Von Liebe singen - und nicht an die Schwiegermutter denken

"Die Talsohle scheint durchschritten", sagt der Vorsitzende des Kreischorverbandes Trier-Saarburg, Ewald Follmann: Auch junge Männer entdecken den Gesang derzeit wieder für sich. Die Chöre freuen sich über das sinkende Durchschnittsalter. Gute Chorleiter sind jedoch weiterhin Mangelware.

Damflos. (doth) Manch einer reibt sich die Augen: Mitten unter "gestandenen" Sängern finden sich in den Chören immer mehr junge Gesichter. "In fast allen 74 Chören des Chorverbandes Trier- Saarburg gibt es Zuwächse", sagt dessen Vorsitzender am Rande des 100. Geburtstages beim MGV in Damflos. Die positive Bilanz wird noch verstärkt durch sechs Chorneugründungen in den vorigen Jahren. Nur drei Chöre sind in dieser Zeit für immer verstummt."Mit meiner Frau singen? Nein danke!"

Männerchöre haben gleich mehrere grundsätzliche Probleme. Einmal ist es das immer noch sehr hohe Durchschnittsalter, dann die Scheu, einen gemischten Chor zu gründen und sich mit einem Verein zusammenzuschließen. Follmann hat es bei einigen Gesangs-Vereinen erlebt: "Mit meiner Frau zusammen in einem Chor, nein, das geht nicht."Wenn die Zahl der Sänger schrumpft, empfiehlt Follmann, sich mit einem Nachbarchor zusammenzusetzen, um auszuloten, ob eine Zusammenarbeit oder gar eine Fusion möglich ist. Aber auch die neuen Chöre haben ihre Tücken: "Das sind oft Projektchöre, die dann wieder zerfallen, wenn der Macher ausfällt", warnt Follmann.Zudem stellt sich die Frage des Repertoires: "Einige Chöre glauben, Gospels wären ihre Rettung", sagt der Kreisvorsitzende. Das sei jedoch ein Irrtum. Bunt müsse ein Konzertprogramm sein - und vor allem: "Wenn man von Liebe singt, muss man das auch sehen und nicht an die Schwiegermutter denken", lautet seine Kritik. Das Publikum wolle heutzutage mehr Show, keinen statischen "Klangkörper".Am meisten brennt dem Kreisvorsitzenden die Aus- und Weiterbildung von guten Chorleitern unter den Nägeln. Zu wenige Dirigenten seien mit zu vielen Chören überlastet. "Der Verband bietet viele Hilfen mit zahlreichen Lehrgängen und Kursen, alles kostenlos", klärt Follmann auf.Zwei Beispiele von Chorarbeit sind der MGV "Liederkranz" Züsch und "Chorschatten" Reinsfeld. "Bei uns gibt es zweimal im Jahr ein Konzert, sonst tanzen wir nicht auf jeder Hochzeit", sagt Schriftführer Thomas Schrenk aus Züsch. Sein Kollege vom "Chorschatten", Andreas Weist, erklärt den Erfolg so: "Wir versuchen, traditionelle und populäre Musik miteinander zu verbinden, sind in Bewegung und bieten auch was fürs Auge. Das zieht das Publikum an."

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