Mittelalterfreunde nehmen Burg ins Visier: 8000 Besucher treffen sich zum Bogenspectaculum an der Ruine Baldenau

Hundheim · Zum zweiten Mal haben sich Ritter, Marketender und Gaukler zu Kurfürst Balduins Bogenspectaculum an der Burgruine Baldenau bei Hundheim getroffen. Rund 8000 Besucher haben die Gelegenheit genutzt, in die Atmosphäre des Mittelalters einzutauchen.

Langsam setzt Falkner Detlef Kotsch den Wüstenbussard auf die mit einem Handschuh geschützte Hand von Marlon. "Halte die Schnur hier fest, dann bleibt er sitzen, und es kann nichts passieren", sagt er zu ihm. Der Elfjährige strahlt. Wann hat man denn auch die Gelegenheit, einen Greifvogel in der Hand zu halten? Nach einem Rundgang über das Gelände rund um die einzige Wasserburg im Hunsrück, bei der Marlon auch kurz in eine Ritterrüstung geschlüpft ist, nimmt er auf der Wiese an der Dhron einen Bogen in der Hand. Langsam zieht er an der Sehne, lässt den Pfeil los - daneben. Doch hat er schließlich die Scheibe mit zwei von vier Pfeilen getroffen. Was hat mehr Spaß gemacht? "Der Bussard auf der Hand", lächelt Marlon.
Das Bogenschießen macht den Unterschied des Bogenspectaculum zur Baldenau gegenüber anderen Mittelalterfesten, sagt Armin Agne, der die Wettbewerbe organisiert. "Hier auf der Wiese haben wir die Möglichkeit, Bogenschießen anzubieten. Das ist nur selten möglich", sagt er.
Das Interesse bezeichnet er als toll: Alleine am Samstag haben 70 Schützen in mittelalterlichen Gewändern am Turnier teilgenommen. Dazu kommen bis zu 200 Besucher, die beim Schnupperschießen zum ersten Mal mit Pfeil und Bogen auf eine Zielscheibe zielen.
"Mich überrascht das große Interesse", sagt Agne. Im kommenden Jahr will er möglicherweise ein Bogenbauseminar anbieten.
180 Mittelalterfreunde haben in 17 verschiedenen Gruppen zu Ehren des Kurfürsten Balduin rund um die Baldenau gelagert oder als einer der 25 Händler ihre Waren feilgeboten, sagt Axel Schmitt von der Morbacher Verwaltung, einer der Organisatoren der Veranstaltung. Das seien deutlich mehr als im Vorjahr. "Weitere große Gruppen haben angefragt, die im kommenden Jahr ebenfalls teilnehmen wollen", sagt er. Schmitt ist weiterhin aufgefallen, dass sehr viele der rund 8000 Besucher zum Bogenspectaculum im mittelalterlichen Gewand gekommen sind.
Was zeichnet dieses Mittelalterfest aus? "Die Burg mit dem schönen Wassergraben", sagt Sven Denker aus Gross-Gerau, der zur fünfköpfigen Musikgruppe Wolfskehle gehört. Im Vorjahr hat er erlebt, wie aus dem Moor und vom Wassergraben morgens die Nebel hochgestiegen waren und die Baldenau aus den Nebelschwaden herausragte. "Die Burg sah aus, als ob sie auf Wolken im Himmel schwebt", schwärmt er.
Dirk Rölleke ist Vorsitzender des Fördervereins Baldenau und lagert mit dem Burgvolk zur Baldenau in den Zelten auf dem Gelände der Burgruine. Fünf Tage jonglieren die zwölf Mitglieder zur Freude der Besucher, weben Bordüren - mittelalterlich Brettchen genannt - oder vertreiben sich die Zeit beim Nadelbinden, einer mittelalterlichen Art des Häkelns, während andere das Aas über dem Feuer grillen. So nannte man seinerzeit das Fleisch, das zum Verzehr zubereitet wurde, erklärt Rölleke.
Warum nehmen Menschen eine Auszeit von der Zivilisation und lagern mehrere Tage mittelalterlich gewandet in Zelten? "Man taucht in eine andere Welt ein", sagt er. Es sei einfach schön, zusammen zu sitzen und zu reden, fernab jeder Elektronik mit ihren Filmen und der Musik. Rölleke: "Egal ob Akademiker oder Handwerker, am Lagerfeuer sind alle gleich, man findet immer ein Gesprächsthema."

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