Wenn der Mann mit dem Pizzamesser klingelt

KELL AM SEE. In der Verbandsgemeinde (VG) hat es sich vermutlich bereits herumgesprochen: Wenn vor der Tür der Wähler ein junger Mann steht und ihnen mit dem Spruch "Damit Sie mit mir besser abschneiden" ein Pizza-Messer sowie einen Prospekt mit seinem Konterfei überreicht, dann haben sie Besuch von Christian Kruchten bekommen. Der TV war mit dem SPD-Kandidaten in Kell am See unterwegs.

Als Rechtsanwalt ist Christian Kruchten ein viel beschäftigter Mann. Doch seit Anfang des Jahres sind weiße Flecken in seinem Terminkalender noch seltener geworden. Fast 1500 Haushalte hat der 31-Jährige in den zurückliegenden Wochen abgeklappert, um bei der Bürgermeister-Wahl das selbst gesteckte Ziel zu erreichen: Am 26. März will Kruchten den seit 18 Jahren regierenden Rathaus-Chef Werner Angsten (CDU) schlagen. Die Ausgangsbedingungen sind jedoch ungleich. Da gibt sich der Herausforderer keinen Illusionen hin: "Ganz klar: Ich muss im Wahlkampf dreimal so viel machen wie mein Gegner", sagt Kruchten. Klar ist zudem auch: Bei vielen Wählern ist Kruchten - im Gegensatz zu seinem Kontrahenten - noch ein Unbekannter. Für ihn geht es also bei seinen Hausbesuchen tatsächlich darum, Gesicht zu zeigen und sich den Leuten vorzustellen. "Sie wollen Bürgermeister werden? Nein, das habe ich noch nicht gewusst" oder "Ich kenn ihn eigentlich nur aus der Zeitung und von den Plakaten" - Reaktionen und Aussagen wie diese sind daher auch bei seiner Tour durch Kell am See keineswegs selten. Im größten Ort der VG hat Kruchten zwar den früheren Bürgermeister und Parteifreund Walter Rausch als "Türöffner" dabei. Darauf angewiesen sei er jedoch nicht, betont Kruchten. "Ich bin auch schon oft allein gegangen. Das finde ich gar nicht so schlecht", berichtet er von seinen Erlebnissen als "Einzelkämpfer" in Paschel, Vierherrenborn und anderen Orten. Dass er keine Berührungsängste hat, zeigt Kruchten aber auch in Kell. Ein Beispiel: Obwohl ihn Rausch vor einem Haus darauf hinweist, "dass Du da nicht hingehen brauchst. Das sind CDU-Leute", lässt sich der SPD-Kandidat nicht abhalten und klingelt entschlossen an der Tür. Allerdings ohne Erfolg - es scheint niemand zu Hause zu sein. In der Regel wird Kruchten jedoch an diesem Nachmittag freundlich empfangen: Wenn er das Pizzamesser aus seiner schwarzen Umhängetasche zaubert, ist meist das erste Eis gebrochen. "Und wo bleibt die Pizza?" - das sei eine gut gelaunte, spontane Reaktion, die er zuletzt häufig gehört habe, erzählt Kruchten."Ändert sich mit Dir was?"

Der Schillinger tritt zudem bewusst offen und bodenständig auf: Wenn er merkt, dass es seine Gesprächspartner nicht stört, dann duzt er sie und spricht "Platt". Das bringt ihm häufig Pluspunkte. "Ich finde es gut, dass er ein Mann aus unserer Heimat ist", sagt beispielsweise Norbert Ring. Er ist auch einer der wenigen, die mehr über Kruchtens politische Ziele wissen wollen. "Ändert sich denn mit Dir was?", fragt er den Kandidaten und will von ihm wissen, "ob das mit der geringeren Bezahlung stimmt, und Du als Bürgermeister die Verbandsgemeinde wirklich weniger kosten wirst"? So konkret wird es jedoch nur selten. Meist geht es um lockeren Small Talk und darum, "dass die Leute merken, dass man sich um sie bemüht", sagt Kruchten. Sollten die Wähler skeptisch sein oder ihn ablehnen, dann lassen sie es Kruchten an diesem Nachmittag nicht merken. Der Hoffnungsträger der Genossen bekommt vielmehr mehrmals zu hören, dass seine Gesprächspartner noch "vollkommen unschlüssig sind". Ulrike Lang betont, dass er ihre Stimme schon jetzt sicher hat. Denn: "Ich wähle grundsätzlich SPD." Und auch im Haus von Maria und Fritz Becker gibt es moralische Unterstützung für den 31-Jährigen. "Wir hoffen, dass Du gewählt wirst", sagen die Eheleute.

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