Von Spontan-Musicals und Herzsparverträgen

HERMESKEIL. "Nennen Sie uns drei Begriffe, und wir machen daraus eine Geschichte" - das Bonner Kabarett "Springmaus" zeigte vor fast 300 Zuschauern meisterhafte Improvisation in der Hochwaldhalle. Dabei stand die Hochwaldstadt - vom alten Hela-Markt bis zur befürchteten Freibad-Schließung - im Mittelpunkt.

Die Springmäuse bescherten Hermeskeil den Höhepunkt des Kulturherbsts. "Nur auf Rezept" hieß ihr Programm, mit dem sie den Unterhaltungswert von politischen und wirtschaftlichen Vorgängen deutlich heraushoben. Und so konnten die Zuschauer auch über die Themen lachen, die sie im Alltag eher auf die Palme bringen. Da wäre beispielsweise der ehemalige Hela-Markt in der Innenstadt. Der Vorschlag, diesen zum Weltkulturerbe zu erklären, dürfte kaum zu verwirklichen sein, sorgte dafür aber für anhaltende Heiterkeit im Publikum - ebenso wie die "Ballade der leeren Augenhöhlen", die dem alten Markt gewidmet war. Gesundheit und Versorgung

Die Springmäuse hatten schnell den Stolz der Hermeskeiler identifiziert: das Freibad. Spontan wurde die Hymne "Kampf für das Freibad" geschaffen und vorgetragen, die den Förderverein bestens motiviert in die nächste Saison schickt. Mit derlei Improvisations-Glanzleistungen war das Repertoire des Ensembles aber bei weitem nicht erschöpft. Marion Radtke, Norbert Frieling, Gilly Alfeo und der unglaubliche Bernhard Hoecker hatten ihr Programm nicht nur auf lokal geprägter Improvisationskunst aufgebaut, sondern auch das Thema "Gesundheit und Versorgung" ins Fadenkreuz genommen. Was wäre, wenn ein bekanntes Kreditinstitut auch medizinische Beratung anbieten würde? Das Motto: "Wir geben ihrem Herzen ein Zuhause." Einziger Nachteil des Herzsparvertrages: Nach Ablauf riskiert der Versicherte, sein Erspartes zu verlieren, sofern er sich nicht einer Operation unterzieht. Was spätestens beim angebotenen Bestattungsvertrag Bedenken hervorruft. Das Publikum war immer mit dabei. Ein Paar im Auditorium wurde sogar Mittelpunkt eines spontanen Musicals. Eine kurze Befragung über Personalien und Lebensgewohnheiten, und schon ging es los mit dem Stück "Rita und Seppl". Zur Belohnung konnte das mutige Paar eine Video-Aufzeichnung mit nach Hause nehmen. "Super, ganz toll gemacht, wirklich klasse", kommentierte Ilse Malburg die Leistung der Darsteller. Das seien einmalige Temperamentsbolzen, lobte die Hermeskeilerin. Ehemann Alfred freute sich über die "saubere Akustik" und den klaren, brillanten Ton. Die Aufführung habe "voll ins Schwarze getroffen". "Ich bin ganz begeistert", gestand Ulrike Lauer, der das Kabarett "Springmaus" bisher unbekannt war. "Ich versteh' es zwar nicht so ganz, aber lustig ist es schon", meinte Janosch - mit seinen acht Jahren vermutlich der zweitjüngste Besucher an diesem Abend. Schwester Elisa, sieben, fand das Kabarett klasse. "Wirklich toll und ungewöhnlich", meinte auch ihr Vater Bernd Ludes aus Züsch. Mit zwei Zugaben bedankten sich die Akteure für die Begeisterungsstürme ihres Publikums. Als Gegenleistung für die "wunderbare Show", die dem Kulturherbst 2003 den bisher stärksten Besuch bescherte, überreichte Karl-Heinz Dahlke im Auftrag des Arbeitskreises Kultur den Akteuren ein Körbchen mit Rotwein.

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