Martin wartet auf den Sankt-Nimmerleins-Tag

Um gleich jedem Missverständnis vorzubeugen: Nein, mein Mann hat mit braunem Gedankengut aber auch gar nichts am Hut. Aber als er neulich im TV gelesen hat, dass man vor 70 Jahren die Hunsrückhöhenstraße in 100 Tagen gebaut hat, war das die Steilvorlage schlechthin, um die bürokratischen Irrungen und Wirrungen in heutiger Zeit anzuprangern, in der man auf manch neue Straße wohl bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag warten muss.

Mein Einwand, dass vielleicht einfach zu wenig Geld da sei, bügelte "Verkehrsminister" Martin kurzerhand ab. "So lange Banken mit unseren Steuern Milliarden auf dem amerikanischen Immobilienmarkt verzocken, kannst du mir das nicht erzählen", echauffierte er sich. Dann gab ich zu bedenken, dass heute doch mehr auf den Naturschutz geachtet werden muss, bevor man unsere schöne Landschaft in eine Asphalt-Wüste verwandelt. Mit diesem Argument war ich bei Martin aber an der ganz falschen Adresse. "Hör mir damit bloß auf", schimpfte er, und schon musste sich die arme Mopsfledermaus, die bekanntlich am Flughafen Hahn einen fast endlosen Rechtsstreit provoziert hat, üble Beleidigungen gefallen lassen. Martins Paradebeispiel, um ihn auf die Palme zu bringen, ist allerdings die Landesstraße von Kell nach Trier. 1992 - die Älteren von uns werden sich noch dunkel daran erinnern - hat man erstmals ein Planfeststellungs-Verfahren für den Ausbau gestartet. Doch wie das Wort-Ungetüm schon verrät: Jetzt wird es bürokratisch. Die Sache setzte im Behördendschungel so lange Staub an, bis ein schlauer Kopf feststellte: Wir müssen das Ganze noch mal neu beginnen, weil sich die Gesetze geändert haben. Das Ende vom Lied: Wann Martin über eine neue Straße zum Wochenendausflug an den Stausee fahren kann, steht in den Sternen. 100 Tage werden sicher nicht reichen, und so bleibt ihm nur Sarkasmus als Ausweg: "Vielleicht klappt's ja noch in diesem Leben."

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