"Warum sind Sie blind?"

GREIMERATH. Nicht allzu oft haben Schüler die Gelegenheit, sich mit Blinden über deren Alltag und Lebensgewohnheiten zu unterhalten. In der Greimerather Grundschule wurde es möglich. Lehrer Clemens Berwanger hatte für ein Treffen gesorgt.

Allein in der Bundesrepublik Deutschland leben 155 000 blinde und 500 000 sehbehinderte Menschen. Sie sind angewiesen auf fremde Hilfe oder spezielle Angebote, die ihnen Informationen vermitteln, wie sie jeder Sehende durch das ´Fernsehen oder die Zeitung tagtäglich erhält. Einer von ihnen ist Martin Ludwig aus Trier. Er ist Diplom-Sozialpädagoge und verantwortlich für die "Trierische Tonpost", die Hörzeitschrift für Blinde und Sehbehinderte auf Kassette und CD-ROM"."Hören und fühlen Blinde besser?"

Auch eine gute Sprachausgabe am Computer kann das gesprochene Wort nicht ersetzen, sagt er. "Der PC ist nur eine ergänzende Möglichkeit, um an Informationen zu gelangen." So wird auch die Trierische Tonpost auf dem Computer produziert und auf wieder beschreibbare CDs gebrannt. Auch der Bezug von Tonkassetten sei noch möglich. Zum Angebot der Trierischen Tonpost, dessen Herausgeber das Bischöfliche Generalvikariat in Trier ist, gehören auch der Tonpost-Paulinus, das Tonpost-Fernsehprogramm und die Zeitschrift "Behinderte Menschen im Beruf". Doch der Besuch von Martin Ludwig in der Greimerather Grundschule ist nicht von ungefähr. Die Tonpost stellt auch Hörspielkassetten her, und die Schüler der Greimerather Grundschule hatten dazu ihren Teil beigetragen und den Figuren ihre Stimmen geliehen. Als ein kleines Dankeschön besuchte Martin Ludwig jetzt Lehrer und Kinder mit seinem Blindenhund, um offen mit ihnen über das Leben als Blinder zu reden. Doch diese Fülle von Fragen hatte Ludwig nicht erwartet. "Warum sind Sie blind?", war eine der ersten Fragen eines Greimerather Grundschülers. Geduldig erzählte Ludwig von seinem Autounfall vor über 20 Jahren. Hätte es damals einen Airbag gegeben, würde er heute noch sehen, erklärt er. "Hören und fühlen Blinde besser?", lautet eine andere Frage. "Das ist ein Vorurteil, sagt Ludwig. "Wir Blinde konzentrieren uns nur mehr auf das Alltägliche." Brav liegt sein Blindenhund ihm zu Füßen und genießt die Streicheleinheiten der Schüler. "Was kostet ein Blindenhund?", will Rektor Franz Meiers wissen. Bei der Antwort schauen alle erschreckt auf. "So ein ausgebildeter Blindenhund kostet zwischen 8000 und 25 000 Euro." Ein Trost: Die Kosten sind kassenfähig. Fragen auf Fragen stürzen auf Ludwig ein und schließlich gewährt Meiers eine weitere Unterrichtsstunde für die Fragen an Ludwig, der sie mit der Geduld eines Menschen beantwortet, für den es Hektik ein Fremdwort ist. Beeindruckt trennen sich nach einem ereignisreichen Vormittag beide Seiten, in der Hoffnung, sich bei einem gemeinsamen Projekt einmal wieder zu treffen.

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