Rätselraten um die Zukunft von Kell

Kell am See · Hat die Verbandsgemeinde Kell am See in ihrem Kampf ums Überleben einen wichtigen Etappensieg erzielt? Vor Ort ist man davon überzeugt. Denn aus Mainz gibt es Aussagen, wonach die VG Kell vorerst nicht mit einer Zwangsfusion rechnen muss und damit über die Kommunalwahl 2014 hinaus bestehen bleibt. Das Innenministerium dementiert aber, dass bereits etwas entschieden sei.

 Drum prüfe, wer sich ewig bindet: Die Kommunalreform bleibt umstritten.

Drum prüfe, wer sich ewig bindet: Die Kommunalreform bleibt umstritten.

Foto: Klaus Kimmling

Kell am See. Bislang deuteten alle Anzeichen darauf hin, dass bei der Kommunalreform die Luft für die VG Kell immer dünner wird. Weil sie unter anderem zu wenige Einwohner hat, wurde sie in einem vom Land in Auftrag gegebenen Gutachten von Professor Martin Junkernheinrich als "vollwertiger Fusionskandidat" bezeichnet. Innenminister Roger Lewentz betonte noch Ende August, dass er "keine Gründe für den Fortbestand" der VG Kell sehe (der TV berichtete).

Nun gibt es in dieser Angelegenheit aber eine überraschende Wendung: In einer Innenausschusssitzung des Landtags habe Lewentz am Donnerstag die Aussage getätigt, dass die VG Kell bis zur Kommunalwahl 2014 nicht mit einer anderen VG fusionieren muss. Gleiches gelte auch für die VG Thalfang. Das haben die CDU-Abgeordneten Alex Licht und Bernd Henter gestern in einer Presseerklärung mitgeteilt. Ergo, so Licht und Henter, "bleiben die VG Kell und Thalfang vorerst bestehen". Allerdings widerspricht das Mainzer Innenministerium dieser Darstellung. "Der Minister hat sich in der Sitzung nicht zu Einzelfällen und konkreten Fusionen geäußert", betont Sprecher Joachim Winkler auf TV-Anfrage. Lewentz habe aber im Ausschuss erklärt, dass ein gestuftes Verfahren bei der Reform denkbar sei.
Die Politiker in Kell gehen jedenfalls davon aus, dass die VG vorerst von der Zwangsfusion verschont bleiben. Denn sie haben auch von anderer Seite positive Signale bekommen. Die SPD-Landtagsfraktion betont auf TV-Anfrage, "dass die VG Kell keine der Gemeinden ist, für die ein vordringlicher Gebietsänderungsbedarf gesehen wird." Hintergrund: Kell steht nicht auf dieser 2009 erstellten Liste mit ingesamt 32 VG. Die Regierungspartei in Mainz weist aber darauf hin, dass Junkernheinrich in seinem Gutachten bestätigt habe, dass für Kell "ein Gebietsänderungsbedarf besteht. Dies bedeutet, dass sie in dem zweiten Reformschritt enthalten sein wird."
Erst mit zweitem Reformschritt?


Dieser zweite Reformschritt wird aber wohl nicht vor 2016 kommen. Deshalb sagt der Keller Rathaus-Chef Werner Angsten (CDU): "Für mich ist klar, dass wir zumindest bis zur nächsten Landtagswahl gesichert sind. Auch für die Zeit darüber hinaus bin ich optimistisch, dass unsere VG bestehen bleibt. Denn nach der Landtagswahl heißt es ,neues Spiel, neues Glück\'." In Kell könne nun wie geplant 2014 ein eigener VG-Rat und ein neuer Bürgermeister gewählt werden.
Auch SPD-Fraktionssprecher Manfred Rauber freut sich über die aktuelle Entwicklung. Diese Woche sei eine SPD-Delegation in Mainz gewesen. Auch sie habe von der Landtagsfraktion erfahren, "dass die VG Kell in der ersten Reformrunde nicht dabei ist. Das ist ein wichtiger Etappensieg. Wir können jetzt etwas entspannter an die Sache herangehen." Die Keller SPD habe immer den Standpunkt vertreten, "dass wir alles versuchen müssen, um den Bürgerwillen durchzusetzen". Rauber meint damit die Befragung im April 2012, als 78,9 Prozent der VG-Einwohner für den Fortbestand stimmten. Auch Rauber zeigt sich fest davon überzeugt, dass die VG Kell über 2016 hinaus überleben wird. Denn: "Ob es überhaupt zu einer zweiten Reformrunde kommt, ist ja völlig offen".
Edmund Schmitt, Fraktionsvize der FWG, kommentiert die aktuelle Nachricht so: "Das gibt uns mehr Planungssicherheit und Zeit genug, um unsere langfristige Überlebensfähigkeit unter Beweis zu stellen." Die VG Kell will vor allem durch die Einnahmen aus der Windkraft, die sie in Eigenregie betreiben will, ihre Finanzkraft verbessern.
Der CDU-Gemeindeverbandsvorsitzende Sascha Kohlmann kritisiert das "Hin und Her der Landesregierung. Man hätte uns doch auch schon vor drei, vier Wochen sagen können, dass wir vorerst verschont bleiben. In Mainz wurde erst ein Gesetz gemacht und jetzt weiß man dort nicht, wie man es umsetzen soll."
Zwar steht in den nächsten Tagen noch die Veröffentlichung des zweiten Teils des Junkernheinrich-Gutachtens an. Darin wird der Professor auch einen konkreten Vorschlag für eine Gebietsänderung der VG Kell machen. Angsten sieht dieser Sache aber ganz gelassen entgegen: "Wir werden diesen Vorschlag zur Kenntnis nehmen und ihn dann zu den Akten heften."
Meinung

Nicht mehr hinnehmbar
Wie lange will das Innenministerium die Betroffenen vor Ort eigentlich noch in der Luft zappeln lassen? In Kell, aber auch in anderen Verbandsgemeinden, wird nun schon seit Jahren darauf gewartet, dass die Landesregierung bei ihren Plänen zur Kommunalreform endlich mal Klartext redet. Aber Fehlanzeige! Vom Innenministerium gibt es seit Wochen und Monaten nur verklausulierte und allgemein gehaltene Aussagen zum Wasserstand bei der Reform. Nun sagt sogar die SPD-Landtagsfraktion, dass Kell erst in der zweiten Runde der Kommunalreform an die Reihe kommen soll. Doch das Ministerium mauert weiter und gibt partout keine konkrete Aussage zur Zukunft der VG Kell. Das ist eigenlich nicht mehr länger hinnehmbar. a.munsteiner@volksfreund.de

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