminalamts unter anderem sein Privathaus observiert hätten.

"Ich finde es traurig, dass man so wenig Zutrauen zu ehrenamtlichen Bürgermeistern hat und ihnen solche Dinge wie Bestechlichkeit unterstellt", sagt Spies. Durch die Ermittlungen sei sein Ruf geschädigt worden, so der SPD-Politiker weiter. Oberstaatsanwalt Hund kann zwar verstehen, dass Spies mit der Veröffentlichung seines Namens in der "Spenden-Affäre" nicht einverstanden war. Er sagt aber auch: "In einem Rechtsstaat muss sich ein Amtsträger gefallen lassen, dass sein Verhalten bei der Entgegennahme von finanziellen Vorteilen überprüft werden muss. Mit ,Zutrauen' hat das nichts zu tun."

Meinung

Vollständig rehabilitiert

Ganz klar: Ermittlungen sind noch keine Verurteilungen. Doch es ist mehr als verständlich, dass sich Rainer Spies sehr darüber geärgert hat, dass er von der Staatsanwaltschaft verdächtigt und sein Name öffentlich in Zusammenhang mit Straftaten wie "Bestechlichkeit" und "Käuflichkeit" gebracht wurde. Was nicht nur Spies, sondern auch VG-Bürgermeister Michael Hülpes schon bei Bekanntwerden der Affäre betonten, hat nun auch die Justiz bestätigt: Der Reinsfelder Ortschef hat sich nichts zu Schulden kommen lassen, als er mit "Provento" eine Spende für die Jugendarbeit im Dorf aushandelte. Von den Beschlüssen des Rats bis zur Auszahlung ging bei dieser Sache alles sauber über die Bühne. Die Entscheidung für den Investor wurde nicht durch die Spende beeinflusst, sondern stand schon lange fest. Die Staatsanwaltschaft musste zwar zwangsläufig dem Anfangsverdacht nachgehen, als eine Anzeige vorlag. Doch Spies musste sehr lange auf seine Rehabilitation warten, sich angesichts einiger Ermittlungsmethoden wie ein Krimineller fühlen, und er musste letztlich dafür den Kopf hinhalten, dass die rechtlichen Vorgaben für das Einsammeln von Spenden zum damaligen Zeitpunkt nur unzureichend geregelt waren. a.munsteiner@volksfreund.deextra: Neue Spendenvorgaben: Als Konsequenz aus der "Provento-Affäre" hat das Land im Herbst 2007 die Gemeindeordnung geändert. Die verschärften Spenden-Vorgaben sollen "kommunales Sponsoring" auf eine rechtlich sichere Grundlage stellen. Wenn Bürgermeistern künftig eine Spende angeboten wird, müssen sie dies der Kommunalaufsicht mitteilen. Sie kann eine Prüfung einleiten, wenn sie Bedenken gegen die Zahlung hat. Danach entscheidet der Gemeinderat über die Annahme der Spende. Die Neuregelung habe im aktuellen Fall aber keine Rolle für die Entscheidungsfindung gespielt, betont Oberstaatsanwalt Hund. Er begrüßt zwar die "Einschaltung der Aufsichtsbehörden durch eine Berichtspflicht", betont aber zugleich: "Eine Dankeschön-Spende für eine Diensthandlung erfüllt auch dann den Straftatbestand, wenn sie berichtet wird. Ich fürchte, dass der ein oder andere Bürgermeister diese zwingende Konsequenz nicht bemerken wird." Rainer Spies will jedoch seine eigene Lehre aus der Affäre ziehen. Den Weg über die Aufsichtbehörden hält er für "zu aufwendig. Ich werden Firmen künftig sagen, dass sie sich mit ihrem Spenden-Angebot direkt an die Vereine wenden sollen."

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