Europabiber: Erste Nager in der Nims

Schönecken · Nun also auch die Nims: In der Nähe von Schönecken haust ein Biber. Ergebnis der Untersuchung: Das Tier stammt von unserem Kontinent. Das Landes-Biberzentrum registriert immer mehr europäische Biber, die langsam ihre deutlich stärker verbreiteten kanadischen Verwandten in der Region ersetzen sollen.

Schönecken. "Das nächste Jahr wird spannend", sagt Stefanie Venske vom Landes-Biberzentrum in Fischbach. Denn sie erwartet, dass sich mehr und mehr europäische Biber in der Eifel niederlassen und dabei allmählich die kanadischen Tiere ablösen, die seit Jahren in der Region ihre Dämme bauen. Einer der jüngsten Funde: Das Weibchen, das man in der Nähe von Schönecken an der Nims entdeckte. Bisher habe man dort nur Kanadier nachgewiesen. Jetzt haben sich offenbar auch Europäer druntergemischt und leben friedlich mit ihren Verwandten aus Übersee "in einer Toleranzgemeinschaft", sagt Stefanie Venske.
Tolerante Verwandte


Gemeinsamen Nachwuchs zeugen können Kanadier und Europäer aus genetischen Gründen nicht (siehe Extra) - jedenfalls wenn es sich um Biber handelt. Aber dafür lassen sie einander offenbar leben. Tolerante Verwandte Trotz dieser friedlichen Koexistenz wird sich aber die kanadische Population bald verringern: Das Biberzentrum nämlich fängt die Tiere ein und lässt sie alle kastrieren, Männchen (Hoden weg) wie Weibchen (Gebärmutter). Gut 50 von ihnen sind bereits in der Eifel auf diese Weise unfruchtbar gemacht worden - ein mildes Schicksal im Vergleich zu dem, was ihnen in Belgien droht: Dort dürfen kanadische Biber auch geschossen werden.
Nein, die Eifel-Kanadier - unter anderem siedeln sie im Alfbachtal, im Irsental, am Bitburger Stausee, bei Ihrenbrück und bei Kesfeld, dürfen weiterleben, bis zu ihrem natürlichen Ende, das meist nach zehn bis zwölf Jahren eintritt.
Das Weibchen von der Nims ist nicht die einzige europäische Vertreterin in der Region: Weiter im Süden, an der Sauer bei Bollendorf, habe man voriges Jahr zwei Jungtiere, etwa ein Jahr alt, entdeckt: "Da haben wir uns gewundert - sie sahen einfach anders aus", sagt Stefanie Venske. Auch die beiden waren europäische Biber - und weil sie in diesem Alter noch nicht allein leben können, rechnet sie damit, dass auch die Eltern in der Nähe stecken müssen.
Damit habe man in der Eifel immerhin bereits eine Handvoll europäischer Biber nachgewiesen, weitere fand man unter anderem im Hochwald und an der Ruwer. Und in den kommenden Jahren werden es wohl auch in der Eifel noch deutlich mehr, denn sie werden Nachkommen zeugen - ein Biberpaar bekommt bis zu vier Jungtiere im Jahr.
Und auch aus dem Saarland wandern die Tiere in Richtung Norden. Das Bundesland hat in den 1990er Jahren damit begonnen, Biber zu kaufen und auszusetzen. Diese Tiere stammen aus dem Biosphärenreservat Mittlere Elbe und gehören zu den letzten europäischen Vertretern, die nach der Überjagung und Ausrottung im 19. Jahrhundert übrig geblieben waren. Und auch von ihnen werden sich wohl einige auf die Wanderung in Richtung Eifel machen. Stefanie Venske: "Der Weg ist offen." Und die Tiere sind willkommen: "Die ganze Eifel", sagt Stefanie Venske, "ist sehr biberpositiv eingestellt. Das ist einfach intakte Natur, die da wieder zurückkommt. Der Biber schafft unglaublich viel Strukturreichtum an Gewässern, der mit der schnöden Begradigung verloren ging". So entstehen in den Revieren der Großnager artenreiche Schutzräume für andere Tiere, zudem sind sie Vegetarier und stören deshalb weder Jäger noch Angler.
Und auch mancher Tourist werde von diesem "Baumeister der Natur" angelockt. "Konflikte gibt es nur dort, wo Mensch und Biber denselben Bachabschnitt nutzen", sagt Stefanie Venske.
Extra

Im 19. Jahrhundert waren Biber nahezu ausgerottet. Man jagte sie wegen ihres dichten Fells, ihres Fleischs und des Drüsensekrets mit dem Namen Bibergeil - angeblich ein Allheilmittel, das auch die Potenz stärken sollte. Die Kirche erlaubte den Verzehr ihres Fleischs auch in der Fastenzeit, weil sie als fischartiges Tier deklariert wurden. Die Biologie unterscheidet in absteigender Hierarchie Ordnungen, Familien, Gattungen und Arten. Während alle Menschen zu einer gemeinsamen Art gehören, tun das die Biber (Ordnung: Nagetiere) nicht. Kanadier und Europäer gehören zwar einer Familie ("Biberartige") und Gattung (Biber) an, unterscheiden sich aber in ihren Chromosomensätzen, die die Gene und damit das Erbmaterial tragen. Beim Europäer sind es 48 Chromosomen, beim kanadischen Verwandten 40. Aufgrund dieses Unterschieds können sich die Arten nicht miteinander kreuzen. fpl

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