Ferien vor dem Fernseher

Mir schwant, das wird ein fürchterlicher Sommer! Ach, was habe ich nicht alles für schöne Pläne geschmiedet, was unsere Familie in den Ferien hätte unternehmen können. Ausflüge, Freibad-Besuche, eine Schifffahrt auf der Mosel und noch ein paar Tage mit unserem Wohnwagen in Urlaub fahren.

Doch stattdessen gilt: "Satz mit X, war wohl alles nix". Und wer ist schuld daran? Natürlich der blöde Sport und das Fernsehen. Schon während der Fußball-EM waren Martin und meine drei Kinder kaum von der Glotze wegzueisen. Klar, es musste ja jedes Spiel vom Beginn der Vorberichte bis zur allerletzten Analyse verfolgt werden. In dieser Woche haben sie zwar tatsächlich schon mal die Nase in den Garten herausgestreckt. Doch das nächste Unheil naht schon. Die Tour de France geht los und damit der nächste Übertragungsmarathon. Ich hab ja keine Ahnung, was daran interessant sein soll, medizinisch aufgepäppelte Männlein drei Wochen lang stumpfsinnig in die Pedale treten zu sehen. Aber Martin sieht das ganz anders: "Das ist doch ein faszinierender Sport", entgegnet er mir. Ich weiß schon, so faszinierend, dass er auch in diesem Jahr wieder im enganliegenden Telekom-Dress erst eine ganze Chips-Packung mampft, dann stundenlang auf dem Sofa döst, ehe ihn die überschlagenden Stimmen der Reporter auf dem letzten Kilometer aus dem Nickerchen reißen. Tja, und als wäre das alles nicht genug, schließen sich nahtlos die Olympischen Spiele in Peking an, bei denen auch Disziplinen wie Synchronschwimmen oder Bogenschießen für meine Sportfanatiker an Dramatik nicht zu überbieten sind und damit keinesfalls verpasst werden dürfen. Kein Wunder also, wenn sich unsere Familie am Ende des Sommers wohl so präsentieren wird: Nicht aus dem Haus herausgekommen, käseweiß geblieben und stattdessen auf der Waage ein paar Pfündchen zugelegt und als Zierde tiefe Ringe unter den Augen tragend.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort