"Viele wollen die Bestattung zum Billigpreis"

Allerheiligen, Allerseelen, Volkstrauertag und Totensonntag - wie keine andere Zeit im Jahr steht der November für das Gedenken an die Verstorbenen. Doch die gesellschaftlichen Veränderungen bedrohen diese Erinnerungskultur. Diese Entwicklung betrachten vor allem die Kirchen mit wachsender Sorge.

Hermeskeil. Gleich vier kirchliche Gedenktage machen den November - passend zur meist grauen, tristen und dunklen äußeren Kulisse - zum "klassischen" Monat, in dem der Tod ins Leben zurückkehrt. Ob an Allerheiligen, an Allerseelen, am Volkstrauertag oder am Totensonntag: An all diesen Tagen treffen sich die Gläubigen auf den Friedhöfen, zünden Lichter an und beten für die Verstorbenen.Der Wandel ist unübersehbar

Doch auch im Hochwald ist der Wandel in der Trauerkultur unübersehbar. Zwar betont Clemens Grünebach: "Der Mensch hat auch im Tod eine besondere Würde." Die Entwicklung geht aber in eine andere Richtung. Weil oft unklar ist, wer das Grab später pflegen soll und der ökonomische Aspekt eine immer wichtigere Rolle spielt, "läuft es zunehmend darauf hinaus, dass Bestattungen möglichst wenig Kosten und Aufwand verursachen sollen", bedauert der Pastor der Pfarreiengemeinschaft Hermeskeil-Damflos-Gusenburg-Züsch. Noch krasser formuliert es Peter Sorg, Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Hermeskeil-Züsch: "Es ist leider so. Viele wollen die Bestattung zum Billigstpreis." Der "Tod" werde immer anonymer, und der Trend gehe zunehmend in Richtung der "Entsorgung von Verstorbenen", so Sorg.Im Dekanat Hermeskeil-Waldrach versucht die katholische Kirche mit einer neuen, 20-seitigen Broschüre Antworten auf die Veränderungen zu geben. Denn: "Grundsätzlich ist die ehrenvolle Bestattung eines gläubigen Christen Pflicht der Gemeinde." So heißt ein zentraler Satz in dem Heft, das als Leitfaden für Angehörige bei der Gestaltung und Vorbereitung eines Begräbnisses gedacht ist. Es enthält unter anderem Vorschläge, welche Symbole auf Grabsteinen sinnvoll Platz finden könnten. Zudem gibt es praktische Formulierungshilfen für die Texte auf Kranzschleifen, bei Danksagungen oder in der Todesanzeige. Viel zu oft, so Dekan Grünebach, würde man nämlich kitschige, unpassende Sätze wie "Ein Mutterherz hat aufgehört zu schlagen" lesen. In dem Heft findet sich aber auch die klare Aussage, dass für die katholische Kirche - trotz deutlich zurückgehender Zahlen in den vergangenen Jahren - nach wie vor die Erdbestattung die "bevorzugte Bestattungsform" ist. Gegen Urnenbestattungen oder Rasengräber, die in der Praxis eine immer wichtigere Rolle spielen, gebe es aber keine prinzipiellen Einwände. "Wichtig ist für uns, dass ein Mensch einzeln bestattet wird und sein Name an der Grabstelle zu lesen ist. Das ist in diesen Fällen gegeben", sagt Grünebach.Diese Sichtweise hat aber eine Konsequenz: Bei den anonymen Sammelbestattungen - sie sind die günstigste Beisetzungsvariante - auf dem Hermeskeiler Friedhof begleitete bislang auch ein katholischer Geistlicher die jeweils 16 Verstorbenen auf ihrem letzten Weg. Damit ist jetzt aber Schluss: "Wir werden zwar in der Eucharistiefeier für diese Menschen beten und ihre Namen nennen. Bei den Beisetzungen werden wir künftig aber nicht mehr mitgehen, weil mit diesen Massenbegräbnissen ein falsches Signal gesetzt und die Trauerkultur von vorneherein unmöglich gemacht wird", sagt Grünebach. Damit auch sozial schwache Menschen würdevoll begraben werden können, regt Grünebach vielmehr die Gründung einer Bürgerstiftung an. "Denkbar wäre, dass eine solche Stiftung ein Feld auf dem Friedhof pachtet. Die Kirchengemeinde kann das aber allein finanziell nicht leisten", sagt der Pastor, der nun das Gespräch mit der Stadt als Friedhofs-Eigentümer suchen will. Er bedaure die Entscheidung der katholischen Kirchengemeinde, betont unterdessen Pfarrer Sorg, der die geistliche Begleitung der Sammelbestattungen zumindest in nächster Zeit allein fortführen will. Eine "hervorragende Möglichkeit" sieht er in der Anlegung eines "teilanonymen Felds", das es beispielsweise auf einem Friedhof in Saarbrücken gibt. Dort sind auf einer größeren Rasenfläche mehrere Stelen angebracht, auf der die Namen der dort Begrabenen eingemeißelt sind.

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