Mit offenen Augen durch den Wald: Im Nationalpark Hunsrück-Hochwald kann man die Natur auf Rangertouren erleben

Erbeskopf · Was macht den Nationalpark Hunsrück-Hochwald aus? Auf was ist besonders zu achten? Bei den sieben Rangertouren, die angeboten werden, können Naturliebhaber nicht nur den Nationalpark bestaunen, sondern auch viel lernen. Der TV ist bei der "Grenztour" mitgegangen.

Erbeskopf. Über Stock und über Stein führen die Ranger Carsten Schmidt und Roland Schmidt durch den Nationalpark Hunsrück-Hochwald. Es geht über Bäche, an Mooren und umgestürzten Bäumen vorbei.
"Wir betreiben Naturerleben in einem anderen Format", sagt Carsten Schmidt. Die sogenannte "Grenztour" ist dabei eine von sieben Touren durch den Nationalpark, an denen Interessierte teilnehmen können. Siebzehn Personen von Jung bis Alt sind heute gekommen, um mehr über den Nationalpark zu erfahren.
Unterwegs fällt auf, dass sich im Nationalpark vor allem eine Baumart findet: die Fichte. "Aber die Fichte ist nicht standortgerecht, klimatechnisch ist es hier optimal für Buchen", erklärt Schmidt. In 30 Jahren soll es anders aussehen. "Wir müssen Impulse setzen, damit es sich ökologisch wieder in die richtige Richtung entwickelt." Der Borkenkäfer bereitet auch hier Probleme. Ein 1000 Meter dicker "Gürtel" von Buchen soll in Zukunft den Wald umschließen. Dadurch hat der Käfer es schwer, nach außen zu dringen. Innen zerstört der Borkenkäfer den eigenen Lebensraum, und die Buche wird sich durchsetzen können.
Ein gutes Beispiel dafür, wie der Mensch in die Natur eingreift und wie wichtig ein Nationalpark ist, findet sich mitten auf dem Weg: ein Stück Plastik. "Die Natur hat keine Möglichkeit, das jemals abzubauen", erklärt Carsten Schmidt. Das Plastik wird von verschiedenen Organismen aufgenommen und befindet sich in kleinsten Mikroteilen irgendwann in unserem Essen. "Das ist vor allem bei Fisch und Fleisch der Fall, aber auch bei Pflanzen", sagt der Ranger. Er mahnt zu einem höheren Umweltbewusstsein. "Der Mensch vergisst oft, dass er Teil dieser Natur ist."
Die Ranger sind geprüfte Natur- und Landschaftspfleger. Carsten Schmidt war vor seinem Ranger-Job als Forstwirt mit Schwerpunkt in der Holzernte tätig. Als Naturbursche liegt ihm der Nationalpark besonders am Herzen. "Ich möchte die Regionalentwicklung forcieren und fördern", sagt er.
Auch geologisch hat der Nationalpark etwas zu bieten: An einer Quarzit- und Schieferwand zeigt Carsten Schmidt, wie vor circa 380 Millionen Jahren der Hunsrück entstanden ist, als sich die tektonischen Platten verschoben. "Der Hunsrück ist älter als die Alpen und nach dem gleichen Prinzip entstanden. Hier gibt es keinen Vulkanismus"
Ein weit verbreitetes Gerücht ist, dass durch die Ernennung des Nationalparks die Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird. Doch Carsten Schmidt räumt damit auf: "Die Leute können da gehen, wo sie das auch vorher durften", erklärt er. "Da, wo es verboten ist, war auch vorher schon Schutzgebiet." Außerdem würde der Großteil der Wanderer auf den Pfaden bleiben und verbotene Zonen wie das Moor ohnehin meiden.
Nach sieben Kilometern und dreieinhalb Stunden Wanderung ist die Grenztour beendet. Zeit für eine kleine Erfrischung am Sauerbrunnen. Die Grenztour empfiehlt sich vor allem Wanderern mit etwas Kondition, da die ersten 50 Prozent bergauf und auch durch relativ unwegsames Land führen.
Durch die klare, frische Luft und die unberührte Natur scheint der Nationalpark Hunsrück-Hochwald Wildnis pur zu sein. Noch aber ist er ein sogenannter "Entwicklungs-Nationalpark", in 30 Jahren soll er sein Ziel weitestgehend erreicht haben. Carsten Schmidt ist zuversichtlich: "Die Natur holt sich alles zurück." lemExtra

Die Grenztour findet jeden Mittwoch um 10.30 Uhr statt und dauert ungefähr drei Stunden. Treffpunkt ist der Sauerbrunnen bei Oberhambach an der B269. Die Grenztour wird noch bis 31. Oktober angeboten. Eine Anmeldung ist nicht möglich, die Teilnahme ist kostenlos. lemExtra

Der tiefste Punkt des Nationalparks ist die Kirschweiler Brücke mit 380 Metern. Der höchste Punkt ist der Erbes kopf mit 816 Metern Höhe. Die Jahresmitteltemperatur liegt bei 7 bis 8 Grad Celsius. Die mittleren Jahresniederschläge liegen im Schnitt zwischen 820 und 1100 Milimetern. Der Fels-Quarzit, der dort vorhanden ist, stammt aus dem Erdzeitalterb des Devon (vor circa 370 Millionen Jahren). Derzeit liegt der Anteil an Laubbäumen bei 55 Prozent, wovon mit 48 Prozent die Buche die dominierende Baumart ist. Die restlichen 45 Prozent der Nadelbäume bestehen zu 37 Prozent aus Fichte. 24 Prozent aller Bäume sind mehr als 120 Jahre alt. Besonders Buchen können ein Alter von über 300 Jahren erreichen. Als besondere Tierarten kommen die Wildkatze, der Schwarzstorch, Fledermäuse und Moorlibellen vor. Außergewöhnliche Pflanzen, die dort wachsen, sind die wilde Narzisse, seltene Orchideenarten und Arnika. hplExtra für Kinder

Ein Nationalpark ist ein größeres Gebiet, in dem die Natur sich wieder so entwickeln soll, wie sie früher einmal war. Das wird mit Vorschriften und Gesetzen geregelt. Natürlich darf man auch durch den Nationalpark spazieren gehen und ihn sich anschauen. Aber man darf zum Beispiel keine Pflanzen abpflücken oder Feuer im Wald machen, denn die Natur soll möglichst unberührt bleiben, damit sie sich selbst weiter entwickeln kann. hpl

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