Gegenwind für Ranzenkopf-Projekt

Bernkastel-Kues/Morbach · Am Ranzenkopf soll ein großer Windkraftpark entstehen. An dem umstrittenen Projekt sind auch die Kommunen beteiligt. Karin Fass-Gronau von der Bürgerinitiative Wald in Not fragt, ob es dabei einen Interessenkonflikt gibt. Denn dieselben Gremien, die die Anlage betreiben, müssen sie auch bewilligen. Das hat die Struktur- und Genehmigungsdirektion jedoch erlaubt.

Bernkastel-Kues/Morbach. Der Ranzenkopf zwischen Morbach und Bernkastel-Kues ist ein heiß begehrtes Areal für Windkraftanlagen. Die Juwi AG aus Wörrstadt (Kreis Alzey-Worms) hat dort bereits sechs Anlagen in Betrieb genommen, zwei weitere Anlagen befinden sich in der Genehmigung. Die Agro-Wea GmbH aus Twist (Emsland) plant dort mehrere Anlagen. Ebenfalls ist die Windenergie Wintrich im Spiel. Sie plant zehn Anlagen. Und auch der Landkreis Bernkastel-Wittlich ist mit der Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) "Energie Bernkastel-Wittlich" im Boot. Diese wiederum will 14 Anlagen errichten lassen. Sie ist als Betreibergesellschaft der Bürger konzipiert. Der Gewinn soll also zu 100 Prozent in den Kommunen bleiben, die aber erst einmal 70 Millionen Euro investieren müssen, um die Anlage zu bauen.
Derzeit laufen die Genehmigungsverfahren für dieses Areal. In Morbach hat der Gemeinderat für den Flächennutzungsplan ein verkürztes Verfahren der Offenlage beschlossen. Nur noch bis Ende dieser Woche können Bürger Bedenken gegen das Projekt anmelden.
Daran stört sich Karin Fass-Gronau von der Bürgerinitiative (BI) "Wald in Not" in Merscheid: "Wir sind nicht grundsätzlich gegen Windkraft. Man zerstört mit dem geplanten Windindustriegebiet das gesamte Ökosystem Haardtkopf/Ranzenkopf mit all seinen natürlichen Ressourcen sowie unsere Kulturlandschaft Mosel-Hunsrück! Hier müssen viele Bäume gerodet werden, und die historische Römerstraße verläuft durch das Gebiet." Außerdem fragt sich Fass-Gronau, inwieweit jene Gremien, die zu den Betreibern der Windkraftanlage zählen, diese auch genehmigen dürfen. Andreas Schleder, zweiter Vorsitzender der BI, fragt außerdem, warum der Kreis Bernkastel-Wittlich bereits im Sommer 2015 eine europaweite Ausschreibung gestartet hat, ohne zu wissen, ob die Räder auch genehmigt werden. Klaus Hammer aus Morbach, ebenfalls Mitglied der BI, fragt, ob auch eine Wirtschaftlichkeitsberechnung gemacht wurde: "Wann kommt wie viel Geld denn jährlich zurück?" Zudem hat die BI einen prominenten Mitstreiter gefunden: Piet Killaars, der niederländische Unternehmer, der das Schloss Lieser gekauft und für mehrere Millionen Euro renoviert hat und es als Hotel betreiben will. Killaars sagt auf TV-Nachfrage: "Der Windpark wird die Mosellandschaft beeinträchtigen. Ich finde das schrecklich. Damit wird die Mosellandschaft zerstört, die doch Weltkulturerbe werden will. Ich werde die BI unterstützen".

Keine Regressansprüche


Manuel Follmann, Pressesprecher der Kreisverwaltung, erklärt, dass im Gegensatz zu den üblichen Genehmigungsverfahren bei Windkraftanlagen zuerst die Ausschreibung gemacht werden muss. "Für das Genehmigungsverfahren sind die genauen Daten der Anlagen, wie etwa Rotorenhöhe oder Lärmemission erforderlich. Deshalb muss zuerst eine Ausschreibung gemacht werden. Die Angebote kommen dann in das Genehmigungsverfahren," sagt Follmann. Erst nach der Genehmigung können dann die Kaufverträge unterschrieben werden. Um einen Regressanspruch zu vermeiden sei es üblich, eine Rückfall-Klausel zu vereinbaren.
"Auch wenn das von einem normalen Verfahren abweicht, ist es in der Windenergiebranche so üblich", sagt Follmann. Das Thema Befangenheit sei im Vorfeld geklärt worden. Die Genehmigungen für den Windpark erteilt die Kreisverwaltung als untere Emissionsschutzbehörde.
Ob sie das auch bei einer Beteiligung an einem Windpark tun kann, sei vorab mit der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord geklärt worden. Diese schloss eine Befangenheit aus, da der Landkreis mit einem Anteil von 16,6 Prozent nur gering beteiligt sei. Daher könne die Zuständigkeit beim Kreis verbleiben. Öffentliche Aussagen über eine Wirtschaftlichkeitsstudie könne die Kreisverwaltung derzeit nicht machen.Meinung

Prozess muss transparent sein
Keine Frage, erneuerbare Energien sind wichtig und ein Baustein des Atomausstiegs, den die Bundesregierung nach wie vor vorantreiben will. Der Ranzenkopf gilt als einer der besten Standorte für Windkraftanlagen. Wenn diese Form der Energieerzeugung tatsächlich auch Strom liefern soll, dann besonders an diesem Standort. Die Crux ist jedoch, dass mehrere Gesellschaften dort Anlagen planen beziehungsweise schon Anlagen betreiben. Das macht es für den Normalbürger schwer nachvollziehbar, wie viele Windkrafträder schließlich insgesamt dort stehen werden und wer daran beteiligt ist. Und nun trifft ausgerechnet den Kreis mit seiner Betreibergesellschaft, der als letzter Akteur auf den Ranzenkopf gekommen ist, die härteste Kritik. Das ist tragisch, denn gerade die AöR ist eine Betreibergesellschaft, die den gesamten Erlös der Energieerzeugung wieder der kommunalen Familie zur Verfügung stellt, während bei den anderen Gesellschaften Gewinne in andere Regionen abfließen. Umso mehr ist deshalb Transparenz nötig. hp.linz@volksfreund.de

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