Wenn die Wochenend-Ehe droht

HERMESKEIL. Noch verrichten die Hauptfeldwebel Ralf Eisel und Arthur Gemmel sowie Oberfeldwebel Marcel Steeb ihren Dienst in der Hermeskeiler Hochwaldkaserne. Doch die Garnison wird bekanntlich Ende 2006 geschlossen. Das bedeutet für alle drei, dass sie sich mit ihrer bevorstehenden Versetzung auseinander setzen müssen.

Weihnachten 2004 verbrachte Arthur Gemmel mit einem Kloß im Hals. Am 23. Dezember teilte die Stammdienststelle des Heeres (SdH) dem Feuerleitfeldwebel des Raketenartillerielehrbataillons 52 in Hermeskeil kurz und knapp mit, dass er in die Stabs- und Versorgungsbatterie nach Immendingen versetzt wird. Für Gemmel, der im Idar-Ober-steiner Stadtteil Kirchenbollenbach gerade ein Haus gekauft hat, eine bittere Entscheidung. "Kirchenbollenbach ist der Lebensmittelpunkt für mich und meine Familie. Nun droht eine Wochenend-Beziehung", sagt Gemmel und schüttelt dabei den Kopf.Hiobsbotschaft zu Weihnachten

Über Weihnachten schleppte der 36-Jährige sein neues Problem mit sich herum, ohne darüber zu reden. "Ich wollte meiner Frau und meiner kleinen Tochter das Fest nicht verderben", erinnert sich Gemmel. Erst als das Fest vorbei war, erzählte er seiner Frau von der Versetzung. Schließlich gab es eine Menge Dinge zu klären. Ziehen Ehefrau und die fünfjährige Hannah mit an den Bodensee, oder bleiben Frau und Kind in der gewohnten Umgebung? Gemmel und seine Frau haben sich für die zweite Lösung entschieden. "Ich möchte meine Tochter nicht aus ihrem gewohnten Umfeld reißen. Zudem hätten sie und meine Frau ohnehin nicht viel von mir, denn in Immendingen sind sie sehr aktiv, fahren viele Übungen", erklärt der Hauptfeldwebel. Abgefunden hat sich Gemmel mit der Versetzung noch nicht. Er hofft, dass er an die Artillerieschule nach Idar-Ober-stein wechseln kann, doch besonders realistisch scheinen die Chancen dafür nicht. Das weiß auch Gemmel: "Als klar war, dass Hermeskeil dicht macht, habe ich mich auf eine Stelle an der Artillerieschule beworben. Doch ich habe eine Absage erhalten." Es klingt schon ziemlich verbittert, wenn Gemmel feststellt: "Ich finde an dieser Versetzung absolut nichts Positives." Glücklich ist auch Ralf Eisel aus Oberbrombach über seine Versetzung nicht, doch der 40-Jährige hat sich mit der Tatsache arrangiert. "Für mich war klar, dass heimatnah in Kusel oder Idar-Oberstein wenig Platz ist. In Immendingen werde ich dann wenigstens als Batteriefeldwebel eingesetzt - eine Verwendung, die mir gefällt", sagt Eisel. "Bevor ich sonstwo irgendwie eingesetzt werde, nutze ich lieber das - auch wenn es weit von daheim weg ist." Auch Eisel, seine Frau Kerstin und der zehnjährige Sohn Fabian standen vor der Entscheidung, mit der ganzen Familie umzuziehen oder eine Wochenend-Ehe zu führen. Ziemlich schnell fiel die Entscheidung für die Wochenend-Beziehung. Der wichtigste Grund für Eisel: "Meine Ehe hält so etwas hundertprozentig aus." Doch auch pragmatische Überlegungen sprachen dafür, dass Frau und Sohn in Oberbrombach bleiben. "Wir haben vor zwei Jahren ein Haus gebaut, das wir verkaufen oder vermieten müssten. Zudem hat meine Frau in Idar-Oberstein ihren Arbeitsplatz", erläutert Eisel. So ist gewährleistet, dass unsere Wirtschaftskraft erhalten bleibt." Von der SdH fühlt sich Eisel gut behandelt. "Ich möchte mich nicht beschweren. Ich bin frühzeitig in Kenntnis gesetzt worden, wo ich zukünftig meinen Dienst verrichten soll." Diese Gewissheit hat Marcel Steeb nicht. "Bei mir ist die Entscheidung noch völlig offen. Ich weiß absolut nicht, wohin es geht", sagt der 29-jährige Oberfeldwebel aus Malborn-Thiergarten. Auch er räumt unumwunden ein, "dass ich gerne auf dem Hunsrück bleiben würde". Kusel und Idar-Oberstein sind seine Wunschadressen. Steeb weiß aber auch: Er ist ein junger Berufssoldat, ledig und ohne Kinder. "Deshalb rechne ich innerlich schon damit, dass ich nicht im näheren Umfeld bleiben kann. Aber hoffen darf man ja." Alle würden am liebsten auf dem Hunsrück bleiben

Leicht werde ihm die Versetzung zwar nicht fallen, räumt Steeb ein. Schließlich müsse er Eltern und Freunde zurücklassen und zwei Jahre, nachdem er sich in Thiergarten niedergelassen hat, erneut von vorne anfangen. "Man weiß aber von Anfang an, dass es einen treffen kann. Ich war darauf eingestellt, dass ich irgendwann von Hermeskeil weg muss", sagt Steeb. Dass er dem bevorstehenden Umzug ziemlich gelassen entgegen sieht, hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass Freundin Tina, die aus Thiergarten kommt, ihn an seinen neuen Wohn- und Arbeitsort begleiten will. "Das ist natürlich sehr positiv und macht vieles leichter", sagt Steeb."Wir behalten unseren Arbeitsplatz"

Bei allen Unliebsamkeiten, die eine Versetzung für die Betroffenen und ihre Familien mit sich bringt, streicht Ralf Eisel einen für ihn entscheidenden Punkt heraus. "Für uns geht es ja nicht um die Existenz. Wir behalten schließlich unseren Arbeitsplatz und verdienen damit weiter Geld." Ein Aspekt, den auch schon sein derzeitiger Chef, Oberstleutnant Michael Nold, hervorgehoben hatte, als vor Monaten klar war, dass der Standort in Hermeskeil geschlossen wird. Arthur Gemmel stellt diesen Punkt nicht in Abrede, hält ihn aber für ein "Totschlagargument". "Natürlich ist es richtig, dass wir finanziell keine Einbußen befürchten müssen. Ich habe aber trotzdem den Eindruck, dass es niemanden so recht interessiert, wie unsere familiäre Situation ist, ob wir ein Haus gekauft haben und ob wir unseren Bekanntenkreis aufgeben müssen." Auch Eisel möchte nicht für immer in Immendingen bleiben und wünscht sich, "dass das Ganze zeitlich befristet bleibt und man nach einer überschaubaren Zeit zurück kann." Doch auch hier bleibt der Hauptfeldwebel nüchtern: "Es werden eine ganze Menge Leute versetzt, und jeder von ihnen hofft natürlich, dass er möglichst bald wieder heimatnah eingesetzt werden wird. Doch ob es dann genügend Stellen gibt, ist fraglich. Deshalb könnte allzu große Hoffnung trügerisch sein."

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