"Warum die und nicht wir?"

Die Vorentscheidung über den Standort eines Mehrgenerationenhauses im Kreis Trier-Saarburg ist gefallen: Vorraussichtlich erhält Saarburg und nicht Hermeskeil den Zuschlag (der TV berichtete). In der Hochwaldstadt ruft das Votum Unverständnis hervor - die Enttäuschung sitzt tief.

 Er ist nach wie vor von seinem Projekt eines Mehrgenerationenhauses in Hermeskeil überzeugt: Dechant Clemens Grünebach. TV-Foto: Alexander Funk

Er ist nach wie vor von seinem Projekt eines Mehrgenerationenhauses in Hermeskeil überzeugt: Dechant Clemens Grünebach. TV-Foto: Alexander Funk

Saarburg/Hermeskeil. Der Hermeskeiler Dechant Clemes Grünebach ist verärgert. Seine Pfarrgemeinde hatte sich beim Bundesfamilienministerium beworben, um für das Hermeskeiler Johanneshaus den Zuschlag zur Förderung als Mehrgenerationenhaus zu erhalten. Doch vergangene Woche wurde bekannt, dass die unabhängige Jury des Bundesfamilienministeriums empfohlen hat, das konkurrierende Projekt eines Mehrgenerationenhauses in der alten Glockengießerei "Mabilon" in Saarburg zu fördern. "Ich gönne den Saarburgern den Erfolg", sagt Dechant Grünebach in einem Gespräch mit dem TV. Doch könne er nicht nachvollziehen, dass es seitens des Familienministeriums keinerlei Informationen darüber gebe, wie die unabhängige Jury zu ihrer Entscheidung gekommen ist. "Das verstehe ich wirklich nicht."Denn das Hermeskeiler Projekt entspricht laut Grünebach genau den Kriterien, die das Bundesfamilienministerium selbst genannt habe: "starke Häuser vor Ort, qualifizierte Mitarbeiter sowie Kompetenz für familiengestützte und generationenübergreifende Dienstleistungen."Anscheinend ganz im Gegensatz zum Saarburger Konkurrenz-Projekt: "Nach meinem Kenntnisstand gibt es dort weder eine bezugsfertige Immobilie, geschweige denn ein solides Finanzkonzept", sagt Grünebach. Warum also die Entscheidung für Saarburg? Das fragt sich auch Bürgermeister Michael Hülpes, der die Hermeskeiler Bewerbung von Beginn an unterstützt hat: "Vielleicht haben die Saarburger den Zuschlag bekommen, weil sich dort nicht die Pfarrgemeinde, sondern das Lokale Bündnis für Familie beworben hat." Und dieses Bündnis sei vor rund drei Jahren ausgerechnet vom Familienministerium ins Leben gerufen worden.Spekulationen, die auch durch eine TV-Anfrage beim Bundesfamilienministerium nicht ausgeräumt werden können: "Solange das Verfahren läuft, werden die detaillierten Gründe, die zur Empfehlung der Jury für das Saarburger Projekt geführt haben, nicht öffentlich gemacht", teilt Christoph Schmalen, Sprecher des Aktionsprogramms "Mehrgenerationenhäuser" mit.Die Empfehlung des Ministeriums bedeutet für das Hermeskeiler Projekt jedoch keinesfalls das Aus - selbst wenn vom Bund tatsächlich keine Fördergelder fließen sollten. "Dann sehe ich die Notwendigkeit, dass der Landkreis im Bereich demografischer Wandel jetzt auch etwas für Hermeskeil tun muss", gab Landrat Günther Schartz diese Woche mehrfach zu Protokoll. Bereits am Montag soll das Thema im Kreistag besprochen werden. Dechant Grünebach appelliert im Vorfeld an alle Beteiligten: "Wir brauchen für unser Projekt Unterstützung, und zwar nicht nur ideeller, sondern auch finanzieller Art." Meinung Keine Zeit für Spielchen Die Jury des Bundesfamilienministeriums empfiehlt, ein Mehrgenerationenhaus in Saarburg und nicht in Hermeskeil zu fördern. Das ist ihr gutes Recht. Die Öffentlichkeit - und damit auch den Steuerzahler, der die Zeche zahlen muss - über die Gründe für diese Empfehlung im Unklaren zu lassen, ist der Sache allerdings nicht förderlich. Denn das führt zur Spekulation, dass letztlich nicht Sach-Argumente, sondern politische Kriterien bei der Wahl eine Rolle gespielt haben könnten. Warum die und nicht wir? - Diese Frage steht also zu Recht im Raum. Doch genau diese Spielchen kann sich unsere Gesellschaft in Anbetracht des unaufhaltsam auf uns zukommenden demografischen Wandels nicht leisten. Die Zeit sollte besser genutzt werden, um vorhandene Lösungsansätze - wie den eines Hermeskeiler Mehrgenerationenhauses - zügig in die Realität umzusetzten. Gut, dass die Kreisverwaltung in dieser Frage sofort nach Bekanntgabe des Jury-Votums positive Signale Richtung Hermeskeil gesendet hat. Nun ist der Kreistag gefragt, Nägel mit Köpfen zu machen. a.funk@volksfreund.deMehr zum Thema auf Seite 10 Mehrgenerationenhäuser Mit dem Förderprogramm für Mehrgenerationenhäuser will die Bundesregierung auf die demographische Entwicklung reagieren. So zahlt Berlin über fünf Jahre bis zu 200000 Euro für Projekte, die den Austausch der Generationen fördern, Potentiale nutzen und "soziales Kapital aktivieren". Erwünscht ist die Zusammenarbeit von Ehrenamtlern und Profis, zum Konzept gehört auch die Einrichtung offener Bürger-Treffs.

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