Wer ihn kennt

Der Duden kennt ihn, der Brockhaus kennt ihn nicht, Wikipedia kennt ihn, das Internet sowieso. Politiker und Journalisten sprechen — auch im Trierischen Volksfreund - gelegentlich von ihm. Geboren wurde er wohl in den 80er Jahren im Reich der Satire, aber genau weiß man es nicht.

Gemeint ist der "Gutmensch".

Laut Duden ist das eine meist abfällige Bezeichnung für einen Menschen, "der sich besonders für political correctness (politische Korrektheit) engagiert". Also jemand, der gegen jegliche Diskriminierung von Menschen oder Gruppen eintritt. Andere Definitionen sagen allgemein, dass Gutmenschen eine betont moralische Grundhaltung haben und sich für die Verbesserung der Gesellschaft einsetzen — häufig gepaart mit einem hohen Maß an Idealismus. Das ist offenbar in bestimmten Kreisen nicht (mehr) gefragt. Sogenannte oder - vielleicht besser - selbst ernannte Realisten unterstellen diesen Menschen nämlich gerne unlautere Motive, mangelnde Objektivität und Unkenntnis der Fakten. Sie sehen solches Verhalten grundsätzlich als zweifelhaft und nutzlos an. Also kann ein "Gutmensch" kein Vorbild in der Gesellschaft sein, aber wer dann? Ein "Bösmensch" vielleicht? Das ja wohl kaum.

Ich jedenfalls bin lieber von "Gutmenschen" umgeben als von solchen, die sich darüber lustig machen, dass andere sich an moralische oder ethische Maßstäbe halten. Dass engagierte Christen sich besonders häufig in der Welt der "Gutmenschen" bewegen, ist nicht verwunderlich. Sie halten sich nämlich an das Vorbild dessen, der gegen Widerstände und Anfeindungen immer nur den Menschen in den Mittelpunkt gestellt hat - gleichgültig ob es ein Armer, eine Kranke, ein Sünder oder vermeintlich Ungläubige waren.

In diesem Sinne: Willkommen bei den "Gutmenschen"!

Ingrid Müller

Pastoralreferentin in Trier

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